TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/20 93/02/0205

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Veröffentlicht am 20.12.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 12. Juli 1993, Zl. Senat-ZT-92-067, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 25. Juni 1992 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO für schuldig befunden und hiefür bestraft.

Die dagegen von ihm erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juli 1993 unter Berufung auf § 63 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen, weil es dieser Berufung an einem begründeten Berufungsantrag mangle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß der (für schriftliche Berufungen) auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden Regelung des § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein begründeter Berufungsantrag dann vor, wenn die Eingabe erkennen läßt, welchen Erfolg der Einschreiter anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt; aus der Berufung muß demnach zumindest erkennbar sein, aus welchen - wenn auch vielleicht nicht stichhältigen - Gründen der angefochtene Bescheid bekämpft wird. Was § 63 Abs. 3 AVG will, ist, daß die Berufungsbehörde dem Rechtsmittel entnehmen können soll, was mit dem Verfahrensschritt nach Absicht der Partei bezweckt wird. Wenn daher der Eingabe nicht einmal eine Andeutung darüber zu entnehmen ist, worin die Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides gelegen sein soll, fehlt es an dem unabdingbaren Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages, weshalb eine solche Berufung als unzulässig zurückzuweisen ist (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 29. August 1990, Zl. 90/02/0070).

Ausgehend von dieser Rechtslage erweist sich die vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpfte Zurückweisung der Berufung als rechtswidrig: In der Begründung des Straferkenntnisses vom 25. Juni 1992 wies die Behörde erster Instanz darauf hin, der Beschwerdeführer habe anläßlich seiner Einvernahme am 19. August 1991 angegeben, nach dem Verkehrsunfall zu Hause eine näher angeführte Alkoholmenge getrunken zu haben. Von dort sei er dann ins Krankenhaus gebracht worden. Aus den Erhebungen der Gendarmerie gehe jedoch hervor, daß der Beschwerdeführer nach dem Verkehrsunfall zu Fuß nach Hause gegangen und von dort mit der Rettung in das Krankenhaus gebracht worden sei. Anläßlich der ersten Einvernahme bei der Gendarmerie habe der Beschwerdeführer jedoch keine Erwähnung über einen allfälligen Nachtrunk nach dem Verkehrsunfall gemacht, sodaß seine Angaben vom 19. August 1991 lediglich als Schutzbehauptung anzusehen seien, um sich der Strafverfolgung zu entziehen.

Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung des Beschwerdeführers hatte als "Begründung" folgenden Wortlaut:

"Ich war nicht vernehmungsfähig und fühle mich NICHT schuldig, da ihre Erhebungen NICHT übereinstimmen." Entgegen der Ansicht der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides und in ihrer Gegenschrift ist aus dieser Berufung sehr wohl erkennbar, aus welchen Gründen das erstinstanzliche Straferkenntnis bekämpft wurde. Dies schon auf Grund der Worte "Ich war nicht vernehmungsfähig ...": Im Hinblick auf die zitierte Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in Verbindung mit der Aktenlage (vgl. dazu insbesondere die mit dem Beschwerdeführer am 19. August 1991 aufgenommene Niederschrift) kann nämlich nicht zweifelhaft sein, daß der Beschwerdeführer mit den erwähnten Worten seine mangelnde "Vernehmungsfähigkeit" anläßlich seiner Einvernahme durch Gendarmeriebeamte (im Krankenhaus) am 24. Mai 1991 behauptet hat. Von einer mangelnden "Erkennbarkeit" der Berufungsgründe kann daher schon in Hinsicht auf diesen Satzteil der Berufung keine Rede sein.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Formgebrechen nicht behebbare NICHTBEHEBBARE materielle Mängel Verbesserungsauftrag Ausschluß Berufungsverfahren Fehlen des begründeten Rechtsmittelantrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993020205.X00

Im RIS seit

07.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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