TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/21 93/04/0010

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Veröffentlicht am 21.12.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §366 Abs1 Z2 idF 1988/399;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde des J in Wien, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 6. November 1992, Zl. MA 63 - P 24/92/Str, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. November 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, in der Zeit vom 10. November 1989 bis 23. Oktober 1990 in Wien, X 31, durch Ausschank von alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken an Gäste das konzessionierte Gastgewerbe in der Betriebsart Bar ohne die erforderliche Konzession ausgeübt und dadurch die Rechtsvorschrift des § 366 Abs. 1 Zif. 2 GewO 1973 verletzt zu haben, weshalb über ihn gemäß § 366 Abs. 1 GewO 1973 Einleitungssatz eine Geldstrafe von S 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage) verhängt wurde. Hiezu wurde ausgeführt, es stehe aufgrund der unbedenklichen Angaben der Anzeigen der Magistratsabteilung 59 - Marktamtsabteilung für den 17. Bezirk vom 20. April 1990, 20. August 1990 und 24. Oktober 1990 fest, daß der Beschwerdeführer in der Zeit vom 10. November 1989 bis 23. Oktober 1990 in X 31, das Gastgewerbe in der Betriebsart Bar ohne die erforderliche Konzession ausgeübt habe. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er betreibe mehrere Lokale und könne sich daher nicht persönlich um den gegenständlichen Betrieb "kümmern", weshalb er die Leitung dieses Betriebes Herrn L übertragen habe, der damit als verantwortlicher Beauftragter anzusehen sei, sei entgegenzuhalten, daß eine Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften "sinnvollerweise nur dann übertragen werden" könne, wenn die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften möglich sei. Dies treffe aber auf eine Tätigkeit, die von vornherein unzulässig sei, nicht zu, weshalb eine rechtswirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für den gegenständlichen Gastgewerbebetrieb solange unmöglich gewesen sei, als für den Betrieb die erforderliche Konzession fehle. Der Beschwerdeführer hätte vielmehr dafür sorgen müssen, daß der Betrieb des Gastgewerbes bis zur Konzessionserteilung überhaupt unterbleibe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legt die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattet eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem "Recht auf richtige rechtliche Beurteilung eines vorliegenden Sachverhaltes nach Durchführung eines Verwaltungsverfahrens verletzt, weil die rechtliche Beurteilung durch die Behörde von einem Sachverhalt ausgeht, der im Zuge eines höchst mangelhaft gebliebenen Ermittlungsverfahrens festgestellt wurde". Er trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes im wesentlichen vor, daß er Herrn L - wie aus den Verwaltungsakten hervorgehe - die "Lokalität in X 31, überlassen" habe. Es könne dahingestellt bleiben, welche rechtliche Grundlage für diese Überlassung gegeben gewesen sei, Tatsache sei jedenfalls, daß die "zur-Verfügung-Stellung" von Räumlichkeiten noch lange kein Indiz dafür sei, daß hier seitens des Beschwerdeführers Herrn L die Erlaubnis erteilt worden sei, alkoholische und nichtalkoholische Getränke an Gäste auszuschenken. Vielmehr sei dies Herrn L vom Beschwerdeführer mehrmals und mit Nachdruck untersagt worden. Es hieße, "den Bogen der Verantwortlichkeit eines Lokalinhabers bei weitem zu überspannen, wollte man ihn lediglich für die Überlassung des Lokals bei Vorliegen gewerberechtlicher Übertretungen haften lassen". Es könne ihm - weil er sich die Ausübung eines konzessionierten Gewerbes in diesem Standort verbeten habe - auch nicht zum Vorwurf gemacht werden, er sei seiner Aufsichtspflicht als Inhaber des Lokales nicht ausreichend nachgekommen. Es sei daher ausschließlich Herr L haftbar zu machen. Im übrigen sei das Verfahren mangelhaft geblieben, weil die Behörde Herrn L nicht als Zeugen einvernommen habe, obwohl dies vom Beschwerdeführer mehrmals beantragt worden sei. Die Gründe, weshalb die Vernehmung dieses Zeugen als entbehrlich erachtet worden sei, seien nicht dargelegt worden. Wäre der Zeuge einvernommen worden, so hätte sich ergeben, daß der Beschwerdeführer Herrn L mit den Agenden der "zu schließenden Betriebsfiliale" beauftragt habe und er selbst daher keinesfalls für die Nichtbefolgung dieser dezidierten Anweisung verantwortlich gemacht werden könne. Vollkommen unberücksichtigt habe die belangte Behörde in ihren Erwägungen daher gelassen, daß Herr L nicht als Verantwortlicher für die Einhaltung der Gewerbevorschriften bestellt worden, sondern dezidiert mit der Schließung des Lokales beauftragt gewesen sei.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Mit seinem Vorbringen, die "Lokalität" Herrn L "überlassen" zu haben und damit darzutun versucht, daß ihm die gewerbliche Tätigkeit nicht zuzurechnen sei, fällt der Beschwerdeführer zunächst unter das Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG. Der Beschwerdeführer hat nämlich im Verwaltungsverfahren niemals bestritten, daß er der Inhaber des Lokales, d.h. jene Person sei, auf deren Rechnung und Gefahr die gewerbliche Tätigkeit entfaltet wurde. Bestritten hat der Beschwerdeführer vielmehr ausschließlich, daß ihn diesbezüglich eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung treffe, weil er Herrn L als für diesen Betrieb verantwortlichen "Leiter" bestellt habe.

Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob - wie die belangte Behörde vermeint - eine rechtswirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für den Gastgewerbebetrieb solange unmöglich war, als die für den Betrieb erforderliche Konzession fehlte. Um von einem verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 VStG sprechen zu können, ist nämlich gemäß Abs. 4 dessen nachweisliche Zustimmung zu seiner Bestellung erforderlich. Die Bestellung wirkt erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der zum verantwortlichen Beauftragten bestellten Person nachgewiesen wird. Erst mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde tritt ihr gegenüber der namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnorm an die Stelle des Beschuldigten. Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten ist daher nur dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten einlangt (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes VwSlg. 12375A/1987).

Daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren einen solchen Zustimmungsnachweis vorgelegt hätte, ergibt sich weder aus den Verwaltungsakten noch wurde dies vom Beschwerdeführer behauptet. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, daß kein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG bestellt worden sei.

Den Beschwerdeführer würde daher - weil es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Zif. 2 GewO 1973 um ein Ungehorsamsdelikt handelt - gemäß § 5 Abs. 1 VStG nur dann kein Verschulden an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift treffen, wenn er seiner Überwachungspflicht gegenüber der Person, die er mit der Leitung des Lokals mit einem bestimmten (und seiner Behauptung nach nicht befolgten) Auftrag betraut hat, nachgekommen wäre. Die bloße Erteilung von Weisungen - mag sie auch dezidiert erfolgt sein - reicht dafür freilich nicht aus. Vielmehr muß auch eine angemessene Kontrolle hinzutreten (vgl. dazu die bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze II (1992) zu § 5 Abs. 1 VStG referierte hg. Judikatur). Daß aber im vorliegenden Fall eine wirksame Kontrolle der erteilten Weisung, weder alkoholische noch nichtalkoholische Getränke an Gäste auszuschenken bzw. den Betrieb zu schließen, erfolgte, hat der Beschwerdeführer nicht einmal konkret behauptet. Wenn die belangte Behörde daher die beantragte Zeugeneinvernahme als entbehrlich erachtete, so kann ihr auch insoweit nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. In diesem Zusammenhang allenfalls unterlaufene Verfahrensmängel sind nicht verfahrensrelevant, da sie nicht zu einem anderen Ergebnis führen könnten.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993040010.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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