Index
80/03 Weinrecht;Norm
MethodenV 1989 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des A in N, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 2. Oktober 1990, Zl. 26.039/447-IID15b/90, betreffend Entziehung einer staatlichen Prüfnummer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 2. Oktober 1990 wurde das dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 27. Februar 1990 erteilte Recht zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer xxxx für 2.000 l Weißer Burgunder, Qualitätswein 1989, Weinbaugebiet Donauland - Carnuntum, gemäß § 31 Abs. 9 Z. 1 des Weingesetzes 1985 (WeinG) entzogen und angeordnet, daß die bereits angebrachten staatlichen Prüfnummern entsprechend § 31 Abs. 11 WeinG von den in der Verfügungsgewalt des Beschwerdeführers befindlichen Flaschen zu entfernen seien. Weiters wird im Spruch dieses Bescheides ausgesprochen, die belangte Behörde verlautbare die Entziehung der staatlichen Prüfnummer xxxx gemäß § 31 Abs. 12 WeinG "auf Ihre Kosten" im Amtsblatt zur Wiener Zeitung.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es, auf Grund des Untersuchungsergebnisses der amtlichen Probe vom 3. August 1990, entnommen durch die Bundeskellereiinspektion am 16. Juli 1990, habe sich herausgestellt, daß der Wein entgegen der Methodenverordnung, BGBl. Nr. 495/1989, einen überhöhten und instabilen Gehalt an Kalzium von 282 mg/l aufweise. Der Wein sei einer übermäßigen Entsäuerung unterzogen worden, was auch in der Weinsäurekonzentration von 0,4 g/l eine Bestätigung finde. Das Produkt sei daher entgegen § 3 Abs. 3 WeinG einer Behandlungsweise unterzogen worden, die nicht den Zielen der rationellen Kellerwirtschaft im Sinne des WeinG entspreche. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft habe gemäß § 31 Abs. 9 Z. 1 WeinG das Recht zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer zu entziehen, wenn sich nachträglich herausstelle, daß der Wein den Voraussetzungen für die Erteilung einer staatlichen Prüfnummer nicht oder nicht mehr entspricht. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG sei Parteiengehör gewährt worden. Innerhalb der Frist sei keine Stellungnahme erfolgt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluß vom 17. März 1993, B 1318/90-9, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstatteten Beschwerdeergänzung bringt der Beschwerdeführer vor, die Vorgangsweise der belangten Behörde finde selbst unter Berücksichtigung des festgestellten analytischen Zustandes des gegenständlichen Weines "in den Vorschriften" keine Deckung.
Die Weinsäurekonzentration von 0,4 g/l könne keine Rechtfertigung für die Beurteilung bilden, der Wein sei einer Behandlungsweise unterzogen worden, welche nicht den Zielen der rationellen Kellerwirtschaft im Sinne des WeinG entspreche. Auch der im Wein vorgefundene Gehalt an Kalzium widerspreche nicht den auch für den Beschwerdeführer als Weinbautreibenden relevanten Vorschriften. In der Methodenverordnung sei bloß von einer Toleranz (im Sinne einer möglichen Abweichung vom Analysenergebnis) die Rede; der vorgefundene Gehalt an Kalzium von 282 mg/l sei nicht vorschriftswidrig. Der angefochtene Bescheid enthalte keine dem § 60 AVG entsprechende Begründung. Es sei nicht nachvollziehbar, wie der angefochtene Bescheid von den vorgefundenen Mengen an Kalzium und der Weinsäurekonzentration auf eine Behandlungsweise, die nicht den Zielen der rationellen Kellerwirtschaft im Sinn des WeinG entspreche, schließe. Dazu hätte es allenfalls eines Sachverständigenbeweises bedurft. Einem derartigen Erfordernis entspreche aber ein bloßes Untersuchungsergebnis der amtlichen Probe nicht, weil dieses bloß die Aufgabe habe, die Analyse des Weines wiederzugeben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 31 Abs. 9 Z. 1 WeinG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der WeinG-Novelle 1991 hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft dem Verfügungsberechtigten das Recht zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer zu entziehen, wenn sich nachträglich herausstellt, daß die gemäß Abs. 4 erster Satz erforderlichen Angaben unrichtig waren oder der Wein den Voraussetzungen für die Erteilung einer staatlichen Prüfnummer in sonstiger Weise nicht oder nicht mehr entspricht.
