TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/14 93/02/0152

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Veröffentlicht am 14.01.1994
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs4;
StVO 1960 §5 Abs6;
StVO 1960 §5 Abs7a;
StVO 1960 §99 Abs1 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des F in I, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 9. Juni 1993, Zl. Senat-HO-92-013, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 25. Mai 1991, um 1.50 Uhr, im Krankenhaus X "einer erforderlichen und ärztlich unbedenklichen Blutabnahme durch einen diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt nicht zugestimmt," obwohl er im Verdacht gestanden sei, um 0.30 Uhr desselben Tages an einer näher bezeichneten Straßenstelle in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, bei dem zumindest eine Person erheblich verletzt worden sei. Er habe dadurch eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 5 Abs. 6 StVO 1960 begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Gerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht unter Berufung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Jänner 1990, Zl. 89/18/0135 (= Slg. Nr. 13103/A) geltend, daß die Verweigerung der Zustimmung zu einer Blutabnahme durch einen diensthabenden Arzt in einer öffentlichen Krankenanstalt ohne Vorführung zu einer Untersuchung nach § 5 Abs. 4 StVO 1960 nicht strafbar sei. Die Aufforderung zur Duldung einer Blutabnahme sei nur rechtmäßig und zu befolgen, wenn die betreffende Personen einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeidirektion tätigen Arzt vorgeführt worden sei.

Gemäß § 5 Abs. 4 lit. a StVO 1960 sind Organe der Straßenaufsicht berechtigt, einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt zwecks Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung Personen vorzuführen, bei denen eine Untersuchung nach Abs. 2a lit. a den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol ergeben hat. Gemäß § 5 Abs. 5 StVO 1960 hat sich derjenige, der gemäß Abs. 4 vorgeführt worden ist, dieser Untersuchung zu unterziehen. Nach der Verfassungsbestimmung des § 5 Abs. 6 StVO 1960 hat die Untersuchung, wenn dies erforderlich und ärztlich unbedenklich ist, eine Blutabnahme zu umfassen, wenn der Vorgeführte im Verdacht steht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, bei dem eine Person getötet oder erheblich verletzt worden ist. Nach § 5 Abs. 7a sind die Organe der Straßenaufsicht zum Zwecke einer Blutabnahme berechtigt, die im Abs. 4 genannten Personen erforderlichenfalls auch einem diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt vorzuführen.

Vorauszuschicken ist, daß eine Person auch dann als vorgeführt anzusehen ist, wenn sie von einem Straßenaufsichtsorgan mit einem diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt in Verbindung gebracht wird (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1989, Zl. 89/02/0031). Ein "In-Verbindung-Bringen" in diesem Sinne (vgl. auch das Erkenntnis vom 10. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.320/A) liegt im gegenständlichen Fall aber unbestrittenermaßen vor: Der Beschwerdeführer befand sich im Krankenhaus und wurde wegen seiner bei dem Verkehrsunfall erlittenen Verletzungen untersucht und behandelt. Die amtshandelnden Gendarmeriebeamten befragten den diensthabenden und mit dem Beschwerdeführer beschäftigten Arzt über die Möglichkeit einer klinischen Untersuchung im Sinne des § 5 Abs. 4 StVO 1960. Diese Möglichkeit wurde vom Arzt verneint (der Beschwerdeführer könne wegen seiner Verletzung am Bein nicht "auf dem Strich gehen"). Die vom Arzt konstatierte Unmöglichkeit einer klinischen Untersuchung bewirkt aber, daß die Aufforderung zur Duldung einer Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes die einzige Möglichkeit war, den Grad der Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers festzustellen, stellt die Überschreitung der Grenzmarke bei einer vorgenommenen Atemluftprobe mit einem Alkoteströhrchen doch kein taugliches Beweismittel zu diesem Thema dar. Die vom Beschwerdeführer geäußerte Rechtsansicht würde in der Konsequenz dazu führen, daß eine Person, die im Verdacht steht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall im Sinne des § 5 Abs. 6 StVO 1960 verursacht zu haben, und die wegen ihrer Verletzungen keiner klinischen Untersuchung unterzogen werden kann, letztlich wegen des Alkoholdeliktes nicht verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden könnte, weil das erforderliche Beweismittel nicht beigeschafft werden dürfte. Dies ist auch der wesentliche Unterschied zu dem dem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zugrundeliegenden Fall. Damals war von einer klinischen Untersuchung, die eine Blutabnahme zu umfassen hätte, gar keine Rede.

Bemerkt sei, daß eine klinische Untersuchung nach § 5 Abs. 4 StVO 1960 lediglich durch einen Arzt erfolgen kann, der die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt, daß aber die Blutabnahme gemäß § 5 Abs. 7a StVO 1960 auch von anderen Ärzten vorgenommen werden kann. Dies erscheint schon deswegen sachgerecht, da für sachverständige Schlüsse aus bestimmten Verhaltensweisen auf den Grad der Alkoholbeeinträchtigung der betreffenden Person eine besondere Ausbildung und Erfahrung notwendig ist, während eine Blutabnahme von jedem Arzt auf Grund seiner allgemeinen Ausbildung vorgenommen werden kann.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verfahrensrecht Beweismittel Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Blutabnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993020152.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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