TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/21 91/04/0200

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.12.1993
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §8;
GewO 1973 §356 Abs3;
GewO 1973 §356 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege über die Beschwerde des E in X, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. November 1990, Zl. 312.873/1-III-3/90, betreffend Erteilung einer Betriebsbewilligung (mitbeteiligte Partei: X & Co, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 16. November 1990 erkannte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 18. Jänner 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG wie folgt:

"Die Berufung des E gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom 9. März 1989, Zl. 702/2/1989-IV, wird gemäß § 359 Abs. 4 in Verbindung mit § 356 Abs. 3 und 4 GewO 1973 als unzulässig zurückgewiesen."

Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Bescheid (der Bezirkshauptmannschaft S) vom 18. Februar 1988 sei der mitbeteiligten Partei die Genehmigung zur Änderung ihrer Betriebsanlage im Standort X, GSt. Nr. 292/3, KG X, erteilt worden; mit Auflage 1) dieses Bescheides sei der Betrieb der geänderten Betriebsanlage an die Erteilung einer Betriebsbewilligung gebunden worden. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. An diesem Verfahren sei der Beschwerdeführer nicht als Partei beteiligt gewesen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom 9. März 1989 sei für die mit dem erwähnten Bescheid vom 18. Februar 1988 genehmigte Betriebsanlage die Betriebsbewilligung erteilt worden. Hiegegen habe der Beschwerdeführer berufen. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 18. Jänner 1990 sei diese Berufung als unzulässig zurückgewiesen worden. Daraufhin habe der Beschwerdeführer neuerlich an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten berufen. Gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 in der vor dem 1. Jänner 1989 gültigen Fassung seien in einem Verfahren betreffend die Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage nur jene Nachbarn Parteien gewesen, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage erhoben hätten, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle hätten im Verfahren betreffend die Erteilung der Betriebsbewilligung die im Abs. 3 genannten Nachbarn Parteistellung. Gemäß § 359 Abs. 4 leg. cit. stehe das Recht der Berufung außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien seien. Aus den angeführten Gesetzesbestimmungen ergebe sich, daß in einem Verfahren betreffend die Erteilung der Betriebsbewilligung nur jene Nachbarn Parteistellung genössen und daher in diesem Verfahren auch über ein Berufungsrecht verfügten, welche bereits im vorangegangenen Genehmigungsverfahren Parteistellung gehabt hatten. Der Beschwerdeführer sei nun - aus welchen Gründen immer - dem mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom 18. Februar 1988 rechtskräftig abgeschlossenen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht zugezogen gewesen und habe daher in diesem Verfahren keine Parteistellung erlangt. Demnach komme ihm auch im nunmehrigen Verfahren betreffend die Erteilung der Betriebsbewilligung keine Parteistellung zu, weshalb ihm auch gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom 9. März 1989 ein Berufungsrecht nicht zustehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende - vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 17. Juni 1991, B 94/91, nach Ablehnung gemäß § 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene - Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich der Beschwerdeführer wie folgt in Rechten verletzt:

"Durch den angefochtenen Bescheid werde ich in meinem Recht auf die gesetzmäßige Verfahrensdurchführung, insbesondere in meinem Recht auf Anerkennung als Partei gemäß § 356 GewO, verletzt. Darüberhinaus verletzt der angefochtene Bescheid meinen Anspruch auf meritorische Entscheidung und auf Schutz vor unberechtigten Immissionen insbesondere Lärm."

