TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/18 93/07/0153

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Veröffentlicht am 18.01.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

VwRallg;
WRG 1959 §105 Abs1;
WRG 1959 §21 Abs1 idF 1990/252;
WRG 1959 §21 idF 1990/252;
WRG 1959 §27 Abs4 idF 1990/252;
WRG 1959 §29;
WRG 1959 §31c Abs4;
WRG 1959 §31c Abs6;
WRG 1959 §31c;
WRGNov 1990;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde 1.) des T B und 2.) der C B in R, beide vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. September 1993, Zl. III/1-34.233-93, betreffend Befristung einer wasserrechtlichen Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 17. Juni 1993 wurde den Beschwerdeführern die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer monovalenten Direkt-Absorber-Wärmepumpenanlage auf Grundstück Nr. 582/20 der KG S zur Raumheizung und Warmwasserbereitung erteilt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß das Wasserrecht bis 31. Juli 2003 befristet erteilt wird.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machten die Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, im Wasserrechtsgesetz sei eine Befristung einer wasserrechtlichen Bewilligung für Erdwärmepumpenanlagen, die das Grundwasser nicht thermisch nutzten und bei denen die Rohrleitungen auch nicht unmittelbar im Grundwasser lägen, nicht vorgesehen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. September 1993 wurde die Berufung mit der Begründung abgewiesen, die Befristung des Wasserrechts sei zwar nicht auf § 21 WRG 1959, aber auf § 105 leg. cit. zu stützen. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht sei unbestritten, daß trotz Vorschreibung von Sicherheitseinrichtungen der Austritt des Kältemittels R 22 in das Erdreich infolge Haar- oder Punktkorrosion, Schwingungsbrüchen oder manuellen Einwirkungen nicht ausgeschlossen werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Erteilung des Wasserrechts nach § 31 c Abs. 6 WRG 1959 ohne Befristung sowie in ihrem Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 21 Abs. 1 WRG 1959 ist die Bewilligung zur Benutzung eines Gewässers nach Abwägung des Bedarfes des Bewerbers und des wasserwirtschaftlichen Interesses sowie der wasserwirtschaftlichen und technischen Entwicklung, gegebenenfalls unter Bedachtnahme auf eine abgestufte Projektsverwirklichung, auf die nach dem Ergebnis der Abwägung jeweils längste vertretbare Zeitdauer zu befristen. Die Frist darf bei Wasserentnahmen für Bewässerungszwecke 10 Jahre, sonst 90 Jahre nicht überschreiten.

Die zitierte Bestimmung stellt auf Bewilligungen "zur Benutzung eines Gewässers" ab, bietet also eine Rechtsgrundlage für Befristungen nur für Maßnahmen, die eine Gewässerbenutzung darstellen.

Den Beschwerdeführern wurde die wasserrechtliche Bewilligung für eine Erdwärmepumpe erteilt. Diese Bewilligung stützt sich auf § 31 c Abs. 6 lit. a WRG 1959. Nach dieser Bestimmung finden die Abs. 1 bis 5 des § 31 c WRG 1959, welche die Gewinnung von Sand und Kies einer wasserrechtlichen Bewilligung unterwerfen, sinngemäß Anwendung auf Anlagen zur Gewinnung von Erdwärme. § 31 c WRG 1959 erfaßt Maßnahmen, die nicht eine Gewässerbenutzung zum Ziel haben. Auf § 21 Abs. 1 WRG 1959 kann daher eine Befristung von nach § 31 c Abs. 6 leg. cit. bewilligungspflichtigen Erdwärmepumpen nicht gestützt werden.

Nach § 105 Abs. 1 WRG 1959 kann im öffentlichen Interesse ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur mit entsprechenden Auflagen bewilligt werden, wenn bestimmte öffentliche Interessen, für die das Gesetz eine beispielhafte Aufzählung enthält, beeinträchtigt würden.

