Index
L78007 Elektrizität Tirol;Norm
ElektrizitätsG Tir 1982 §2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der X-Gesellschaft m.b.H. in D, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in R, gegen die Tiroler Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit des Elektrizitätswesens, zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit den §§ 2 ff des Tiroler Elektrizitätsgesetzes, LGBl. Nr. 40/1982 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 120/1993, wird der Beschwerdeführerin
1.
die Konzession gemäß § 3 Abs. 1 lit. a leg. cit. zur unmittelbaren Versorgung der in den Einlagezahlen nnn/1 und nnn/2 inneliegenden Grundstücke mit der dort erzeugten elektrischen Energie sowie
2.
die Konzession gemäß § 3 Abs. 1 lit. b leg. cit. zur Lieferung dieser elektrischen Energie an Elektrizitätsversorgungsunternehmen verliehen.
Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem am 29. April 1992 beim Amt der Tiroler Landesregierung eingelangten Schriftsatz vom 27. April 1992 suchte die Beschwerdeführerin um die Erteilung von Konzessionen gemäß § 3 Abs. 1 lit. a und b des Tiroler Elektrizitätsgesetzes an und wies u.a. darauf hin, daß sie Eigentümerin der im Spruch genannten Liegenschaften einschließlich der darauf befindlichen Gebäude sei, worunter sich auch eine Kraftwerksanlage befinde. Im Rahmen eines wasserrechtlichen Verfahrens der Bezirkshauptmannschaft Imst habe der elektrotechnische Sachverständige in seiner Stellungnahme ausgeführt, daß diese Wasserkraftanlage der Versorgung der sich auf dem Firmengelände befindlichen Gewerbebetriebe mit elektrischer Energie diene. Die Überschußenergie werde in das öffentliche Netz der Tiroler Wasserkraftwerke AG (TIWAG) eingespeist, die Übergabestelle befinde sich in der Transformationsstation auf dem Firmengelände an den oberspannungsseitigen Klemmen des Übergabstransformators, welcher sich im Besitz der Beschwerdeführerin befinde. Des weiteren sei festgestellt worden, daß mehr als die Hälfte der erzeugten elektrischen Energie in das Netz der TIWAG eingespeist werde, weshalb diese Kraftwerksanlage nicht mehr als Eigenanlage bezeichnet werden könne. Es müsse daher um die Erteilung einer Konzession zur Lieferung elektrischer Energie an Elektrizitätsversorgungsunternehmen angesucht werden. Im gesamten Areal bestehe ein hauseigenes Verteilernetz, mit welchem die Mieter mit Strom versorgt werden. Die TIWAG verfüge auf diesem "Gewerbeparkareal" über kein eigenes Leitungsnetz, weshalb es sinnvoll sei, daß die Beschwerdeführerin direkt als Stromlieferant aus eigener Erzeugung, im Bedarfsfall auch als Wiederverkäufer, auftrete.
Da die belangte Behörde über diesen Antrag der Beschwerdeführerin innerhalb der Frist des § 27 VwGG nicht entschied, erhob die Beschwerdeführerin mit dem am 9. Dezember 1992 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz vom 2. Dezember 1992 Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht. Innerhalb der mittels Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1992 gesetzten dreimonatigen Frist holte die belangte Behörde den versäumten Bescheid nicht nach und legte mit Schreiben vom 29. März 1993 die Akten des Verwaltungsverfahrens mit dem Bemerken vor, daß die Erlassung eines Bescheides innerhalb der genannten Frist nicht möglich gewesen sei, weil die Beschwerdeführerin erst mit Schriftsatz vom 11. März 1993 jene ergänzenden Unterlagen nachgereicht habe, welche eine Beurteilung im Sinne des § 5 Abs. 2 des Tiroler Elektrizitätsgesetzes möglich machen.
Die Pflicht zur Entscheidung über das erwähnte Konzessionsansuchen der Beschwerdeführerin ist damit auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Tiroler Elektrizitätsgesetzes LBGl. Nr. 40/1982 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 120/1993 haben nachstehenden Wortlaut:
"2. A b s c h n i t t
Elektrizitätswirtschaftliches
Konzessionsverfahren für
Elektrizitätsversorgungsunternehmen
§ 2
Konzessionspflicht
(1) Der Betrieb eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens bedarf unabhängig von der elektrizitätswirtschaftlichen Bewilligung (§ 21) und der Errichtungsbewilligung (§ 30) sowie unabhängig von Bewilligungen nach anderen Gesetzen einer Konzession ...