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes führt der Beschwerdeführer aus, der bekämpfte Bescheid gehe im wesentlichen davon aus, daß die Gewerbeordnung in der vor dem 1. Jänner 1989 gültigen Fassung anzuwenden sei. Diese Rechtsansicht der bescheiderlassenden Behörde sei irrig. Zunächst sei davon auszugehen, daß das gegenständliche Verwaltungsverfahren zweigeteilt sei. Es gliedere sich in das Genehmigungsverfahren und in das Betriebsbewilligungsverfahren. Das Genehmigungsverfahren sei hier von untergeordneter Relevanz, da der die Genehmigung erteilende Bescheid rechtskräftig geworden sei. Nur am Rande sei erwähnt, daß er dem Genehmigungsverfahren durch einen Verfahrensfehler nicht beigezogen worden sei. Das (Betriebs-)Bewilligungsverfahren sei jenes Verfahren, in welchem der nunmehr bekämpfte Bescheid ergangen sei. Die grundsätzliche Begriffsbestimmung des "Nachbarn" sei dem § 75 GewO 1973 zu entnehmen. Es könne davon ausgegangen werden, daß die bescheiderlassende Behörde die Qualität seiner "Rechtspersönlichkeit" als "Nachbar" im Sinne des § 75 GewO 1973 akzeptiert habe. Die bescheiderlassende Behörde habe jedoch seine Parteistellung als "Nachbar" im Sinne des § 356 GewO 1973 angezweifelt. In der vor dem 1. Jänner 1989 gültigen Fassung der GewO 1973 sei die Parteistellung der "Nachbarn" im Verfahren betreffend die Erteilung der Betriebsbewilligung gemäß dem Abs. 4 des § 356 GewO 1973 a.F. an die Parteistellung nach Abs. 3 der genannten Norm gebunden. Als weiteres Erfordernis für die Parteistellung im Betriebsbewilligungsverfahren sei normiert gewesen, daß eine Parteistellung nur dann zukomme, wenn die Betriebsbewilligung andere oder zusätzliche Auflagen vorgeschrieben habe. Die Fassung der Gewerbeordnung nach dem 1. Jänner 1989 habe diese Bestimmung grundlegend geändert. Die neue Fassung der genannten Norm im Sinne der Gewerberechtsnovelle 1988 habe vorgesehen, daß im Verfahren betreffend die Erteilung der Betriebsbewilligung all jene "Nachbarn" Parteistellung haben sollten, die das Erfordernis des Abs. 3 des § 356 GewO 1973 n.F. erfüllten. Als "Nachbar" mit Parteistellung sei daher jener anzusehen, der im Betriebsbewilligungsverfahren spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage erhebe, oder derjenige, der der Behörde nachweise, daß er ohne sein Verschulden daran gehindert gewesen sei, die Parteistellung durch Erhebung von Einwendungen bei der Augenscheinsverhandlung zu erlangen. Der Verweis des § 356 Abs. 4 GewO 1973 n.F. auf den Abs. 3 leg. cit. schalte daher die Voraussetzungen für die Parteistellung im Rahmen des Betriebsbewilligungsverfahrens mit den Voraussetzungen im Genehmigungsverfahren gleich. Damit sei den "Nachbarn" im Betriebsbewilligungsverfahren eine wesentlich effizientere Rechtsposition eingeräumt als in der Fassung des Gesetzes vor der Gewerberechtsnovelle 1988. Der im Einleitungssatz des Abs. 3 GewO 1973 n.F. enthaltene Verweis auf den Abs. 1 der leg. cit. sei jedoch nicht so zu verstehen, daß die Parteistellung im Betriebsbewillgungsverfahren davon abhängig sei, daß der betreffende "Nachbar" auch im Genehmigungsverfahren Parteistellung genossen habe. Eine solche Interpretation des Gesetzes scheide aus, da diese ein unsinniges Verhalten potentieller Verfahrensparteien provozieren würde. Wäre man der Ansicht, daß für die Parteistellung im Betriebsbewilligungsverfahren die Parteistellung im Genehmigungsverfahren essentiell sei, so müßte zwangsläufig jeder, der gegen die