§ 105 Abs. 1 WRG 1959 enthält eine Ermächtigung zur Vorschreibung von Auflagen. Zur Frage, ob diese Bestimmung eine Grundlage für eine Befristung von auf § 31 c Abs. 6 WRG 1959 erteilten wasserrechtlichen Bewilligungen bietet, werden in der Kommentarliteratur zum WRG 1959 divergierende Auffassungen vertreten. Rossmann (Wasserrecht2, S. 106) meint, es sei vertretbar, eine Befristung einer auf § 31 c Abs. 6 WRG 1959 basierenden Bewilligung auf § 105 zu stützen, soferne eine solche Befristung aus wasserwirtschaftlicher Sicht und unter Berücksichtigung der sonstigen öffentlichen Interessen erforderlich sei. Demgegenüber meint Raschauer (Wasserrecht, Rz 6 zu § 105), § 105 WRG 1959 umfasse eine Ermächtigung zur Statuierung von Auflagen und Bedingungen, nicht aber die Befugnis, erteilte Rechte zu befristen.

§ 105 Abs. 1 WRG 1959 verwendet das Wort "Auflagen". Eine Befristung kann aber unter dem Begriff der "Auflage" im § 105 Abs. 1 WRG 1959 nicht subsumiert werden, zumal es an Anhaltspunkten dafür fehlt, daß das WRG 1959 unter "Auflagen" auch Befristungen versteht. Gegen eine solche Annahme spricht insbesondere der Umstand, daß im § 21 leg. cit. eigene Bestimmungen über Befristungen enthalten sind.

Eine Befristung eines nach § 31 c Abs. 6 WRG 1959 verliehenen Wasserrechtes kann aber auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 21 Abs. 1 leg. cit. gestützt werden. Eine solche analoge Anwendung wäre nur im Falle einer echten (planwidrigen) Lücke zulässig. Eine Lücke im Rechtssinn ist dann gegeben, wenn die Regelung eines Sachbereiches keine Bestimmung für eine Frage enthält, die im Zusammenhang mit dieser Regelung an sich geregelt werden müßte. Eine Lücke ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Die bloße Meinung des Rechtsanwenders, eine Regelung sei wünschenswert, rechtfertigt nicht die Annahme einer Gesetzeslücke (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 1993, Zl. 92/16/0046 u.v.a.).

Eine solche Lücke liegt nicht vor. Wie in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur WRG-Novelle 1990 (1152 Blg. NR. XVII. GP, S. 24 f) zu entnehmen ist, soll die Neufassung des § 21 WRG 1959 einer geordneten und gedeihlichen Entwicklung der Wasserwirtschaft dienen und es ermöglichen, Wasserrechte und Anlagen von Zeit dahin zu überprüfen, ob sie in der bestehenden Form noch bedarfsgerecht sind, dem Stand der Technik entsprechen und höherwertigen wasserwirtschaftlichen Ansprüchen nicht im Wege stehen. Ausleitungskraftwerke ohne jede Restwasserregelung, Hortung von Wasserrechten, wasserverschwendende Techniken, "Rechte auf Verunreinigung" usw. seien in keiner Weise mehr zu rechtfertigen, verhinderten entsprechend sinnvoll aufeinander abgestimmte Wassernutzungen und widersprächen zumeist auch dem verfassungsmäßigen Bekenntnis zum umfassenden Umweltschutz. Das Instrument der Befristung des § 21 WRG 1959 zielt demnach auf eine sinnvolle Ordnung der nur beschränkt zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Gewässerbenutzung ab. Daraus erhellt, daß die im Text des § 21 Abs. 1 WRG 1959 enthaltene Wortfolge "Bewilligung zur Benutzung eines Gewässers" nicht ein Vergreifen im Ausdruck oder eine mangelnde Präzision des verwendeten Ausdrucks darstellt, sondern daß diese Beschränkung der Fälle, auf die die Befristungsmöglichkeit des § 21 Abs. 1 WRG 1959 Anwendung finden soll, der Absicht des Gesetzgebers entspricht. Hiezu kommt, daß der Gesetzgeber der WRG-Novelle 1990 im § 31 c Abs. 4 die Anwendung einzelner für Wasserbenutzungsrechte geltender Bestimmungen, nämlich der §§ 27 Abs. 4 und 29, auch für nach § 31 c leg. cit. bewilligungspflichtige Maßnahmen ausdrücklich angeordnet hat. Daraus folgt, daß andere Bestimmungen über Wasserbenutzungen oder Gewässerbenutzungen für diesen Bereich keine Anwendung finden.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993070153.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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