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L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Einstellung des Gesetzesprüfungsverfahrens zur Prüfung von verschiedenen Bestimmungen im Tir VergnügungssteuerG 1982 betreffs die Subsidiaritätshaftung des Eigentümers eines vermieteten Veranstaltungslokals für rückständige Vergnügungssteuer mangels Präjudizialität; gleichheitswidrige Gesetzesauslegung durch Heranziehung des aufgrund erfolgter Überlassung der Räume zur Aufstellung von Spielautomaten an andere Unternehmer nicht mehr unmittelbar verfügungsberechtigten Eigentümers zur Haftung für rückständige VergnügungssteuerSpruch
Die Ö sind durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Tirol ist schuldig, dem beschwerdeführenden Bundesbetrieb zuhanden der Finanzprokuratur die mit 9.270 S bestimmten Kosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Mit Bescheid vom 14. April 1989 nahm der Stadtmagistrat Innsbruck die beschwerdeführenden Ö unter anderem als Haftungspflichtige gemäß §23 Abs3 iVm §4 Abs3 des Tiroler Vergnügungssteuergesetzes 1982, LGBl. 60/1982, für aushaftende Abgabenschuldigkeiten einer Aktiengesellschaft in Anspruch. Diese Abgaben waren der Aktiengesellschaft für das Halten und Betreiben verschiedener Spielapparate in einem im Eigentum der Ö stehenden Geschäftslokal (Viaduktbogen) vorgeschrieben worden. Die gegen diesen Haftungsbescheid erhobene Berufung, in der geltend gemacht wurde, daß die Ö den Viaduktbogen zum Betrieb einer Konditorei an eine andere Gesellschaft (mbH) vermietet hätten und dieser eine Untervermietung untersagt worden sei und daß die Ö von der Benützung als Spielsalon gar keine Kenntnis gehabt hätten, wurde von der Berufungskommission in Abgabensachen mit Bescheid vom 22. Jänner 1990 insoweit als unbegründet abgewiesen.
Die gegen den Berufungsbescheid gerichtete Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof rügt die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie die Verletzung von Rechten durch Anwendung der als verfassungswidrig erachteten Haftungsbestimmung des §23 Abs3 Tiroler Vergnügungssteuergesetz 1982, LGBl. 60/1982.
II. Aus Anlaß (auch) dieser Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §23 Abs3 und von Teilen des damit in Verbindung stehenden §4 Abs3 des Tiroler Vergnügungssteuergesetzes 1982, LGBl. 60/1982, eingeleitet. Mit Erkenntnis vom 26. Juni 1991, G86,137/91 hat er das Gesetzesprüfungsverfahren jedoch mangels Präjudizialität eingestellt.
III. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.
Nach §23 Abs3 TirVgStG haftet neben dem Unternehmer als Gesamtschuldner, wer zur Anmeldung der Veranstaltung verpflichtet ist. Zur Anmeldung verpflichtet ist nach §4 Abs3 und §18 Abs6 TirVgStG neben dem Unternehmer auch der Eigentümer der dazu benutzten Räume oder Grundstücke oder der sonst hierüber Verfügungsberechtigte.
Wie im Prüfungsbeschluß zu G86,137/91 dargelegt ist und von
der Landesregierung eingeräumt wurde - und daher hier nicht weiter
vertieft werden braucht -, würde es unsachlich und damit
gleichheitswidrig sein und einen Verfassungsverstoß darstellen,
wenn der Eigentümer der für eine Vergnügung benutzten Räume oder
Grundstücke auch dann anmelde- und haftungspflichtig würde, wenn
ihm die tatsächliche Herrschaft über diese Räume oder Grundstücke
nicht zukommt. Es ist daher schon aus Gründen verfassungskonformer
Auslegung jener Auffassung der Vorzug zu geben, die den Begriff
"Verfügungsberechtigung" in den §§4 Abs3 und 18 Abs6 TirVgStG
als einen Hinweis auf die Möglichkeit versteht, die
abgabepflichtige Veranstaltung zuzulassen oder zu verhindern. Die
Wortfolge "Eigentümer ... oder ... sonst hierüber
Verfügungsberechtigte" in §4 Abs3 und §18 Abs6 kann dann
(arg. "oder ... sonst") dahin verstanden werden, daß der Eigentümer
nur für den Fall verpflichtet ist, als nicht ein anderer die Sache in seiner unmittelbaren Gewahrsame hat. Da unstrittig ist, daß die zur Haftung herangezogenen Ö die Räume, in denen Spielapparate betrieben wurden, anderen Unternehmern zur Benützung für deren eigene Zwecke überlassen und damit die unmittelbare tatsächliche Herrschaft über die Sache aufgegeben hatten, war das (nur wegen seines Zusammenhanges mit §23 Abs3 auch gegen §4 Abs3 gerichtete) Gesetzesprüfungsverfahren einzustellen. Zugleich hat sich erwiesen, daß die Behörde durch die Heranziehung der Ö zur Haftung dem Gesetz einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt hat. Die Annahme, diese seien im Sinne der §§4 Abs3 und 18 Abs6 TirVgStG zur Anmeldung der Veranstaltung bzw. Aufstellung der Spielautomaten verpflichtet gewesen, unterstellt dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt.
Damit verletzt der angefochtene Bescheid die beschwerdeführenden Ö in ihrem Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz. Er ist daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG.
Schlagworte
VfGH / Anlaßfall, Auslegung verfassungskonforme, Vergnügungssteuer, Haftung, SpielautomatenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:B513.1990Dokumentnummer
JFT_10089372_90B00513_00