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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §34 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde des Dr. R in X, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten, Berufungssenat I, vom 3. Dezember 1992, 195 - 3/92, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1990 sowie Einkommensteuervorauszahlung für das Jahr 1992, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, beantragte in der Einkommensteuererklärung einen Betrag von 222.000 S an Unterhaltszahlungen im Zusammenhang mit der Berufsausbildung seiner vier Kinder als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Der geltend gemachte Betrag wurde folgendermaßen aufgeschlüsselt:
Name des Kindes Ausbildung in Zeitraum mtl Betrag total
Siegfried D Graz 1.1.-31.12 5.000 S 60.000 S
Claudia R Graz 1.1.-31.12 5.000 S 60.000 S
Peter R Völkermarkt 1.1.-30.9 3.000 S 27.000 S
Peter R Graz 1.10.-31.12 5.000 S 15.000 S
Kristin R Klagenfurt 1.1.-31.12 5.000 S 60.000 S
In dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde zunächst darauf hin, daß § 34 Abs 2 EStG 1988 in der Stammfassung anzuwenden sei, weil die Aufhebung dieser Bestimmung durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1991, G 188, 189/91-15, erst mit 31. Dezember 1992 in Kraft getreten sei und kein Anlaßfall vorliege. Kosten der Berufsausbildung der Kinder könnten daher nicht nach den Bestimmungen des § 34 Abs 1 bis 7 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Nach § 34 Abs 8 EStG 1988 gälten jedoch Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit bestehe. Diese außergewöhnliche Belastung werde durch Abzug eines Pauschbetrages von 1.500 S pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt. Hiebei stehe jedoch kein Wahlrecht zu, höhere als die pauschalierten Kosten geltend zu machen. Für die Kinder Siegfried D und Claudia R sei der Pauschbetrag für das gesamte Jahr zu berücksichtigen. Für das Kind Peter R sei der Pauschbetrag nur für den Zeitraum Oktober bis Dezember zu gewähren, weil der vor Beginn des Studiums erfolgte Schulbesuch am Wohnort nicht als auswärtige Berufsausbildung angesehen werden könne. Das 17-jährige Kind Kristin R habe im Streitjahr eine 27 km vom Wohnort entfernte HBLA in Klagenfurt besucht, wobei die Fahrtzeit rund 45 Minuten betragen habe. Von einem auswärtigen Schulbesuch außerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes könne bei Berücksichtigung des Alters dieses Kindes und der täglich aufzuwendenden Fahrtzeit keine Rede sein, zumal es üblich sei, bei Entfernungen dieses Ausmaßes täglich zwischen Wohn- und Schulort zu pendeln. Der im § 34 Abs 8 EStG 1988 normierte Pauschbetrag sei daher für das Kind Kristin R nicht zu gewähren.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluß vom 28. September 1993, B 70/93-6, ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich primär durch die Nichtanwendung der Bestimmungen des § 34 Abs 6 und 8 in Verbindung mit Abs 2 EStG 1988 im Hinblick auf die Unterhaltszahlungen im Zusammenhang mit der Berufsausbildung seiner vier Kinder, in eventu durch die Nichtgewährung des Pauschbetrages nach § 34 Abs 8 EStG 1988 für das Kind Kristin R sowie in der Anwendung des § 45 Abs 1 EStG 1988 in seinen Rechten verletzt. Er behauptet, die Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse hätte in Anbetracht seiner wirtschaftlich schlechten Situation nicht für vier auswärts studierende Kinder und eine Ehegattin zu sorgen. Das Kind Kristin R sei wegen des Schulbesuches acht bzw zwölf Stunden, je nachdem, ob nur am Vormittag oder auch am Nachmittag unterrichtet werde, vom Wohnort weg, weswegen eine auswärtige Berufsausbildung vorliege. Überdies müsse sie täglich auswärts zu Mittag essen, was zusätzliche Kosten verursache. Die Erhöhung der Einkommensteuervorauszahlung sei hinsichtlich des Prozentsatzes zwar richtig, in Anbetracht der für das Jahr 1990 zu hoch vorgeschriebenen Einkommensteuer jedoch rechtswidrig.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Abzug von Belastungen bei Ermittlung des Einkommens setzt gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 voraus, daß die Belastung außergewöhnlich ist (Abs 2), zwangsläufig erwächst (Abs 3) und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt (Abs 4). Außergewöhnlich ist die Belastung, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwächst. Unterhaltsleistungen sind aber gemäß § 34 Abs 7 EStG 1988 nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.
