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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
FinStrG §8 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde des M in A, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Rechtsmittelentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 24. Oktober 1989, Zl. 83.535-8/89, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt unter anderem eine Gastwirtschaft. Im Zuge einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß in den Jahren 1984 bis 1987 Erlöse im Ausmaß von mehr als S 970.000,-- verkürzt worden waren. Dies hatte zur Folge, daß gegen den Beschwerdeführer gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG ein Finanzstrafverfahren eingeleitet wurde, weil der Verdacht bestehe, daß er
a) fortgesetzt vorsätzlich unter Verletzung seiner Offenlegungs- und Wahrheitspflichten in den Kalenderjahren 1984 bis 1986 eine Verkürzung von Abgaben (Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer) im Ausmaß von insgesamt
S 629.287,-- und
b) fortgesetzt vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Zeiträume Jänner bis Dezember 1987 eine Verkürzung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen in Höhe von S 28.000,--
bewirkt und dadurch Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 und § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen habe.
Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde gemäß § 152 Abs. 1 FinStrG. Er habe sich auf Grund seines kritischen Gesundheitszustandes monatelang in häuslicher Krankenpflege befunden und sei "wegen lebensrettenden Operationen und medizinischen Nachbehandlungen" wochenlang in öffentlichen Krankenanstalten gelegen. "In diesem Zeitraum" sei eine Kontrolle und Überwachung des Bedienungs- und Inkassopersonals nicht möglich gewesen. Über Jahrzehnte habe er sein Unternehmen erfolgreich und redlich geführt und mit dem plötzlichen Eintritt der Krankheit die Kontrolle über sein Unternehmen verloren. Er habe die mangelhafte Erfassung von Geschäftsvorfällen nicht geahnt, weil er nur an die Rückgewinnung seiner Gesundheit gedacht habe. Die Tatsache, daß Geschäftsvorgänge nicht in die Buchhaltung aufgenommen worden seien bzw. Mängel der Aufzeichnungen reichten nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, um einen Verkürzungsvorsatz annehmen zu können. Vielmehr bedürfe es der Feststellung, welche zu verantwortenden Vorgänge zu den festgestellten Abgabenverkürzungen geführt hätten. Die Voraussetzungen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens wegen vorsätzlicher Abgabenverkürzung lägen im gegenständlichen Fall nicht vor.
Die belangte Behörde gab der Beschwerde teilweise Folge, indem sie durch Berücksichtigung von Investitionsrücklagen den verkürzten Einkommensteuerbetrag um S 97.173,-- (Differenz zwischen S 385.745,-- und S 288.572,--) herabsetzte; im übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung einerseits mit den "sehr hohen" Erlösverkürzungen und andererseits damit, daß der Beschwerdeführer bereits seit 1975 in der Gastronomie tätig sei, was auf ein buchhalterisches Grundwissen schließen lasse. Für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens genüge ein ausreichender Verdacht, keinesfalls aber müsse bewiesen sein, daß die angelastete Tat begangen wurde.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, während eines Zeitraumes von vier Jahren in seiner Gastwirtschaft Erlöse im Ausmaß von mehr als S 970.000,-- verkürzt zu haben. Schon dieses Faktum rechtfertigt den Verdacht einer VORSÄTZLICHEN Abgabenverkürzung, weil die Größenordnung der Erlösverkürzung in Relation zu den im selben Zeitraum erklärten Verlusten aus der Gastwirtschaft (1984: S - 9.531,--, 1985: S - 5.265,--, 1986: S - 8.618,--) mit bloßer Fahrlässigkeit kaum erklärbar wäre. Derart ins Gewicht fallende Abweichungen der Abgabenerklärungen vom tatsächlich erwirtschafteten Erfolg müssen einem Gastwirt selbst bei sehr oberflächlicher Befassung mit seinem Betrieb auffallen und können ihm kaum durch fahrlässiges Verhalten verborgen bleiben. Daran ändert auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf seinen schlechten Gesundheitszustand nichts. Einerseits sind die behaupteten, auf Krankheit zurückzuführenden Behinderungen in der Führung seines Betriebes während eines Zeitraumes von vier Jahren mit den Angaben "monatelang" und "wochenlang" reichlich unbestimmt geblieben und andererseits wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, für eine ordnungsgemäße Betriebsführung zu sorgen, sollte er selbst tatsächlich durch vier Jahre hindurch aus Krankheitsgründen dazu nicht in der Lage gewesen sein. Verliert ein Abgabepflichtiger - wie dies der Beschwerdeführer in seiner Administrativbeschwerde behauptet hat - die Kontrolle über sein Unternehmen und tut er jahrelang nichts, um diesen Umstand abzustellen, so ist der Verdacht begründet, daß sich der Abgabepflichtige mit einer ernstlich für möglich gehaltenen Abgabenverkürzung abgefunden und damit ein vorsätzliches Verhalten im Sinne des § 8 Abs. 1 FinStrG gesetzt hat.
Zu dem Argument des Beschwerdeführers, "der sehr hohe nicht erfaßte Erlösbetrag" rechtfertige deswegen nicht den Verdacht einer vorsätzlichen Abgabenverkürzung, weil die belangte Behörde diesen Betrag selbst - in teilweiser Stattgabe - "auf einen nicht mehr so hohen ... Betrag von S 288.572,-- reduziert" habe, ist zu sagen, daß nicht die Erlösverkürzung reduziert wurde, sondern die verkürzte Einkommensteuer, und zwar infolge Berücksichtigung von Investitionsrücklagen.
Wenn der Beschwerdeführer weiters meint, durch den angefochtenen Bescheid sei er in seinem Recht verletzt, "daß entgegen der Bestimmung des § 6 Abs. 2 FinStrG nicht vor dem gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, daß er eines Finanzvergehens schuldig ist", so verkennt er, daß die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens auf einem begründeten VERDACHT und nicht auf einem bereits erwiesenen strafbaren Verhalten beruht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1993, 92/13/0275, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Daß sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen betreffend den schlechten Gesundheitszustand des Beschwerdeführers nicht auseinandergesetzt hat, stellt zwar einen Verfahrensmangel dar, weil die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz grundsätzlich verpflichtet ist, auf das Vorbringen eines Rechtsmittelwerbers einzugehen; im Hinblick auf die obigen Ausführungen des Gerichtshofes zu diesem Vorbringen ist aber nicht erkennbar, inwieweit bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels ein anderer Bescheid hätte ergehen können.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1989140299.X00Im RIS seit
20.11.2000