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L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art139 Abs6 zweiter SatzLeitsatz
Aufhebung eines Bescheides betreffs Vorschreibung von Getränke- und Speiseeissteuer wegen Anwendung einer vom VfGH aufgehobenen Vorschrift; Verletzung des Eigentumsrechtes; kein teilbarer Bescheid infolge seiner sprachlichen FassungSpruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 15.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz vom 4. September 1986 wurden nach einer Getränkesteuerprüfung sämtliche in den Jahren 1981 bis 1985 von der Beschwerdeführerin in Graz getätigten Getränke- und Speiseeisumsätze (einschließlich der Verpackungskostenanteile) in die Abgabenbemessung einbezogen, die Getränke- und Speiseeissteuer für diesen Zeitraum mit
S 36,468.442,-- festgesetzt und unter Berücksichtigung der bereits erklärten und abgeführten Beträge eine Nachforderung von
S 2,750.801,-- zuzüglich eines Säumniszuschlages in Höhe von
S 55.016,-- vorgeschrieben.
Begründend wurde ausgeführt, daß auch die Verpackungswerte getränkesteuerpflichtig seien, weil die (Einweg-)Warenumschließungen keinen eigenen wirtschaftlichen Gehalt hätten. Die Beweislast für den Außerortsverbrauch treffe den Abgabepflichtigen. Da die Ausführungen der Beschwerdeführerin seitens der Stadt Graz nicht als ausreichender Nachweis für den Außerortsverbrauch anerkannt werden könnten, seien sämtliche in den Grazer Betriebsstätten der Beschwerdeführerin gegen Entgelt abgegebenen Getränke und sämtliches Speiseeis in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen gewesen.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 6. Juli 1989 keine Folge gegeben.
Unter anderem aus Anlaß einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 2. März 1990, V116-132/89 ua., §19 Abs4 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz als gesetzwidrig aufgehoben. Der bekämpfte Bescheid wurde sodann mit Erkenntnis vom 7. März 1990, B970/89, wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behoben.
Mit (Ersatz-)Bescheid vom 28. Februar 1991, Z A8 - K 522/1987 - 6, gab der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz der Berufung der Beschwerdeführerin neuerlich nicht Folge. Die Getränke- und Speiseeisabgabe für den Zeitraum 1981 bis 1985 wurde mit S 36,426.002,-- festgesetzt und unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin bereits entrichteten Beträge wurde Getränke- und Speiseeisabgabe in Höhe von S 2,708.361,-- zuzüglich eines Säumniszuschlages in Höhe von S 54.167,-- vorgeschrieben. Hinsichtlich der Einbeziehung der Verpackungswerte in die Bemessungsgrundlage stützt sich der angefochtene Bescheid auf §2 Abs1 des Getränkeabgabegesetzes vom 14. März 1950, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 23 idF LGBl. Nr. 85/1988, und auf §1 des Speiseeisabgabegesetzes vom 9. Juli 1952, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 44, iVm §3 der Getränke- und Speiseeisabgabeordnung der Landeshauptstadt Graz vom 22. Dezember 1978, Z A8 - 423/12 - 1978, idF des Gemeinderatsbeschlusses vom 17. November 1988, Z A8 - K 339/1985 - 6. Zum geltend gemachten Außerortsverbrauch vertritt der angefochtene Bescheid die Meinung, mit der Abgabe des Getränkes bzw. des Speiseeises an den Letztverbraucher sei der Abgabentatbestand verwirklicht. Da die Beschwerdeführerin die Abgabe von den jeweiligen Letztverbrauchern eingehoben habe, sei sie auch verpflichtet, den eingehobenen Abgabenbetrag an die Stadt Graz abzuführen, auch wenn Steuerpflicht möglicherweise nicht bestanden habe.
2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des ArtII Abs1 des Gesetzes vom 17. Mai 1988, LGBl. Nr. 85/1988, sowie wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich des ArtII der Verordnung vom 17. November 1988, Z A8 - K 339/1985 - 6, geltend gemacht werden und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
2.2. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift im Hinblick auf das hg. Erkenntnis vom 7. März 1991, G76/90 ua., aber Abstand genommen.
3. Mit dem Erkenntnis vom 7. März 1991, G76/90 ua., hat der Verfassungsgerichtshof den ArtII Abs1 des Gesetzes vom 17. Mai 1988, mit dem das Getränkeabgabegesetz geändert wird, LGBl. für die Steiermark Nr. 85, als verfassungswidrig aufgehoben. Gemäß Art140 Abs7 B-VG hat der Verfassungsgerichtshof gleichzeitig ausgesprochen, daß die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist.
Des weiteren hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13. Juni 1991, V46/91, den ersten Satz des ArtII der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 17. November 1988, A8 - K 339/1985 - 6, mit der die Getränke- und Speiseeisabgabeordnung der Landeshauptstadt Graz vom 23. Dezember 1978, A8 432/12-1978, abgeändert wird, als gesetzwidrig aufgehoben und gemäß Art139 Abs6 B-VG ausgesprochen, daß die aufgehobene Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist.
Da sich der angefochtene Bescheid bei der Getränkesteuervorschreibung somit auf Bestimmungen stützt, die infolge der soeben zitierten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes nicht mehr anzuwenden sind, ist die Behörde insoweit gesetzlos vorgegangen. Ein solcher, in das Eigentum eingreifender Bescheid verstößt nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 10356/1983, 10482/1985, VfGH vom 11. Juni 1990, B954/1989) gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.
4. Da zufolge der sprachlichen Fassung des Bescheides (einheitliche Festsetzung der Getränke- und Speiseeissteuer) ein teilbarer Bescheid nicht vorliegt, war er insgesamt aufzuheben, ohne daß auf weitere Beschwerdebehauptungen einzugehen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG; in den zuerkannten Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2.500,-- enthalten.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Getränkesteuer Steiermark, VfGH / Aufhebung Wirkung, Bescheid Trennbarkeit, VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B352.1991Dokumentnummer
JFT_10089374_91B00352_00