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L71077 Gastgewerbe Sperrzeiten Sperrstunde Tirol;Norm
AVG §76 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde des J in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Y, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 26. März 1993, Zl. 14/152-3/1992, betreffend Übertretung der GewO 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 26. März 1993 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe in seinem in der Betriebsart "Bar" betriebenen Gastgewerbelokal "X" in K Gästen den Aufenthalt 1) am 5. Oktober 1991 bis 7,30 Uhr und 2) am 29. Oktober 1991 bis 6,40 Uhr gestattet, obwohl die Sperrstunde bereits um 3,00 Uhr eingetreten sei. Er habe dadurch zu
1) und 2) je eine Verwaltungsübertretung nach § 368 Z. 11 iVm § 198 Abs. 1 und 2 GewO 1973 und § 1 Abs. 2 lit. d "Sperrzeitenverordnung 1975 i.d.F. des LGBl. Nr. 27/91 vom 26. 02. 1991" begangen, weshalb gemäß § 368 Einleitungssatz GewO 1973 über ihn Geldstrafen von je S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je drei Tage) verhängt wurden. Darüber hinaus wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 3 VStG iVm § 67 AVG der Ersatz der mit S 496,-- bestimmten Barauslagen (Zeugengebühren M sowie Inspektor E in der Höhe von jeweils S 248,--) auferlegt. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges ausgeführt, der Beschwerdeführer betreibe mit dem Standort K, H-Straße 24, ein Gastlokal namens "X", wofür ihm durch die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel eine Konzession erteilt worden sei. Am 5. Oktober 1991 habe der Zeuge M beim Gendarmerieposten K die Anzeige erstattet, in der Bar des Beschwerdeführers hielten sich noch Leute auf und es dringe lauter Lärm nach außen. Der Zeuge habe sich zu dieser Anzeige deshalb entschlossen, weil in der Vergangenheit vom Beschwerdeführer des öfteren die Sperrstunde nicht eingehalten worden sei und sich die im Gastbetrieb des Zeugen wohnenden Gäste über den Lärm im Lokal des Beschwerdeführers und über die Nichteinhaltung der Sperrstunde beschwert hätten. Infolge der Anzeige ging der Zeuge Gruppeninspektor E. zum Lokal des Beschwerdeführers und stellte fest, daß das Lokal versperrt gewesen sei und man von innen laute Unterhaltung gehört habe. Nach mehrmaligem Klopfen sei die Tür geöffnet worden und Inspektor E. habe feststellen können, daß sich im Lokal sechs Personen aufhielten, die alle Getränke vor sich stehen gehabt hätten. Über Befragen habe ein Gast angegeben, er habe Geburtstag und das Lokal deshalb gemietet. Diese Behauptung sei anläßlich der Einvernahme dieses Gastes vor der Bezirkshauptmannschaft nicht mehr aufrechterhalten und eingeräumt worden, daß auch nach Eintritt der Sperrstunde eine Bewirtung erfolgt sei. Am 29. Oktober 1991 habe Inspektor E. mit Inspektor H. eine Schulwegsicherung durchgeführt, in deren Zuge sie eine ihnen bekannte Person in offensichtlich alkoholisiertem Zustand trafen. Über Befragen, woher diese Person komme, habe sie mitgeteilt, sie komme gerade aus "X". Daraufhin seien die beiden Inspektoren zu diesem Lokal gefahren und hätten festgestellt, daß sich dort noch drei Gäste aufgehalten und Getränke vor sich stehen gehabt hätten. Aus dem Gewerberegister ergebe sich, daß dem Beschwerdeführer eine Konzession für die Betriebsart "Bar" an dem in Rede stehenden Standort erteilt worden sei. Er habe durch sein Verhalten gegen die Bestimmung des § 198 Abs. 2 GewO 1973 verstoßen, weil er seine Gäste auf den Eintritt der Sperrstunde nicht aufmerksam gemacht und sie nicht aufgefordert habe, die Räume zu verlassen. Zur Verwirklichung des Deliktes sei es nicht erforderlich, daß die Gäste nach Eintritt der Sperrstunde durch den Gastwirt bewirtet werden. Der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretungen sei schwerwiegend, weil in den gegenständlichen Fällen die Sperrstunde nicht geringfügig, sondern jeweils um mehr als drei Stunden überschritten worden sei. Bei der Strafbemessung habe die Erstbehörde zutreffend als erschwerend erachtet, daß vom Beschwerdeführer innerhalb einer relativ kurzen Zeit zwei Tathandlungen gesetzt worden seien, weil dies doch ein recht deutliches Indiz für eine ziemlich ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters gegenüber rechtlich geschützten Werten sei, was - ungeachtet des im Verwaltungsstrafverfahren herrschenden Kumulationsprinzipes - bei der Strafbemessung zu berücksichtigen sei. Von der Erstbehörde sei der mögliche Strafrahmen nur bis zu 20 % ausgeschöpft worden, es könnten daher die verhängten Strafen nicht als überhöht betrachtet werden. Der Unrechtsgehalt der begangenen Übertretungen sei auch deshalb gravierend, weil die Einhaltung der Sperrstunde die Nachtruhe garantieren solle und die Sperrstunde "kräftig" überzogen worden sei. Gemäß § 64 Abs. 3 VStG habe der Beschwerdeführer auch die Zeugengebühren für die Einvernahme der Zeugen Inspektor E. sowie M zu tragen. Diese beliefen sich auf jeweils S 248,-- (Bahnfahrt II. Klasse nach Innsbruck und zurück).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende
Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht, entgegen der Bestimmungen des § 368 Z. 11 iVm § 198 Abs. 1 und 2 GewO 1973 und § 1 Abs. 2 lit. d Sperrzeitenverordnung 1975 nicht bestraft zu werden sowie in dem Recht auf ein dem Gesetz entsprechendes Verfahren, verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides einerseits Verjährung mit dem Vorbringen geltend, es sei ihm gegenüber in der Verjährungsfrist nicht die "Sperrzeitenverordnung" als jene des Landeshauptmannes von Tirol spezifiziert worden. Andererseits sei ihm zu Unrecht auch eine Übertretung nach § 198 Abs. 1 GewO 1973 zur Last gelegt worden. Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, er sei nicht ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde geladen worden, wodurch ihm die Möglichkeit genommen worden sei, anläßlich dieser mündlichen Verhandlung ein Vorbringen über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erstatten. Es seien ihm auch die Protokolle über die einvernommenen Zeugen nicht zur Stellungnahme übermittelt worden, wodurch eine eklatante Verletzung des Parteiengehörs begründet worden sei. Eigenartigerweise finde sich in der Strafverhandlungsschrift auch die Formulierung, es gelte mit Zustimmung des Beschwerdeführers der erstbehördliche Akt sowie der Auszug aus dem Gewerberegister als verlesen, obwohl weder der Beschwerdeführer noch sein Vertreter bei der mündlichen Verhandlung anwesend gewesen seien.
Mit seinem Verjährung behauptenden Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht darzutun, weil es für die Unterbrechung der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG nicht erforderlich ist, daß die Verfolgungshandlung nach § 32 leg. cit. auch die rechtliche Qualifikation der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat enthält.
Gemäß § 368 Z. 11 GewO 1973 in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Bestimmungen des § 198 Abs. 2 oder der gemäß § 198 Abs. 1 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält.
Zufolge § 198 Abs. 1 leg. cit. hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, in dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Aufsperrstunde), und den Zeitpunkt, in dem sie geöffnet werden dürfen (Sperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen; er hat hiebei auf die Bedürfnisse der ortsansässigen Bevölkerung und der Fremden Bedacht zu nehmen und erforderlichenfalls von der Festlegung einer Sperrzeit abzusehen. Bei den in Bahnhöfen, auf Flugplätzen und an Schiffslandeplätzen gelegenen Gastgewerbebetrieben hat der Landeshauptmann insbesondere den Verpflegungsbedarf der Reisenden zu berücksichtigen; zu dieser Frage sind auch die in Betracht kommenden Verkehrsunternehmen zu hören.
In Ausführung der Bestimmung des § 198 Abs. 1 GewO 1973 erging die Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 17. Februar 1975, LGBl. für Tirol Nr. 23 (Sperrzeitenverordnung).
Nach dem Abs. 2 des § 198 leg. cit. hat der Gastgewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den nach Abs. 1 festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten. Während dieser Sperrzeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gäste sind rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen. In Beherbergungsbetrieben ist die Verabreichung von Speisen und Getränken an Beherbergungsgäste auch während der vorgeschriebenen Sperrzeiten gestattet.
Gemäß § 44 a Z. 2 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderem die Verwaltungsvorschrift zu enthalten, die durch die Tat verletzt worden ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 10. April 1984, Zl. 83/04/0064, ausgesprochen hat, ist die Bestimmung des § 368 Z. 11 GewO 1973 iVm § 198 Abs. 2 GewO 1973 und der entsprechenden Bestimmung der Sperrzeitenverordnung die Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44 a Z. 1 VStG, die durch die hier in Rede stehende Tat verletzt worden sein konnte. Hingegen bildet die Bestimmung des § 198 Abs. 1 GewO 1973, wie sich aus dem oben wiedergegebenen Wortlaut zweifelsfrei ergibt, keine Gebots- bzw. Verbotsnorm.
Werden in einem Fall wie dem vorliegenden im Rahmen des § 44 a Z. 2 VStG betreffenden Spruchteiles neben der verletzten Strafnorm zur Verdeutlichung noch andere damit im Zusammenhang stehende, nicht eine selbständige Strafnorm bildende Bestimmungen zitiert, so bildet dies keinen Verstoß gegen das Erfordernis der bestimmten Bezeichnung der verletzten Strafnorm (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1984, Slg. N. F. Nr. 11.528/A). Es bildet daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, daß die belangte Behörde im Rahmen der Umschreibung der durch die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat verletzten Norm auch die Bestimmung des § 198 Abs. 1 GewO 1973, die ihrerseits keine Gebots- bzw. Verbotsnorm darstellt, anführte.
Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht, er sei zur Berufungsverhandlung nicht ordnungsgemäß geladen und es sei ihm das Protokoll über diese Verhandlung nicht zugestellt worden, so vermag er auch mit diesem Vorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen, weil nach der Bestimmung des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof zu führen hat, sondern nur eine solche, bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einer anderen Entscheidung hätte gelangen können. Diese Relevanz darzutun ist - vom Fall der Offenkundigkeit abgesehen - Aufgabe des Beschwerdeführers. Im konkreten Fall unterläßt es der Beschwerdeführer aber, darzustellen, inwiefern seine Anwesenheit bei der Berufungsverhandlung bzw. seine Stellungnahme zu den Aussagen der in der Berufungsverhandlung vernommenen Zeugen seiner Meinung nach zu einem anderen Verfahrensergebnis geführt hätte. Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang zwar geltend, es sei ihm durch den gerügten Vorgang auch die Möglichkeit genommen gewesen, anläßlich der Berufungsverhandlung ein entsprechendes Vorbringen zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu erstatten, es ist aber auch in diesem Punkt mangels eines entsprechend konkretisierten Vorbringens die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht erkennbar. Abgesehen davon läßt die Beschwerde nicht erkennen, daß sich der Beschwerdeführer auch durch die Höhe der über ihn verhängten Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) beschwert erachtet.
Was schließlich die dem Beschwerdeführer zum Ersatz auferlegten Barauslagen der belangten Behörde in Form der Zeugengebühren betrifft, so ist dem Gesetz (§ 64 Abs. 3 VStG) eine Bestimmung, wonach die Auferlegung von Zeugengebühren als Barauslagen eine vorherige Bestimmung dieser Zeugengebühren durch die Behörde voraussetzt, nicht zu entnehmen. Daß aber die dem Beschwerdeführer zum Ersatz auferlegten Barauslagen der Höhe nach unangemessen wären, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. Das eine Verletzung des Parteiengehörs behauptende Beschwerdevorbringen entbehrt daher der erforderlichen Relevanz (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).
Da sich die Beschwerde somit zur Gänze als nicht begründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch"zu einem anderen Bescheid"European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993040174.X00Im RIS seit
11.12.2001Zuletzt aktualisiert am
05.03.2013