Die vom Gesetzgeber im § 34 Abs 7 EStG 1988 gewählte Umschreibung schließt es aus, laufende Unterhaltsleistungen für Kinder zum Abzug von Einkommen geltend zu machen. Als Beispiel für abzugsfähige Aufwendungen erwähnen die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (621 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates
XVII. Gesetzgebungsperiode, 84) Krankheitskosten, weil in einem solchen Fall beim Unterhaltsberechtigten selbst - würde er die Kosten tragen - die Voraussetzungen für eine außergewöhnliche Belastung vorlägen (vgl das hg Erkenntnis vom 18. März 1991, 90/14/0256, mwA).
Mit seiner Bezugnahme auf das Merkmal der Außergewöhnlichkeit nach § 34 Abs 2 EStG 1988 übergeht der Beschwerdeführer, daß - von den allgemeinen Voraussetzungen abgesehen - "überdies" die Voraussetzungen des § 34 Abs 7 EStG 1988 gegeben sein müssen. Daß dies der Fall wäre, behauptet er ebenso nicht wie daß § 34 Abs 2 EStG 1988 nicht in der Stammfassung anzuwenden sei. Da somit die Kosten der Berufsausbildung für unterhaltsberechtigte Kinder nach den Bestimmungen des § 34 Abs 1 bis 7 EStG 1988 nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind, erübrigt es sich darauf einzugehen, ob statt der auf Grund des § 34 Abs 8 EStG 1988 gewährten Pauschbeträge mehr oder minder tatsächliche Kosten der auswärtigen Berufsausbildung der Kinder steuermindernd geltend gemacht werden können. Der belangten Behörde ist daher keine Verletzung von Verfahrensvorschriften vorzuwerfen, wenn sie die beantragte Einvernahme der Kinder zwecks Ermittlung der Unterhaltskosten ebenso unterlassen hat wie die Prüfung der Frage, ob die Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes in Anbetracht der wirtschaftlich schlechten Situation des Beschwerdeführers keine vier auswärts auszubildende Kinder zu unterhalten hat.
Unbestritten ist, daß die 17-jährige Kristin R im Streitjahr wegen des nur in Klagenfurt möglichen Schulbesuches täglich gependelt ist und hiebei für eine Fahrtstrecke von 27 km rund 45 Minuten gebraucht hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat in jüngster Zeit zur Frage des Einzugsbereiches im Sinn des § 34 Abs 8 EStG 1988 ausgeführt, daß hiebei sowohl das Alter des Kindes als auch die zur Verfügung stehenden Verkehrsmöglichkeiten zu berücksichtigen sind. Bei einem Hochschüler ist bei einer Fahrtstrecke von rund 45 km und einer Fahrtdauer von durchschnittlich einer Stunde davon auszugehen, daß die Berufsausbildung im Einzugsbereich des Wohnortes erfolgt (vgl das hg Erkenntnis vom 5. August 1993, 93/14/0102), während bei einem (noch) schulpflichtigen Kind bei einer Fahrtstrecke von 26,3 km und einer Fahrtdauer von einer Stunde und 18 Minuten davon auszugehen ist, daß die Berufsausbildung nicht im Einzugsbereich des Wohnortes erfolgt (vgl das hg Erkenntnis vom 21. September 1993, 93/14/0078). Im Hinblick auf die eben zitierten Erkenntnisse kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie unter Berücksichtigung des Alters der Kristin R, der von ihr zurückgelegten Fahrtstrecke und der hiefür notwendigen Fahrtdauer zu dem Schluß gelangte, daß ihre Berufsausbildung im Einzugsbereich ihres Wohnortes erfolgt ist.
Der Einwand des Beschwerdeführers, die Einkommensteuervorauszahlung erweise sich in Anbetracht der für das Jahr 1990 zu hoch vorgeschriebenen Einkommensteuer als rechtswidrig, geht auf Grund der obigen Ausführungen ins Leere.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß der Beschwerdeführer in den von ihm vorgebrachten Beschwerdepunkten nicht in seinen Rechten verletzt worden ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, daß der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, mit der Entscheidung in der Hauptsache gegenstandslos geworden ist.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993140213.X00Im RIS seit
20.11.2000