TE Vwgh Beschluss 1994/1/21 93/09/0468

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Veröffentlicht am 21.01.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita idF 1990/450;
VStG §45 Abs1 Z1;
VwGG §33a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des LAA NÖ gegen den Bescheid des UVS im Land NÖ vom 19. Oktober 1993, Zl. Senat-WU-91-025, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (mP: O, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F, W; weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei (mP) wurde mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 3. September 1991 gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu zwei Geldstrafen von je S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen: je drei Tage) verurteilt, weil sie die Beschäftigung von zwei polnischen Staatsbürgern als Maurer zu verantworten habe, für die weder Beschäftigungsbewilligungen erteilt noch Befreiungsscheine ausgestellt worden seien.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. Oktober 1993 hat die belangte Behörde der von der mP dagegen erhobenen Berufung Folge gegeben, den erstinstanzlichen Bescheid aufgehoben und gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG die Einstellung des Strafverfahrens verfügt. Begründet wurde dies damit, die mP habe in der mündlichen Berufungsverhandlung angegeben, die beiden Ausländer seien über ihren Auftrag mit der Errichtung einer Einfriedungsmauer und eines Garagenvorplatzes zu einem vereinbarten Pauschalhonorar von S 45.000,-- tätig geworden. Das Material für diese Mauern sei bereits vorhanden gewesen, die Gerätschaften, welche für die Errichtung benützt worden seien, seien von den Ausländern mitgebracht worden. Ihnen sei lediglich das Ergebnis (Herstellung der Mauer) vorgegeben worden; die Durchführung der Arbeiten selbst sei ihnen frei überlassen gewesen. Auch sei die zeitliche Gestaltung der Tätigkeit nicht vorgegeben gewesen. Ein Drittel der vereinbarten Summe sei zu Beginn des Auftrages entrichtet worden. Nach Betretung der beiden Ausländer am 3. November 1990 sei die Fertigstellung durch jene Firma erfolgt, die auch das Einfamilienhaus der mP errichtet habe. Während der ca. einwöchigen Tätigkeit der beiden Ausländer sei die mP lediglich einmal auf die Baustelle gekommen, wobei dies ein Sonntag gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt seien die Ausländer nicht anwesend gewesen. Weisungen, die die Durchführung der Arbeiten betroffen hätten, habe die mP den Ausländern nicht erteilt. Die Einvernahme der beiden Ausländer sowie die Einholung schriftlicher Stellungnahmen durch sie sei nicht möglich gewesen, weil deren Wohnadressen unbekannt seien. Die belangte Behörde wertete diese Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dahin, die beiden Ausländer seien weder in einem Arbeitsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zur mP gestanden, sondern seien selbständig auf Grund eines von der mP erteilten Auftrages "zum Zweck der Werkherstellung" tätig gewesen. Maßgebend für eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. a und b AuslBG sei, daß die Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt werde. Eine persönliche Abhängigkeit der beiden Ausländer sei im Beschwerdefall zweifellos auszuschließen, zumal für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene Arbeitspflicht unterscheidungsfähige Kriterien seien. Aus den Angaben der mP ergebe sich, daß sie entsprechende Weisungen nicht erteilt habe und auch nicht dazu die Befugnis gehabt hätte, da sich die mit den Ausländern getroffene Vereinbarung auf die Ausführung eines Werkergebnisses bezogen habe. Nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung sei daher die Bestimmungsfreiheit der Beschäftigten durch diese Beschäftigung nicht ausgeschaltet oder beschränkt gewesen. Aber auch die für die Qualifikation dieses Verhältnisses als arbeitnehmerähnliches erforderliche wirtschaftliche Unselbständigkeit im Sinne von Fremdbestimmtheit der Ausländer liege im Beschwerdefall nicht vor. Die zur Herstellung des Werkes Verpflichteten seien in bezug auf die ausgeübte Tätigkeit in ihrer Entschlußfähigkeit nicht beschränkt gewesen und hätten sich daher wirtschaftlich nicht in einer Situation befunden, die typischerweise der eines Arbeitnehmers ähnlich sei. Insbesondere spreche auch die kurze (von der mP mit ca. einer Woche angegebene) Dauer der Tätigkeit und die Form der Honorierung - ein Teil des vereinbarten Honorars sei vorweg entrichtet worden, der Rest sei nach Herstellung fällig gewesen - nicht für eine wirtschaftlich der Situation eines Arbeitnehmers ähnliche Position. Aus dem Gesamtbild der zu beurteilenden Beschäftigung ergebe sich, daß es sich nicht um eine dem AuslBG unterliegende Verwendung der Ausländer gehandelt habe.

In ihrer Amtsbeschwerde (§ 28a AuslBG) brachte das Landesarbeitsamt Niederösterreich unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes im wesentlichen vor, die Angaben der mP seien lediglich Schutzbehauptungen. Aus der Anzeige des Fahndungsdienstes der Handelskammer Niederösterreich ergebe sich, daß im Beschwerdefall sehr wohl ein Arbeitsverhältnis vorgelegen sei. Nach den damaligen Angaben der beiden Ausländer seien ihnen Material und Werkzeug von der mP zur Verfügung gestellt worden; sie seien von der mP für diese Tätigkeit angeworben worden, wobei eine Entlohnung von S 50,-- pro Stunde vereinbart worden sei. Außerdem sei die mP täglich auf die Baustelle gekommen, um den Baufortschritt zu kontrollieren. Der Aussage der mP im Berufungsverfahren könne keine "gravierende Aussagekraft" beigemessen werden, weil sie nicht zu einer wahrheitsgetreuen Aussage verpflichtet sei. Mangels Einvernahme der beiden (von der mP als Zeugen beantragten) Ausländer blieben ihre Angaben weiterhin aufrecht.

Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines Unabhängigen Verwaltungssenates in einer Verwaltungsstrafsache mit Beschluß ablehnen, wenn weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Unabhängige Verwaltungssenat von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall liegen die Voraussetzungen für eine Ablehnung im Sinne dieser Gesetzesstelle vor. Eine Strafe wurde im angefochtenen Bescheid nicht verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt auch nicht von der Lösung einer grundsätzlichen Rechtsfrage ab, zumal in der Beschwerde ausschließlich die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft wird. Die im Beschwerdefall zu lösende Rechtsfrage, wann eine Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis bzw. in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis (§ 2 Abs. 2 lit. a und b AuslBG) vorliegt, hat die belangte Behörde im Einklang mit der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst.

Es war daher gemäß § 33a VwGG von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993090468.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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