Betriebsbewilligung Einwendungen zu erheben gedenke, bereits Einwendungen gegen die Genehmigung einer Anlage als solche erheben. Dies würde sohin provozieren, daß betroffene Personen schon die Anlagengenehmigung beeinspruchen müßten, um im Rahmen der Festlegung der Modalitäten des Betriebes der Anlage ein Mitspracherecht zu haben. Eine solche Interpretation des Gesetzes scheide aus. Daher sei davon auszugehen, daß es für die Parteistellung im gegenständlichen Anlaßfall lediglich darauf ankomme, daß er im Rahmen des Betriebsbewilligungsverfahrens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage erhoben habe. Die Anberaumung der Augenscheinsverhandlung sei mit Ladung der Bezirkshauptmannschaft S vom 6. Februar 1989 erfolgt. Die Augenscheinsverhandlung selbst habe am 23. Februar 1989 stattgefunden. Bei dieser Augenscheinsverhandlung sei er anwesend gewesen. Er habe Einwendungen erhoben, die von rechtlicher Relevanz gewesen seien. Er hätte daher in rechtsgültiger Weise seine Parteistellung im Sinne des § 356 Abs 4 GewO 1973 n.F. begründet und die bescheiderlassende Behörde bzw. die betroffenen Unterinstanzen hätten auf die von ihm erhobenen Einwendungen eingehen müssen. Die Behörde hätte die Qualität seiner Parteistellung auf Grund der Gewerbeordnung in der nach dem 1. Jänner 1989 gültigen Fassung beurteilen müssen und es sei die Anwendung der vor diesem Zeitpunkt maßgeblichen Fassung "ungültig". Für ihn bestehe die "Rechtswohltat" der günstigeren Norm. Gemäß Art. VI Abs. 4 der Gewerberechtsnovelle 1988 seien "die die Verfahren betreffenden Betriebsanlagen und die Zuständigkeit dieser Verfahren regelnden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes noch nicht abgeschlossene Verfahren betreffend Betriebsanlagen nur dann anzuwenden, wenn diese Verfahren in diesem Zeitpunkt in erster Instanz anhängig sind, überdies nur dann, wenn in diesem Zeitpunkt noch keine Augenscheinsverhandlung anberaumt und den Nachbarn bekanntgegeben worden ist". Das Verfahren um Betriebsbewilligung sei eines der im Abschnitt "Verfahren betreffend Betriebsanlagen" der Gewerbeordnung geregelten und von Art. VI der Gewerberechtsnovelle 1988 gemeinten Verfahren. Aus der Verwendung der Mehrzahl (arg. "die Verfahren ...") sei der eindeutige Schluß zu ziehen, daß der Gesetzgeber das Betriebsbewilligungsverfahren als ein eigenständiges Verfahren ansehen wollte. Daher sei die Frage, ob die ab dem 1. Jänner 1989 geltende Fassung der GewO 1973 in der für ihn günstigeren Form anzuwenden sei, anhand der sonstigen Voraussetzungen des Art. VI Abs. 4 Gewerberechtsnovelle 1988 zu prüfen. Diese Voraussetzungen seien gänzlich erfüllt. Das Verfahren betreffend die Betriebsbewilligung sei in erster Instanz anhängig gewesen, und es sei die Anberaumung der Augenscheinsverhandlung erst nach Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle erfolgt. Wie bereits erwähnt, sei die Augenscheinsverhandlung von der BH S am 6. Februar 1989 anberaumt und in der Folge den "Nachbarn" bekanntgegeben worden. Damit sei evident, daß auf den gegenständlichen Sachverhalt der § 356 Abs. 4 GewO 1973 n.F. i.V.m. § 356 Abs. 3 GewO 1973 n.F. anzuwenden sei. Damit habe die bescheiderlassende Behörde beziehungsweise die ihr untergeordneten Behörden sein Recht auf Parteistellung als "Nachbar" gröblich verletzt. Die bescheiderlassende Behörde verletze jedoch - wie in der Folge in Ansehung der meritorischen Verfahrensdurchführung dargelegt - auch weitere Verfahrensvorschriften.

