Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung des §528 Abs2 Z2 ZPO mangels Legitimation; Gelegenheit zur Anregung eines Gesetzesprüfungsantrags durch den Obersten Gerichtshof mit erhobenem außerordentlichen RevisionsrekursSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1.1. Mit dem vorliegenden, auf Art140 (Abs1 letzter Satz) B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller die Aufhebung des §528 Abs2 Z2 der Zivilprozeßordnung, RGBl. Nr. 113/1895 idF BGBl. Nr. 343/1989 (im folgenden: ZPO).
1.2. §528 ZPO (idF BGBl. Nr. 343/1989) hat folgenden Wortlaut:
"§528. (1) Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes ist der Revisionsrekurs nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.
(2) Der Revisionsrekurs ist jedoch jedenfalls unzulässig,
1.
wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert 50 000 S nicht übersteigt,
2.
wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluß zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, daß die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist,
3.
über den Kostenpunkt,
4.
über die Verfahrenshilfe,
5.
über die Gebühren der Sachverständigen sowie
6.
in Streitigkeiten wegen Besitzstörung (§49 Abs2 Z4 JN).
(3) Hat das Rekursgericht ausgesprochen, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht nach Abs1 zulässig ist (§526 Abs3 in Verbindung mit §500 Abs2 Z3), so kann dagegen nur ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben werden, für den sinngemäß die Bestimmungen über die außerordentliche Revision (§505 Abs3) gelten.
(4) ..."
1.3. Der Antragsteller bringt folgendes vor:
Über das Vermögen des Antragstellers (Inhaber einer Brauerei) sei mit Beschluß vom 15. Jänner 1990 zu Z S 1/90 beim Kreisgericht Ried das Konkursverfahren eröffnet worden. Im Zuge dieses Verfahrens habe der Masseverwalter noch vor der ersten Gläubigerversammlung und der allgemeinen Prüfungstagsatzung sowie vor Ablauf der für die Anmeldung der Forderungen gesetzten Frist um die konkursbehördliche Bewilligung von Kaufverträgen, die die Brauerei des Antragstellers zum Gegenstand hatten, unter Hinweis auf Dringlichkeit angesucht. Diesem Antrag sei mit Beschluß des Konkursgerichtes vom 16. Februar 1990 stattgegeben worden.
Des weiteren habe das Konkursgericht mit Beschluß vom 1. März 1990 den Verkauf bewilligt. Gegen beide Beschlüsse sei vom Antragsteller Rekurs an das Oberlandesgericht Linz erhoben worden.
Infolge des Aufhebungsbeschlusses des Oberlandesgerichtes Linz vom 26. März 1990 sei über die Bewilligung des Kaufvertrages mit Beschluß des Konkursgerichtes vom 21. Mai 1990 neuerlich entschieden worden. Dieser Bewilligungsbeschluß sei infolge Rekurses des Antragstellers abermals vom Oberlandesgericht Linz mit Beschluß vom 5. Juli 1990 behoben worden. Das Konkursgericht habe mit Beschluß vom 24. Juli 1990 die abgeschlossenen Kaufverträge jedoch neuerlich konkursbehördlich genehmigt. Dem dagegen erhobenen Rekurs habe das Oberlandesgericht Linz keine Folge gegeben; zugleich sei ausgesprochen worden, daß gegen diese Entscheidung der Revisionsrekurs unzulässig sei, weil gegen einen bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes gemäß §528 Abs2 Z2 ZPO iVm §171 KO ein Rechtsmittel nicht erhoben werden könne. Gegen diesen Beschluß habe der Antragsteller einen außerordentlichen Revisionsrekurs erhoben, welcher vom Obersten Gerichtshof mit der Begründung der Rechtsmittelbeschränkung des §528 Abs2 Z2 ZPO als unzulässig zurückgewiesen wurde.
1.4. Zur Antragslegitimation bringt der Antragsteller vor, daß er durch §528 Abs2 Z2 ZPO betroffen sei und daß durch die Rechtsmittelbeschränkung dieser Bestimmung in seine Rechtssphäre unmittelbar und aktuell eingegriffen werde, weil sie ihn hindere, den Instanzenzug an den Obersten Gerichtshof auszuschöpfen. Es stehe ihm kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um sich gegen die rechtswidrigen Entscheidungen des Oberlandesgerichtes Linz und des Kreisgerichtes Ried zur Wehr zu setzen.
1.5. Seine Bedenken legt der Antragsteller wie folgt dar:
Durch die bekämpfte Bestimmung werde ihm die Möglichkeit der Ausschöpfung des Instanzenzuges gemäß Art26 MRK genommen. Des weiteren verstoße die Rechtsmittelbeschränkung auch gegen die Bestimmung des Art83 B-VG, weil dem Antragsteller im Konkursverfahren die Möglichkeit genommen worden sei, sein Anliegen einem gesetzlichen Richter vorzutragen.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Der Antrag ist nicht zulässig.
2.2. Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem unmittelbar betroffenen Normadressaten kommt diese Antragsbefugnis zu. Es ist (wie der Verfassungsgerichtshof im Beschluß VfSlg. 8009/1977 ausführt und in seiner späteren Judikatur mehrfach bestätigt hat; vgl. zB VfSlg. 8485/1979, 8869/1980 und 11660/1988) für die Antragslegitimation darüber hinaus auch erforderlich, daß dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der von ihm behaupteten Verfassungswidrigkeit nicht zur Verfügung steht.
2.3. Ein solcher zumutbarer Weg stand dem Antragsteller jedoch offen. Er hatte jedenfalls mit dem ao. Revisionsrekurs Gelegenheit gehabt, seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtene Gesetzesstelle an den Obersten Gerichtshof heranzutragen und die Stellung eines Antrages auf Gesetzesprüfung nach Art140 B-VG anzuregen.
Gemäß Art89 Abs2 zweiter Satz B-VG wäre der Oberste Gerichtshof, sofern er - gleich dem Antragsteller - Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit eines anzuwendenden Gesetzes gehegt hätte, zur entsprechenden Anrufung des Verfassungsgerichtshofes verpflichtet gewesen (vgl. zB VfSlg. 8552/1979, 9374/1982, 11480/1987).
3. Der Gesetzesprüfungsantrag war daher mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, ZivilprozeßEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:G130.1991Dokumentnummer
JFT_10089374_91G00130_00