Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §39 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde 1. des JS und 2. der MS, beide in N, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 24. November 1992, Zl. 513.019/02-I 5/92, betreffend Aufträge nach § 21a und nach § 138 WRG 1959, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm ein Auftrag nach § 21a WRG 1959 erteilt wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 26. Juni 1992 wurden die Beschwerdeführer im Spruchabschnitt I gemäß § 21a WRG 1959 verpflichtet, bis zum 31. März 1993 Maßnahmen bei ihrer mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 27. Februar 1970 wasserrechtlich bewilligten Abwasseranlage zu treffen, sodaß nachstehende
Einleitungsgrenzwerte eingehalten werden:
BSB5: 10 mg/l bzw. 0,66 kg/d
CSB: 45 mg/l
pH-Wert: 6,5 bis 7,5
Absetzbare Stoffe: 0,1 mg/l
NH4-N: 5 mg/l Spitzenwert bzw. 1 mg/l im 24 Stundenmittel
NO3-N: 10 mg/l
Phosphor: 1 mg/l.
Unter Spruchabschnitt II dieses Bescheides wurden die Beschwerdeführer gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 verpflichtet, bis zum 31. Juli 1992 die Einleitung in die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 27. Februar 1970 wasserrechtlich bewilligte Kläranlage auf den wasserrechtlich bewilligten Umfang zurückzuführen.
In der Begründung stützte sich die Behörde im wesentlichen auf ein Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik, in welchem ausgeführt wurde, das Wasserrecht (der Beschwerdeführer) laut Postzahl 2170 des Wasserbuches für den Verwaltungsbezirk Amtstetten umfasse den Betrieb einer Dreikammer-Kläranlage zur mechanischen Reinigung von Abwässern entsprechend 36 EGW in den L-Bach. Bei der Bewilligung sei von einer Niederwasserführung von 5 l/s ausgegangen worden. Aus dem technischen Bericht des 1991 vorgelegten Einreichprojektes ergebe sich, daß derzeit ein Abwasseranfall von 120 Betten und dem Restaurantbetrieb im Ausmaß von 49,75 m3/d und einer Belastung entsprechend 22,74 kg BSB5/d gegeben sei. Dies entspreche hydraulisch einer Belastung entsprechend 250 EGW, hinsichtlich der Schmutzfracht einer Belastung entsprechend 379 EGW. Hinsichtlich der Reinigungsleistung der bestehenden mechanischen Anlage sei daher maximal zu erwarten, daß diese eine Grobentschlammung der Abwässer vornehme, sodaß im Abwasser nicht nur die gelösten Schmutzstoffe, sondern auch Teile in partikulärer Form vorlägen. Konzentrationsspitzen im Ablauf beim organischen Summenparameter BSB5 seien in Bereichen zu erwarten, die deutlich über mechanisch gereinigtem häuslichem Abwasser lägen. Erwartet werden könnten Konzentrationen um 500 mg/l BSB5, wohingegen bei immissionsgerechter Ableitung maximal 10 mg/l bzw. lediglich bei Betrachtung der Emissionsbegrenzung zumindest 20 mg/l einzuhalten seien. Ähnliches gelte für den Gehalt an Stickstoff, ausgedrückt vor allem an Ammonstickstoff, da hier keine Entfernung stattfinde und daher um 100 mg/l zu erwarten seien, wohingegen maximal 5 mg/l zu tolerieren seien. Ein Handlungsbedarf sei daher sowohl gemäß § 21a als auch 138 WRG 1959 gegeben. Aufgrund des Hydrogutachtens vom 3. Oktober 1991 liege das Q 95 % bei 5 bis 7 l/s bzw. der niedrigste Ablauf bei 3 l/s. Diese Abflußdaten seien bereits im Rahmen der Beurteilung des Projektes über die biologische Kläranlage 1991 berücksichtigt worden, sodaß Änderungen nicht erforderlich seien. Auf der anderen Seite ergebe sich jedoch aus der derzeitigen Belastung (Spitzen bis zu 22,74 kg BSB5/d seien zu erwarten) eine rechnerische Aufhöhung im Vorfluter um 37 mg/l BSB5 beim Bezugniedrigwasser (Q 95 %), was jedenfalls eindeutig eine Gewässergüteklasse IV unabhängig von der Vorbelastung bedeute. Diese sei auch bei Berechnung nach anderen Parametern gegeben und werde auch durch die Meldungen der Fischereiberechtigten bestätigt.
Güteklasse IV bedeute jedenfalls, daß durch Fäulnisprozesse und Zehrungsvorgänge Sauerstoffmangel hervorgerufen werde und die Gefahr von Fischsterben gegeben wäre. Aus diesem Grund sei jedenfalls ein Vorgehen nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 erforderlich, wobei jedoch eine Koppelung an die Frist des Verfahrens nach § 21a WRG 1959 nicht möglich scheine, da latent mit derartigen Gewässerverunreinigungen zu rechnen sei, die insbesondere beim Sommerniedrigwasser zu Fischsterben führe. Als Frist im § 21a - Verfahren für die Realisierung einer biologischen Reinigung im Umfang, wie sie der Konsensvorschlag im Bewilligungsverfahren vorsehe, sei die dort genannte Frist von sechs Monaten vertretbar. Die Rückführung auf den Konsens sei ab sofort zu veranlassen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung und ersuchten in bezug auf Spruchabschnitt I (Vorschreibungen nach § 21a WRG 1959) um Fristerstreckung um ein Jahr bis 31. März 1994, da erst zu diesem Zeitpunkt die derzeit in Planung befindliche Abwasserableitung aus dem Bereich ihres Anwesens in die Gemeindekläranlage in N realisiert werden könne. Gegen Spruchabschnitt II (Rückführung der Einleitung in den L-Bach auf den wasserrechtlich bewilligten Umfang) brachten die Beschwerdeführer vor, eine solche Rückführung sei wirtschaftlich unzumutbar und gefährde die Existenz ihres Familienbetriebes. Sie würden bis zum Anschluß an die Gemeindekläranlage N bemüht sein, die Belastung des L-Baches dadurch möglichst gering zu halten, daß die Zimmer als Einzelzimmer vermietet würden, die Küchenabfälle lückenlos in die eigene Landwirtschaft rückgeführt würden und bei der Räumung der bestehenden mechanischen Kläranlage kurze Intervalle eingehalten würden.
Die belangte Behörde holte ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Wasserbautechnik ein. Dieser führte aus, die Einleitung bloß mechanisch gereinigter Abwässer in der derzeitigen, den wasserrechtlichen Konsen weit übertreffenden Menge in den schwachen Vorfluter L-Bach verunreinige dieses Gewässer beträchtlich und habe auch schon zu Fischsterben geführt. Die Einleitung von sanitären Abwässern in den L-Bach erscheine aus wasserbautechnischer Sicht bewilligungspflichtig, in derzeitigen Form jedoch nicht bewilligungsfähig. Eine Fristerstreckung über das technisch erforderliche Ausmaß zur Errichtung einer bescheidgemäßen Kläranlage sei wasserwirtschaftlich nicht akzeptabel. Eine telefonische Anfrage bei der Gemeinde N habe ergeben, daß mit dem Anschluß des Betriebes der Beschwerdeführer erst in zwei Jahren gerechnet werden könne. Derzeit sei nur ein Projekt in Ausarbeitung, eine wasserrechtliche Bewilligung und die Zusage einer Förderung aus dem UWWF würden nach Projekterstellung beantragt. Nach dieser Auskunft führe der L-Bach derzeit (25. August 1992) kein Wasser, was die angeführten Bedenken zur Abwassereinleitung unterstreiche. Ein Anschluß an das kommunale Netz sei auf Dauer die einzig tragbare Lösung. Für den Zeitraum bis zum Anschluß sollte eine Kontainer-Kläranlage geleast werden, wobei das Problem bestehe, mit einer solchen Anlage die gegenüber der Abwasseremissionsverordnung verschärften Anforderungen bezüglich der Ablaufwerte einzuhalten. Grundsätzlich sei die Einhaltung dieser Werte durch Kombination marktüblicher Anlagenteile üblich. Zu den Ausführungen der Beschwerdeführer bezüglich der Überschreitung der Konsensmenge sei anzumerken, daß eine zeitweilige Überschreitung des Konsenses aus den oben genannten Gründen aus wasserwirtschaftlicher Sicht nicht toleriert werden könne. Die skizzierten innerbetrieblichen Maßnahmen alleine könnten die Einhaltung des Konsenses nicht gewährleisten.
In ihrer Stellungnahme zu diesem Gutachten wiesen die Beschwerdeführer darauf hin, die von Fachleuten vorgeschlagene günstigste Lösung für die Entsorgung ihrer Abwässer sei der Anschluß an die Kläranlage N. Die Verwirklichung dieses Projektes sei für 1994 vorgesehen. Sie ersuchten daher, die bestehende Kläranlage als Provisorium bis zum Anschluß an das Kanalnetz von N weiter benützen zu dürfen. Jede andere Zwischenlösung sei weder wirtschaftlich noch finanziell vertretbar.
Mit Bescheid vom 24. November 1992 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer ab, wobei sie die Frist zur Durchführung der in Spruchteil I des erstinstanzlichen Bescheides auferlegten Maßnahmen mit 30. September 1993 und die in Spruchteil II festgesetzte Frist mit 31. Jänner 1993 neu bestimmte. In der Begründung heißt es nach Wiedergabe des eingeholten Amtssachverständigengutachten und der Äußerungen der Beschwerdeführer, das Vorliegen einer nicht mehr dem nunmehrigen Stand der Technik entsprechenden Anlage (§ 21a WRG 1959) sowie einer konsenslosen Neuerung (§ 138 Abs. 1 leg. cit.) sei von den Beschwerdeführern unangefochten geblieben. Die sachliche Rechtfertigung der aufgetragenen Maßnahmen sei unbestritten geblieben. Gründe, aus denen sich die Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Bescheides ergebe, seien der Berufung nicht zu entnehmen. Die Beschwerdeführer bekämpften lediglich die im erstinstanzlichen Bescheid festgesetzte Erfüllungsfrist und ersuchten um Aufschub bis zum Anschluß an den Gemeindekanal, da die Durchführung der auferlegten Maßnahmen aus finanziellen und wirtschaftlichen Gründen unmöglich sei. Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen gehe jedoch eindeutig hervor, daß durch die jetzige Abwasserbeseitigung dem öffentlichen Interesse an der Reinhaltung der Gewässer nicht entsprochen werde und eine Fristerstreckung bis zum Anschluß an die Gemeindekläranlage, die sich derzeit erst im Projektstadium befinde, nicht akzeptiert werden könne. Der Anschluß an die Gemeindekläranlage stelle jedoch auf Dauer die einzig tragbare Lösung dar. Diesem Gutachten seien die Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Zum Einwand der wirtschaftlichen und finanziellen Unzumutbarkeit werde ausgeführt, daß es bei wasserpolizeilichen Aufträgen gemäß § 138 Abs. 1 WRG 1959 nicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Verpflichteten ankomme, sondern nur objektive Gesichtspunkte maßgebend seien.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte ihre Behandlung mit Beschluß vom 23. März 1993, B 15/93, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In ihrer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Beschwerdeergänzung bringen die Beschwerdeführer vor, sowohl § 21a WRG 1959 als auch § 138 Abs. 1 lit. a leg. cit. hätten das Vorliegen eines öffentlichen Interesses zur Voraussetzung. Worin im Beschwerdefall das öffentliche Interesse an den vorgeschriebenen Maßnahmen bestehe, werde von der belangten Behörde nicht dargelegt.
Die belangte Behörde habe § 21a WRG 1959 angewandt. Dies impliziere, daß die Beschwerdeführer die im Bewilligungsbescheid aus dem Jahr 1970 enthaltenen Auflagen einhielten. Schon deswegen sei der angefochtene Bescheid unschlüssig, hätten doch die Beschwerdeführer selbst zugegeben, diesen Konsens nicht einzuhalten.
Auch der Spruch des angefochtenen Bescheides sei mangelhaft, weil den Beschwerdeführern nicht mitgeteilt werde, durch welche Schritte sie den Willen der Behörde betreffend Einhaltung von Einleitungsgrenzwerten zu erfüllen hätten.
Auch die Befristung würde einer entsprechenden Begründung bedürfen. Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid selbst feststelle, daß der Anschluß an die Gemeindekanalisationsanlage auf Dauer die einzige tragbare Lösung darstelle, wäre eine entsprechende Frist zu gewähren gewesen.
Die belangte Behörde hätte auch auf § 21a Abs. 3 WRG 1959 Rücksicht nehmen müssen. Die vorgeschriebenen Maßnahmen seien unverhältnismäßig, wenn man davon ausgehe, daß sie nur über wenige Monate zum Einsatz kämen.
Auch § 138 WRG 1959 habe nicht zur Anwendung kommen dürfen. Zum einen fehle es am öffentlichen Interesse, zum anderen gebe es keinen Betroffenen. Die belangte Behörde habe auch nicht dargetan, worin die vorgenommene Neuerung bzw. die unterlassene Arbeit bestehe. Es läge keine Neuerung vor. Sollte diese Meinung jedoch nicht geteilt werden, wäre nicht § 138 Abs. 1 WRG 1959, sondern Abs. 2 dieser Gesetzesstelle anzuwenden gewesen. Dies würde auch eine Frist bis zum Anschluß an die Gemeindekanalisationsanlage mit sich bringen.
Die belangte Behörde habe sich auch nicht mit dem Einwand der Beschwerdeführer auseinandergesetzt, daß durch innerbetriebliche Maßnahmen die Überschreitung des Konsenses beseitigt werden könne.
Unzulänglich sei auch der Hinweis der belangten Behörde, die Beschwerdeführer könnten bis zum Anschluß an die Gemeindekanalisationsanlage eine Kontainer-Kläranlage leasen. Abgesehen davon, daß die Beschwerdeführer keine entsprechenden Unternehmen hätten finden können, gebe die belangte Behörde selbst zu, daß diese Anlagen problematisch seien.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Vorschreibung nach § 21a WRG 1959:
Nach § 21a Abs. 1 WRG 1959 hat die Wasserrechtsbehörde, wenn sich nach Erteilung der Bewilligung ergibt, daß öffentliche Interessen (§ 105) trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem nunmehrigen Stand der Technik (§ 12a) zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben, Anpassungsziele festzulegen, Art und Ausmaß der Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer einzuschränken oder die Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer zu untersagen.
Für die Erfüllung von Maßnahmen nach Abs. 1 oder von Anpassungszielen sowie für die Planung von Anpassungsmaßnahmen sind nach § 21a Abs. 2 WRG 1959 von der Wasserrechtsbehörde angemessene Fristen einzuräumen. Diese Fristen sind zu verlängern, wenn der Verpflichtete nachweist, daß ihm die Einhaltung der Frist ohne sein Verschulden unmöglich ist. Ein rechtzeitig eingebrachter Verlängerungsantrag hemmt den Ablauf der Frist. Bei fruchtlosem Ablauf der Frist findet § 27 Abs. 4 sinngemäß Anwendung.
Nach § 21a Abs. 3 leg. cit. darf die Wasserrechtsbehörde Maßnahmen nach Abs. 1 nicht vorschreiben, wenn diese Maßnahmen unverhältnismäßig sind. Dabei gelten folgende Grundsätze:
a) Der mit der Erfüllung dieser Maßnahmen verbundene Aufwand darf nicht außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehen, wobei insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Wasserbenutzung ausgehenden Auswirkungen und Beeinträchtigungen sowie die Nutzungsdauer, die Wirtschaftlichkeit und die technische Besonderheit der Wasserbenutzung zu berücksichtigen sind;
b) bei Eingriffen in bestehende Rechte ist nur das jeweils gelindeste noch zum Ziele führende Mittel zu wählen;
c) verschiedene Eingriffe können nacheinander vorgeschrieben werden.
Unzutreffend ist die Auffassung der Beschwerdeführer, ein Auftrag nach § 21a WRG 1959 könne ihnen schon deswegen nicht erteilt werden, weil sie die wasserrechtliche Bewilligung aus dem Jahr 1970 nicht eingehalten hätten. § 21a Abs. 1 WRG 1959 knüpft zwar die Zulässigkeit eines Anpassungsauftrages daran, daß trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften öffentliche Interessen (§ 105) nicht hinreichend geschützt sind. § 21a ist daher kein Instrument zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes. Der Umstand allein, daß (auch) eine Konsensüberschreitung vorliegt, hindert die Anwendung des § 21a nicht. Zunächst ist durch einen auf § 138 WRG 1959 gestützten wasserpolizeilichen Auftrag der konsensgemäße Zustand herzustellen. Ist trotzdem das öffentliche Interesse nicht hinreichend geschützt, ist zusätzlich nach § 21a vorzugehen, wobei beide Aufträge, sofern die Voraussetzungen gegeben sind, gleichzeitig erteilt werden können.
Unzutreffend ist auch die Auffassung der Beschwerdeführer, der auf § 21a WRG 1959 gestützte Auftrag sei nicht ausreichend konkretisiert. Den Beschwerdeführern wurde vorgeschrieben, Maßnahmen zu treffen, damit konkret angeführte Einleitungsgrenzwerte eingehalten werden. Diese Einleitungswerte sind so konkret, daß jederzeit nachgeprüft werden kann, ob sie eingehalten werden oder nicht. Welche Maßnahmen ergriffen werden, um die Einhaltung dieser Werte sicherzustellen, bleibt den Beschwerdeführern überlassen.
Hingegen sind die Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht, wenn sie bemängeln, es lägen keine ausreichenden Feststellungen zu der Frage vor, ob die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21a WRG 1959 gegeben seien.
Es trifft zwar zu, daß die Beschwerdeführer in ihrer Berufung den Aspekt der Fristverlängerung in den Vordergrund gestellt haben; aus dem Hinweis auf die erst zu dem von ihnen genannten Zeitpunkt mögliche Beseitigung der Abwässer aus ihrem Betrieb über die Abwasserbeseitigungsanlage der Gemeinde wird aber deutlich, daß damit auch die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Verwirklichung der angeordneten Maßnahmen zu dem von der Wasserrechtsbehörde verfügten Termin angesprochen und lediglich ein Anschluß an die Abwasserbeseitigungsanlage der Gemeinde als angemessene Lösung angesehen wird. Eine Beurteilung der Verhältnismäßigkeit setzt aber Feststellungen über das Vorliegen der (sonstigen) Voraussetzungen des § 21a WRG 1959 voraus. Ob die Voraussetzungen des § 21a WRG 1959 vorliegen, hatte die Wasserrechtsbehörde daher von Amts wegen zu prüfen und in einer Art und Weise darzulegen, die eine entsprechende nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof ermöglicht.