In seiner Äußerung zu den Gegenschriften der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei vom 18. Dezember 1991 führte der Beschwerdeführer - wie schon in seiner Äußerung vom 16. September 1991 - (zusammengefaßt) unter anderem aus, der Gesetzgeber habe "mit der Verweisung des § 356 Abs. 4 GewO 1973 in der Fassung der Novelle 1988 auf Abs. 3" ausdrücken wollen, daß für die Parteistellung in der Augenscheinsverhandlung zur Betriebsbewilligung die gleichen Voraussetzungen gelten sollten wie für die Augenscheinsverhandlung zur Betriebsanlagengenehmigung. Dem entspreche auch, daß ihm "von einem federführenden Beamten der BH S" vor der Betriebsbewilligungs-Verhandlung (über ausdrückliches Befragen) mündlich eröffnet worden sei, auch bei Nichtanwesenheit bei der Genehmigungsverhandlung sei eine Parteien-Qualifizierung durch entsprechende Stellungnahme in der Betriebsbewilligungs-Verhandlung zulässig und es seien seine Einwendungen in dieser Verhandlung tatsächlich zugelassen und in kurzer Form niedergeschrieben worden. Hätte der Gesetzgeber tatsächlich nur jene Personen als Parteien im Betriebsbewilligungsverfahren zugelassen, die schon im Genehmigungsverfahren Parteistellung gehabt hätten, hätte er mangels Teilnahme am Genehmigungsverfahren a priori keine Parteistellung im Betriebsbewilligungsverfahren erlangen können, weshalb die gegenteiligen "Vorauskünfte" ebenso gesetzwidrig gewesen seien, wie die Zulassung zur Augenscheinsverhandlung im Betriebsbewilligungsverfahren und die Niederschreibung von Einwendungen. Es genüge nicht, "die Tatsache der Nichtteilnahme am Genehmigungsteil des Verfahrens als Ausgangspunkt für alles Weitere hinzustellen und sich bezüglich der Verursachung dessen auf Wendung zu beschränken, wie: "wie auch immer" und dergleichen, - oder unrichtig zu behaupten, daß ich zu den der Behörde "nicht bekannten" Personen gehöre, - was sich sowohl für mich selbst als auch für meine Rechtsvorgängerin (...) schon durch die ordnungsgemäße polizeiliche Anmeldung widerlegt." In der Folge legt der Beschwerdeführer näher dar, aus welchen Gründen seines Erachtens er (und rund 35 weitere Personen) zu Unrecht nicht von der Augenscheinsverhandlung des Genehmigungsverfahrens verständigt worden sei, wodurch die belangte Behörde einen "grundstürzenden Verfahrensfehler gesetzt" habe, der bewirke, daß zahlreiche "echte Nachbarn im Sinne der GewO weder im Genehmigungsteil des Verfahrens noch im Betriebsbewilligungsteil desselben Parteistellung erlangten". Demgegenüber habe man nämlich auch nicht mit dem Wegfall eines Hindernisses iSd § 356 Abs. 3 zu einem anderen Ergebnis gelangen können, da es gar kein Hindernis gegeben habe, zur "Genehmigungs-Augenscheinsverhandlung" zu gehen, "sondern man wurde durch Nichtverständigung in Unkenntnis dieses Lokaltermines gehalten". Eine nachträgliche Sanierung der Nichterlangung der Parteistellung sei daher nicht möglich. Des weiteren wirft der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes die Frage auf, ob nicht durch eine "ungesetzliche einschränkende Verständigungsanordnung", die als "ungesetzliche Ausübung behördlicher Befehlsgewalt im Sinne des Art. 144 B-VG in Verbindung mit Verstoß gegen Art. 18 B-VG über die Gesetzmäßigkeitspflicht der Verwaltung erscheint", sein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren in Verbindung mit dem Recht auf gesetzmäßige Behördenanordnung verletzt wurde (Art. 18 + Art. 144 B-VG)", und knüpft daran das Ersuchen an den Verwaltungsgerichtshof, erheben zu lassen, wer von der Genehmigungsverhandlung im Gegenstand überhaupt verständigt worden sei, die im Gegenstande ergangenen Behördenbescheide wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften durch gesetzwidrige Einschränkung des Teilnehmerkreises der Nachbarn hinsichtlich der Genehmigungsverhandlung aufzuheben oder andernfalls beim Verfassungsgerichtshof eine Überprüfung zu veranlassen, ob nicht das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf die gesetzmäßige Vorgangsweise der Behörde im Zusammenhalt mit dem Recht auf gesetzmäßige Ausübung des Anordnungsrechtes der Behörde (Befehlsgewalt), - kurz das Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren, - verletzt wurde". Zuletzt listet der Beschwerdeführer einzelne - seiner Ansicht nach - im Betriebsbewilligungsverfahren unterlaufene Mängel auf.

Gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973 - in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993 - kann die Behörde bei Erfüllung näher beschriebener Voraussetzungen im Genehmigungsbescheid anordnen, daß die Betriebsanlage oder Teile dieser Anlage erst auf Grund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden dürfen.

Nach § 356 Abs. 4 leg. cit. haben im Verfahren betreffend die Erteilung der Betriebsbewilligung (§ 78 Abs. 2) die im Abs. 3 genannten Nachbarn Parteistellung.

Gemäß § 356 Abs. 3 leg. cit. sind im Verfahren gemäß Abs. 1 dieser Gesetzesstelle nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung - oder, wenn sie die Voraussetzungen des zweiten Satzes dieses Absatzes erfüllen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit - Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.

Aus dem Hinweis in Abs. 4 (und zwar sowohl in der Fassung vor Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1988 mit 1. Jänner 1989 als auch in der Fassung der Gewerberechtsnovelle) auf Abs. 3 des § 356 GewO 1973 ergibt sich, daß die Parteistellung des Nachbarn im Betriebsbewilligungsverfahren davon abhängt, daß ihm bereits im Verfahren betreffend Genehmigung der Betriebsanlage im Sinne des § 356 Abs. 3 leg. cit. Parteistellung zukam (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. September 1993, Zl. 93/04/0043 und das - zur diesbezüglich unveränderten Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1988 ergangene - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1989, Zl. 86/04/0014).

Wie sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens im Zusammenhang mit den diesbezüglich auch vom Beschwerdeführer unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid ergibt, hatte der Beschwerdeführer in dem dem gegenständlichen Betriebsbewilligungsverfahren zugrundeliegenden, mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft S vom 18. Februar 1988 rechtskräftig abgeschlossenen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren mangels Erhebung entsprechender Einwendungen keine Parteistellung erlangt.

Im Hinblick auf die vordargestellte - diesbezüglich auch durch die Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, unberührt gebliebene - Rechtslage war daher eine Parteistellung des Beschwerdeführes in dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Betriebsbewilligungsverfahren ausgeschlossen.

Von der oben angeführten Rechtsprechung abzugehen, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch im Lichte des Beschwerdevorbringens nicht veranlaßt. In diesem Zusammenhang sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht bestimmt, im Sinne der in der Beschwerde enthaltenen "Anregung auf Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof" in Ansehung der hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Antragstellung nach Art. 140 B-VG vorzunehmen. Für eine sonstige, in der Beschwerde angeregte "Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof" fehlt eine gesetzliche Grundlage.

Davon ausgehend läßt sich weiters mangels Rechtserheblichkeit aus dem Beschwerdevorbringen nichts gewinnen, die belangte Behörde hätte die Frage der Parteistellung des Beschwerdeführers nach der GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988 beurteilen müssen.

Soweit jedoch - insbesondere in der Äußerung des Beschwerdeführers vom 18. Dezember 1991 - vorgebracht wird, ein "federführender Beamter der BH S" habe über ausdrückliches Befragen vor der Betriebsbewilligungsverhandlung mündlich eröffnet, "daß auch bei Nichtanwesenheit bei der Genehmigungsverhandlung eine Parteien-Qualifizierung durch entsprechende Stellungnahme in der Betriebsbewilligungs-Verhandlung zulässig sei" und daß seine Einwendungen in dieser Verhandlung tatsächlich zugelassen und wenigstens in kurzer Form niedergeschrieben worden seien, ist darauf hinzuweisen, daß sich die Parteistellung im Verwaltungsverfahren immer nur aus den einschlägigen Rechtsvorschriften, niemals jedoch aus (irrigen) Amtshandlungen ergeben kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. September 1993, Zl. 93/04/0043 und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung).

Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Äußerung vom 18. Dezember 1991 betrifft, er sei zu Unrecht dem Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nicht beigezogen worden, ist festzuhalten, daß es nach der dargestellten Rechtslage für seine Parteistellung im Betriebsbewilligungsverfahren nur darauf ankommt, ob er im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren tatsächlich Parteistellung hatte.

Soweit der Beschwerdeführer Verfahrensfehler im Betriebsbewilligungsverfahren rügt, ist er auf seine mangelnde Parteistellung in diesem Verfahren zu verweisen, weshalb eine Erörterung dieses Vorbringens zu unterbleiben hatte.

Wenn schließlich in der Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte im Sinne des Art. 144 Abs. 1 B-VG geltend gemacht wird, so ist es dem Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 1 B-VG verwehrt, darauf einzugehen.

Ausgehend von der dargestellten Sach- und Rechtslage erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenmehraufwand (nach § 36 Abs. 4 VwGG war die Gegenschrift nur in doppelter Ausfertigung zu überreichen).

Schlagworte

Parteibegriff Tätigkeit der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991040200.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten