TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/13 93/18/0585

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.01.1994
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §7 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des P in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 18. Oktober 1993, Zl. Fr 1825/1-1993, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 18. Oktober 1993 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Ghana, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, die Ausweisung verfügt.

Ausgehend von den Feststellungen, daß der Beschwerdeführer am 24. Juni 1991 aus der CSFR kommend illegal (in einem Container versteckt) in das Bundesgebiet eingereist sei, und daß das ihn betreffende Asylverfahren mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Juli 1993 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden sei, zog die belangte Behörde den rechtlichen Schluß, daß sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt ihrer Entscheidung unrechtmäßig in Österreich aufhalte und gemäß § 17 Abs. 1 FrG zwingend mit einer Ausweisung vorzugehen sei, wobei allerdings auf § 19 leg. cit. Bedacht zu nehmen sei. In bezug auf die zuletzt genannte Bestimmung vertrat die belangte Behörde zwar zunächst die Ansicht, daß der Aufenthalt der Freundin des Beschwerdeführers in Österreich keinen relevanten Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers durch die Ausweisung bewirke, kam dann aber noch zusätzlich zu dem Ergebnis, daß es im vorliegenden Fall unumgänglich sei, zur Sicherung der öffentlichen Ordnung mit einer Ausweisung vorzugehen, könnten doch andernfalls illegal in das Bundesgebiet eingereiste Fremde nach Abschluß des sie betreffenden Asylverfahrens in Österreich bleiben und solcherart die vom Staat aufgestellten Normen zur Regelung der Einwanderungspolitik ad absurdum führen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 Bedacht zu nehmen.

Würde durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist nach § 19 ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten genannten Ziele dringend geboten ist.

2.1. Die Auffassung der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, bleibt in der Beschwerde unbekämpft. Sie hält indes die Ausweisung des Beschwerdeführers im Grunde des § 19 FrG für unzulässig. Dieser lebe mit seiner Lebensgefährtin zusammen in einer Wohnung und führe eine der Ehe ähnliche Gemeinschaft. Eine Lebensgemeinschaft sei in vielen Teilen der österreichischen Rechtsordnung der Ehe gleichgestellt; es komme nicht auf die "Absegnung" durch einen Trauschein an, sondern lediglich auf die Intensität des Zusammenlebens beider Teile. Hiezu habe die belangte Behörde keine nähere Prüfung vorgenommen. Im übrigen könne der Nachweis, daß es sich bei dem Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers um eine zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele handle, nicht erbracht werden. Dazu sei anzuführen, daß der Beschwerdeführer in Österreich kein einziges Mal strafrechtlich oder verwaltungsstrafrechtlich in Erscheinung getreten sei, daß er einer geregelten Arbeit nachgehe und daß er zusammen mit dem Gehalt seiner Lebensgefährtin seinen Lebensunterhalt bestreiten könne.

2.2. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Selbst wenn die Ausweisung im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer behauptete Lebensgemeinschaft einen relevanten Eingriff in sein Familienleben i.S. des § 19 FrG darstellen sollte, wäre damit für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. Denn der Gerichtshof pflichtet der Ansicht der belangten Behörde bei, daß vorliegend die Ausweisung zum Schutz der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten sei. Wenn die Beschwerde zur Begründung ihrer gegenteiligen Meinung auf die Beschäftigung des Beschwerdeführers und dessen gesicherten Lebensunterhalt hinweist, so verkennt sie, daß der hier aus dem Blickwinkel der öffentlichen Ordnung maßgebende Aspekt das (hoch zu veranschlagende) Interesse des österreichischen Staates an einem geordneten Fremdenwesen ist. Diesen Interessen liefe es grob zuwider, wenn man Fremden, die wie der Beschwerdeführer ohne erforderlichen Sichtvermerk und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist und die hier während der Anhängigkeit des sie betreffenden Asylverfahrens (allenfalls verbunden mit einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991) eine Lebensgemeinschaft eingegangen sind, im Hinblick auf die solcherart geschaffenen Grundlagen für die Ermöglichung eines tatsächlichen Aufenthaltes in Österreich gestatten würde, im Bundesgebiet zu verbleiben (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/18/0246).

3. Der Beschwerdehinweis, daß der Beschwerdeführer im Fall einer Ausweisung "bei Einreise in jedes an Österreich angrenzende Nachbarland einen Sichtvermerk benötigt", ist nicht zielführend, da die rechtliche Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 17 Abs. 1 (iVm § 19 FrG) unabhängig davon ist, ob der betreffende Fremde für die Einreise in ein anderes Land eines Sichtvermerkes bedarf oder nicht.

4. Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren (demnach auch ohne Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages hinsichtlich einer weiteren Beschwerdeausfertigung für den Bundesminister für Inneres und ohne Durchführung der beantragten Verhandlung) als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993180585.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten