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32/06 Verkehrsteuern;Norm
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 90/16/0174Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde 1.) des F K und 2.) der A K, beide in S, gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 11. Juli 1990, zu 1.) 297/1-9/Mü-1990, und zu 2.) 296/1-9/Mü-1990, beide betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen von § 3 035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom 25. September 1981 sowie einem Nachtrag vom 9. Dezember 1981 erwarben die miteinander verheirateten Beschwerdeführer je zur Hälfte ein inländisches Grundstück um den Kaufpreis von 250.000 S, wobei sie Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG 1955 beantragten.
Nach den von der belangten Behörde vorgelegten Bauakten bewilligte die Gemeinde S auf Grund des von den Beschwerdeführern vorgelegten Einreichplanes zur Errichtung eines Einfamilienwohnhauses mit Bescheid vom 30. April 1982 die Errichtung eines Wohnhauses auf dem den Beschwerdeführern gehörenden inländischen Grundstück. Aus dem Einreichplan ist ersichtlich, daß ein voll unterkellertes, zweigeschoßiges Haus mit zwei Garagen errichtet werden sollte. Im Untergeschoß war die Errichtung zweier Vorräume, zweier Küchen, einer Speis, eines Eßzimmers, eines Wohnzimmers, eines WC, eines Abstellraumes, eines Kinderzimmers und eines Schlafzimmers geplant. Im Obergeschoß war die Errichtung eines Vorraumes, eines Bades, eines WC, zweier Kinderzimmer und eines Schlafzimmers geplant. Die Gesamtnutzfläche der eben aufgezählten Räume sollte laut Einreichplan 155,27 m2 betragen. Neben diesen Räumen sollte im Untergeschoß eine Terrasse, die in eine in die Baufluchtlinie hineinragend Loggia mit rund 6 m2 übergeht, und im Obergeschoß eine Loggia mit 15,80 m2 errichtet werden.
Nachdem das Finanzamt Einsicht in den Einreichplan genommen hatte, setzte es mit zwei gesondert ausgefertigten Bescheiden gegenüber den Beschwerdeführern Grunderwerbsteuer gemäß § 14 Abs 1 Z 2 lit b GrEStG 1955 von je 10.000 S fest, wobei es zur Begründung unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 4 Abs 2 GrEStG 1955 ausführte, das Wohnhaus überschreite die für eine Arbeiterwohnstätte zulässige Nutzfläche von 130 m2.
Mit Berufungen wandten die Beschwerdeführer ein, im nunmehr bereits fertiggestellten Wohnhaus seien, wie sich aus den mit Bescheid der Gemeinde S vom 19. August 1986 bewilligten Änderungsplan ergebe, zwei Wohnungen errichtet worden, wobei die Nutzfläche der ersten Wohnung 129,83 m2 und die der zweiten 50,63 m2 betrage. Von einer Überschreitung der zulässigen Nutzfläche für eine Arbeiterwohnstätte könne daher keine Rede sein, weswegen Grunderwerbsteuer zu Unrecht festgesetzt worden sei.
Aus dem Änderungsplan ist ersichtlich, daß das Garagendach ausgebaut und in Verbindung mit den bereits geplanten Räumen im Untergeschoß (ein Vorraum, eine Küche, ein Wohnzimmer statt Schlafzimmer) nunmehr eine eigene Wohneinheit bestehend aus zwei Vorräumen, Küche, Wohnzimmer, Bad/WC, Abstellraum und Schlafzimmer errichtet wurde.
In abweisenden Berufungsvorentscheidungen hielt das Finanzamt den Beschwerdeführern vor, die zweite Wohnung sollte nach dem Einreichplan eine Nutzfläche von 21,42 m2 aufweisen und weder über ein Bad noch ein WC verfügen. Diese Wohnung wäre auf Grund ihrer Größe und ihrer mangelnden sanitären Ausstattung nicht geeignet, der Befriedigung eines Wohnbedürfnisses zu dienen, weswegen sie nicht als abgeschlossene Wohneinheit anzusehen und somit deren Nutzfläche der der ersten Wohnung hinzuzurechnen sei, wodurch die für eine Arbeiterwohnstätte höchstzulässige Nutzfläche von 130 m2 wesentlich überschritten worden sei. Daran vermöge die nunmehr vorgenommene Änderung bzw Vergrößerung der zweiten Wohnung nichts zu ändern. Denn die Absicht, eine Arbeiterwohnstätte zu errichten, werde bereits aufgegeben, wenn bei der Baubehörde ein Bauplan mit einer Nutzfläche von mehr als 130 m2 eingereicht werde. Die Steuerschuld entstehe im Zeitpunkt der Einreichung des Bauplanes bei der Baubehörde. An der Aufgabe des begünstigten Zweckes ändere es nichts, wenn der Bauplan später geändert werde oder die Ausführung des Bauwerkes abweichend vom Bauplan erfolge.
In den Anträgen auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vertraten die Beschwerdeführer unter teilweiser Wiederholung ihres Vorbringens in den Berufungen die Ansicht, für die Frage, ob eine Arbeiterwohnstätte errichtet und somit Grunderwerbsteuerbefreiung zu gewähren sei, sei nicht die im Einreichplan vorgesehene Nutzfläche, sondern die im Endeffekt tatsächlich errichtete relevant. Die zweite Wohnung stelle nunmehr auf Grund ihrer Größe und ihrer Ausstattung eine abgeschlossene Wohneinheit dar, weswegen deren Nutzfläche nicht der der ersten Wohnung hinzuzurechnen sei.
Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen ab, wobei sie sich in ihrer Begründung den Ausführungen des Finanzamtes unter Hinweis auf die hg Rechtsprechung anschloß und darüber hinaus ausführte, eine einmal verwirkte Ausnahme von der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz lebe später nicht mehr auf. Das Vorbringen, daß ein in der Folge abgeänderter und baubehördlich genehmigter Bauplan sowie vor allem die tatsächliche Bauausführung für die Frage, ob eine Arbeiterwohnstätte errichtet, maßgeblich und somit Grunderwerbsteuerbefreiung zu gewähren sei, sei nicht zielführend.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide geltend gemacht. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 4 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG 1955 verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl Czurda, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1955, § 4, Tz 61 und 73) ist unter einer Wohnung ein in sich abgeschlossener Teil eines Gebäudes zu verstehen, der der Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Wohnungsinhabers und seiner Familie im weitesten Sinn zu dienen bestimmt ist. Es muß sich hiebei um einen baulich in sich abgeschlossenen Teil handeln. Das Wohnbedürfnis umfaßt den Aufenthalt in den Wohnräumen, das Schlafen, das Kochen und Essen, die Möglichkeit der Unterbringung und Aufbewahrung von Kleidung, Wäsche und anderen Habseligkeiten. Die Wohnstätte muß aber nach ihrer Lage und Größe geeignet sein, einem dauernden Wohnbedürfnis zu dienen, wobei deren Nutzfläche nicht weniger als 30 m2 betragen darf. Sie muß auch innerhalb des Wohnverbandes ein WC enthalten.
Die im Einreichplan aufscheinende zweite Wohnung entspricht - wie die Abgabenbehörde zu Recht ausgeführt hat - nicht den eben dargestellten Kriterien einer Wohnung, weil deren Nutzfläche nur 21,42 m2 betragen und sie über keine sanitäre Ausstattung verfügt hätte. Die so geplante zweite Wohnung wäre daher nicht als abgeschlossene Wohneinheit anzusehen gewesen, weswegen deren Nutzfläche der ersten Wohnung hinzuzurechnen gewesen wäre, wodurch die höchstzulässige Nutzfläche von 130 m2 wesentlich überschritten worden wäre.
Die Beschwerdeführer vertreten - wie bereits im Verwaltungsverfahren - die Ansicht, entscheidend für die Gewährung der in Frage stehenden Befreiungsbestimmung sei nicht die zunächst geplante, sondern die tatsächliche und auch baubehördlich genehmigte Bauausführung. Nach dieser seien zwei Wohnungen mit 129,83 m2 und 50,63 m2 errichtet worden, wobei die zweite Wohnung über eine ausreichende sanitäre Ausstattung verfüge.
Mit diesen Ausführungen zeigen die Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide auf. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 28. Juni 1989, 89/16/0095, 0096, mwA), ist die in Frage stehende Befreiungsbestimmung dann nicht mehr anwendbar, wenn abweichend vom ursprünglichen Vorhaben durch die Einreichung des Bauplanes die Absicht manifestiert wird, keine Arbeiterwohnstätte mehr zu errichten. Daran vermag auch eine eventuelle spätere Aufgabe des befreiungsschädlichen Bauvorhabens nichts mehr zu ändern.
Mit dem mit Bescheid der Gemeinde S vom 30. April 1982 genehmigten Einreichplan haben die Beschwerdeführer ihre Absicht, eine Arbeiterwohnstätte zu errichten aufgegeben, weswegen sich die angefochtenen Bescheide schon aus diesem Grund nicht als rechtswidrig erweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich noch zu folgender Feststellung veranlaßt:
Wie sich aus den vorgelegten Bauakten ergibt, haben die Beschwerdeführer auch Loggien mit einer Fläche von rund 6 m2 und 15,80 m2, die sich im Verband der ersten Wohnung befinden, errichtet. Wie der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls in ständiger Rechtssprechung ausgeführt hat (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 11. April 1991, 90/16/0038, mwA), zählen Loggien - das sind zumindest fünfseitig umbaute Räume mit einer freien Öffnung, die nicht über die Baufluchtlinie vorkragt - zur Nutzfläche der Wohnung. Damit übersteigt die Nutzfläche der ersten Wohnung für sich allein bereits wesentlich das Ausmaß der für eine Arbeiterwohnstätte zulässigen Nutzfläche von 130 m2. Auch aus diesem Grund erweisen sich die angefochtenen Bescheide im Ergebnis als nicht rechtswidrig.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1990160173.X00Im RIS seit
03.04.2001