§ 3
Umfang der Konzession
(1) Die Konzession kann erteilt werden für:
a) die unmittelbare Versorgung eines örtlich umschriebenen bestimmten Gebietes mit elektrischer Energie;
b) Die Lieferung elektrischer Energie an Elektrizitätsversorgungsunternehmen.
(2) Die Konzession nach Abs. 1 lit. a und b können auch nebeneinander erteilt werden.
§ 4
Voraussetzungen
(1) Voraussetzung für die Erteilung einer Konzession ist, daß
a) im Falle des § 3 Abs. 1 lit a keine Konzession zum Betrieb eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens zur Versorgung des örtlich umschriebenen bestimmten Gebietes mit elektrischer Energie besteht,
b) im Falle des § 3 Abs. 1 lit. b eine bestmögliche Verbundwirtschaft gewährleistet ist und daß das Elektrizitätsversorgungsunternehmen voraussichtlich in der Lage sein wird, den Pflichten nach dem 3. Abschnitt nachzukommen.
(2) Voraussetzung für die Erteilung einer Konzession ist ferner, daß
a)
der Konzessionswerber
1.
eigenberechtigt ist und das 24. Lebensjahr vollendet hat,
2.
Staatsangehöriger einer Vertragspartei des EWR-Abkommens ist,
3.
zuverlässig ist;
b)
erwartet werden kann, daß der Konzessionswerber
wirtschaftlich in der Lage ist, die erforderlichen Anlagen des Elektrizitätsversorgungsunternehmens zu errichten, zu betreiben und zu erhalten;
c) die bestehenden und die geplanten Anlagen des Elektrizitätsversorgungsnunternehmens technisch grundsätzlich geeignet sind;
d) ein gegenwärtiger oder ein abschätzbarer künftiger volkswirtschaftlicher Bedarf oder ein sonstiges volkswirtschaftliches Interesse am Betrieb des Elektrizitätsversorgungsunternehmens gegeben ist.
(3) Beantragt eine juristische Person, eine Personengesellschaft des Handelsrechts oder eine eingetragene Erwerbsgesellschaft eine Konzession, so
a) muß sie nach den Rechtsvorschriften einer Vertragspartei des EWR-Abkommens gegründet worden sein,
b) muß ihr Sitz im Gebiet einer Vertragspartei des EWR-Abkommens liegen und
c) müssen die zur Vertretung nach außen befugten Personen (Geschäftsführer) die Voraussetzungen nach Abs. 2 lit. a erfüllen.
(4).....
(5) Die Zuverlässigkeit im Sinne des Abs. 2 lit. a Z. 3 ist bei Personen nicht gegeben, die nach § 13 der Gewerbeordnung 1973, BGBl. Nr. 50/1974, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. Nr. 29/1993, von der Ausübung eines Gewerbes auszuschließen sind.
(6) .....
§ 5
Verfahren
(1) Um die Erteilung einer Konzession ist bei der Landesregierung schriftlich anzusuchen.
(2) .....
(3) Im Verfahren über ein Ansuchen um Erteilung einer Konzession hat neben dem Konzessionswerber und jenen Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die eine Konzession zur unmittelbaren Versorgung des vorgesehenen Gebietes besitzen, die Tiroler Wasserkraftwerke AG Parteistellung. .....
(4) Vor der Entscheidung über ein Ansuchen um Erteilung einer Konzession sind zu hören:
a) die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol, die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol, die Landeslandwirtschaftskammer für Tirol (Sektion Dienstgeber und Sektion Dienstnehmer),
b)
der Verband der Elektrizitätswerke Tirols,
c)
im Falle eines Ansuchens um Erteilung einer Konzession nach § 3 Abs. 1 lit. a überdies die berührten Gemeinden.
§ 6
Erteilung der Konzession
(1) Die Landesregierung hat über ein Ansuchen um die Erteilung einer Konzession mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden.
(2) .....
(3) Eine Konzession ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen nach § 4 vorliegen.
(4) .....
(5) .....
(6) Eine Konzession ist zu versagen, wenn auch nur eine der Voraussetzungen nach § 4 nicht vorliegt."