Grundvoraussetzung für die Anwendung des § 21a WRG 1959 ist, daß öffentliche Interessen (§ 105) trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind. Aus den im Verfahren eingeholten Gutachten geht lediglich hervor, daß der Zustand zur Zeit der Begutachtung zu einer Beeinträchtigung der Gewässergüte führt, wobei in beiden Stellungnahmen davon die Rede ist, daß die Einleitung von Abwässern gegenüber dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid aus dem Jahr 1970 beträchtlich überschritten wird. Den Aussagen der Gutachten ist aber nicht zu entnehmen, welche Situation nach Herstellung des konsensgemäßen Zustandes gegeben sein wird und ob bzw. aus welchen Gründen trotz Herstellung des konsensgemäßen Zustandes die öffentlichen Interessen nicht hinreichend geschützt sein werden. Der erstinstanzliche Gutachter hat dazu lediglich ausgeführt, es sei sowohl ein Vorgehen nach § 138 WRG 1959 als auch nach § 21a leg. cit. angezeigt, ohne letzteres näher zu begründen. Eine genaue Darstellung der nach Erfüllung des Auftrages nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 gegebenen Situation bzw. der Art und des Ausmaßes der verletzten öffentlichen Interessen wäre aber unerläßlich, da nur anhand einer solchen Darstellung beurteilt werden kann, ob die vorgeschriebenen Maßnahmen nach Art, Umfang und zeitlichem Bezug dem § 21a WRG 1959 entspricht.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher in seinem den Auftrag nach § 21a WRG 1959 betreffenden Teil als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben war.
2. Zum Auftrag nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959:
Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.
Unter "eigenmächtig vorgenommenen Neuerungen" sind Maßnahmen zu verstehen, die einer Bewilligung nach dem WRG 1959 bedürfen, für die die erforderliche Bewilligung jedoch nicht vorliegt (vgl. die bei Raschauer, Wasserrecht, Rz. 6 angeführte Rechtsprechung).
Den beschwerdeführenden Parteien stand auf Grund des Bewilligungsbescheides aus dem Jahr 1970 das Recht zur Einleitung mechanisch gereinigter Abwässer im Ausmaß von 36 EGW in den L-Bach zu. Nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Amtssachverständigen für Wasserbautechnik ist aber im Betrieb der Beschwerdeführer ein Abwasseranfall von 120 Betten und dem Restaurantbetrieb im Ausmaß von 49,75 m3/d und einer Belastung entsprechend 22,74 kg BSB5/d gegeben, was hydraulisch einer Belastung von 250 EGW und hinsichtlich der Schmutzfracht einer Belastung von 379 EGW entspricht. Die über 36 EGW hinausgehende Abwasserleitung in den L-Bach ist durch keine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt. Sie stellt daher eine eigenmächtig vorgenommene Neuerung dar. Dieser Zustand führt - wie dem Gutachten der Amtssachverständigen für Wasserbautechnik zu entnehmen ist - zu einer Gewässerverschmutzung. Hiedurch wird das öffentliche Interesse an der Gewässerreinhaltung beeinträchtigt. Die Rückführung auf den konsentierten Zustand liegt daher im öffentlichen Interesse. Die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 sind gegeben. Eine Rechtsgrundlage, auf deren Basis den Beschwerdeführern für die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes eine Frist bis zum möglichen Anschluß an die Gemeindekanalisationsanlage einzuräumen wäre, besteht nicht. Ins Leere gehen auch die Ausführungen der Beschwerdeführer über innerbetriebliche Maßnahmen zur Rückführung der Abwassereinleitung in den L-Bach auf das konsentierte Maß: Der angefochtene Bescheid steht dem nicht entgegen; gelingt eine derartige Rückführung, ist dem Bescheidauftrag ohnehin entsprochen.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde gegen jenen Teil des Bescheides, mit dem den Beschwerdeführern ein wasserpolizeilicher Auftrag nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 erteilt wurde, als unbegründet, weshalb sie in diesem Umfang nach § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Neben dem Schriftsatzaufwand für die Beschwerdergänzung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren war den Beschwerdeführern lediglich der Ersatz der Stempelgebühren für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und für zwei Ausfertigungen der Beschwerdeergänzung zuzuerkennen. Das darüberhinausgehende Mehrbegehren war abzuweisen.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993070063.X00Im RIS seit
12.11.2001