Die im § 4 leg. cit. geforderten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall aus nachstehenden Erwägungen gegeben:
Zu Abs. 1: Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß in dem in Rede stehenden Versorgungsgebiet bereits eine Konzession zum Betrieb eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens zur Versorgung dieses Gebietes mit elektrischer Energie besteht und daß die Beschwerdeführerin nicht in der Lage sein werde, den Pflichten nach dem 3. Abschnitt des Tiroler Elektrizitätsgesetzes nachzukommen. Ferner wurde bei der im Gegenstande am 8. Juli 1993 abgehaltenen mündlichen Verhandlung festgestellt, daß zwischen der Beschwerdeführerin und der TIWAG ein "weiterhin vollinhaltlich" geltendes Stromlieferungsübereinkommen besteht, weshalb auch aus der Sicht der genannten Gesellschaft eine bestmögliche Verbundwirtschaft gewährleistet ist.
Zu Abs. 2 lit. a in Verbindung mit Abs. 3: Die Beschwerdeführerin ist eine nach österreichischen Rechtsvorschriften gegründete juristische Person mit dem Sitz im Inland, wobei die Erhebungen ergeben haben, daß der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft eigenberechtigt ist, das 24. Lebensjahr vollendet hat, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt und zuverlässig ist.
Zu Abs. 2 lit. b: Im Hinblick auf den nachgewiesenen Liegenschaftsbesitz der Beschwerdeführerin kann erwartet werden, daß sie wirtschaftlich in der Lage ist, die bereits bestehenden Anlagen zur Erzeugung und Verteilung der elektrischen Energie zu betreiben und zu erhalten.
Zu Abs. 2 lit. c: Zur Frage der grundsätzlichen technischen Eignung der bestehenden Anlagen ist darauf hinzuweisen, daß die Beschwerdeführerin mit ihren Schriftsätzen vom 26. Juli und 1. Dezember 1993 technische Unterlagen (Verteilerpläne, Übersichtsschaltbild, Zusammenstellung der angeschlossenen Verbraucher, Bestätigungen der Firma Geppert Wasserturbinen + Maschinenbau vom 9. Juli und 17. November 1993) vorgelegt hat, welche nach Mitteilung der belangten Behörde vom 15. Dezember 1993 entsprechend der Forderung des elektrotechnischen Amtssachverständigen vom 2. Februar 1993 als Nachweis im Sinne des § 4 Abs. 2 lit. c leg. cit. gewertet werden können. Der Gerichtshof geht daher davon aus, daß der in Rede stehenden gesetzlichen Forderung entsprochen ist.
Zu Abs. 2 lit. d: Bei der schon erwähnten mündlichen Verhandlung wurde unwidersprochen festgestellt, daß "zumindest ein volkswirtschaftliches Interesse zur Erzeugung von elektrischer Energie aus Wasserkraft besteht". Im Hinblick auf die in den Verwaltungsakten enthaltenen, vorstehend bereits wiedergegebenen Ausführungen, hat der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Feststellung.
Im Zusammenhang mit der verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 5 Abs. 3 leg. cit. ist im übrigen festzuhalten, daß Vertreter der TIWAG bei der erwähnten mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt haben, gegen die Erteilung der in Rede stehenden Konzessionen keinen Einwand zu erheben. Die im Abs. 4 lit. a dieser Gesetzesstelle genannten Kammern sowie der in der lit. b dieser Gesetzesstelle erwähnte Verband der Elektrizitätswerke Tirols wurden zu dieser Verhandlung ebenfalls geladen und haben keinen Vertreter entsandt. Vom Vertreter der gemäß lit. c dieser Gesetzesstelle geladenen Gemeinde Nassereith wurde "die Erteilung der beantragten Konzessionen begrüßt".
Es ist daher zusammenfassend davon auszugehen, daß die Voraussetzungen des § 4 leg. cit. vorliegen, weshalb die beantragten Konzessionen gemäß § 6 Abs. 3 leg. cit. zu erteilen waren.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 55 Abs. 1 1. Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin war abzuweisen, weil an Stempelgebühren für zwei Beschwerdeausfertigungen, eine Vollmacht und eine erforderliche Beilage insgesamt nur S 390,-- zu entrichten waren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992050310.X00Im RIS seit
11.10.2001