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer staatlichen Prüfnummer ergeben sich aus § 31 Abs. 1 WeinG. Nach dieser Bestimmung ist die staatliche Prüfnummer das Zeichen, das dazu bestimmt ist, österreichischen Qualitätswein und Prädikatswein zu kennzeichnen. Zur Erlangung einer staatlichen Prüfnummer muß eine Probe des Weines den in der Anlage 1 angeführten Untersuchungen unterzogen werden. Es dürfen jedoch weitere erforderliche Untersuchungen durchgeführt werden. Ergibt die Untersuchung der Probe keinen Verdacht, daß die Anforderungen an einen Qualitätswein gemäß § 29 und § 30 nicht gegeben sind, ist die staatliche Prüfnummer zu erteilen. Voraussetzung für die Erteilung der staatlichen Prüfnummer ist demnach, daß der Wein den Anforderungen an einen Qualitätswein gemäß § 29 und § 30 WeinG entspricht. Ist diese Voraussetzung nicht mehr gegeben, ist die Prüfnummer zu entziehen.
Im Beschwerdefall handelt es sich um einen Qualitätswein. Auf ihn sind die Bestimmungen des § 29 WeinG anzuwenden. Nach § 29 Abs. 1 leg. cit. darf Wein unter der Bezeichnung "Qualitätswein" in Verkehr gebracht werden, wenn eine Reihe von näher bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind, darunter auch die, daß der Wein harmonisch und frei von Fehlern ist (§ 29 Abs. 1 Z. 4; die übrigen Voraussetzungen sind im Beschwerdefall nicht relevant).
Die Bestimmung des § 29 Abs. 1 WeinG, daß Wein bei Erfüllung der in den nachfolgenden Ziffern 1 bis 7 aufgestellten Voraussetzungen unter der Bezeichnung "Qaulitätswein" in Verkehr gebracht werden darf, setzt voraus, daß es sich um Wein handelt, der überhaupt, d.h. nach den sonstigen Bestimmungen des WeinG, in Verkehr gebracht werden darf. Die Zulässigkeit des Inverkehrbringens nach den sonstigen Bestimmungen des WeinG gehört daher auch zu den Voraussetzungen für die Erteilung der staatlichen Prüfnummer.
Nach § 6 Abs. 1 WeinG dürfen dem Wein nur solche Stoffe zugesetzt werden, deren Verwendung nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft mit dem Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsgefährdung oder Gesundheitsschädigung vereinbar sind und auf deren Einsatz nach dem Stand der Kellertechnik nicht verzichtet werden kann (Weinbehandlungsmittel).
Nach § 6 Abs. 5 WeinG hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft die Weinbehandlungsmittel, deren Zusetzen unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 zulässig ist, durch Verordnung festzulegen. Hierbei sind nähere Bestimmungen über Beschaffenheit und Anwendung der Mittel aufzunehmen. Insbesondere kann die zulässige Menge nach oben oder unten begrenzt, ein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben oder das Zusetzen nur zur Erreichung bestimmter kellertechnischer Ziele erlaubt werden.
Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides fand sich die im § 6 Abs. 5 WeinG vorgesehene Regelung noch in der nach § 70 Abs. 3 Z. 1 WeinG bis zur Erlassung einer entsprechenden Verordnung nach dem WeinG als Bundesgesetz weiter in Kraft stehenden Verordnung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 7. Dezember 1961 zur Durchführung des Weingesetzes 1961 (Weinverordnung). Diese enthielt keine ausdrückliche Bestimmung über den höchstzulässigen Kalziumgehalt von Wein. Sie erklärte lediglich im § 3 Abs. 1 lit. b reinen gefällten kohlensauren Kalk als zulässigen Zusatz zur Entsäuerung des Weines. Eine Höchstgrenze des aus der Zugabe von reinem gefälltem kohlensauren Kalk resultierenden höchstzulässigen Gehaltes an Kalzium im Wein ergibt sich jedoch aus der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 31. Juli 1989 über Methoden und Toleranzen bei der Untersuchung von Wein und Obstwein, BGBl. Nr. 495/1989 ("Methodenverordnung"). Punkt 19) des Anhanges zu dieser Verordnung sieht vor, daß die Toleranzgrenze 200 mg Kalzium pro Liter Wein beträgt. Bei den in der Methodenverordnung angeführten Toleranzgrenzen handelt es sich um Werte für den jeweiligen höchstzulässigen Gehalt des betreffenden Stoffes im Wein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1993, Zl. 90/10/0142). Die Methodenverordnung enthält demnach, wenngleich sie sich in formeller Hinsicht nur auf § 47 Abs. 11 WeinG stützt, inhaltlich - zulässigerweise - auch Anordnungen im Sinne des § 6 WeinG.
Nach § 58 Abs. 2 WeinG ist Wein, bei dessen Behandlung u.a. den Bestimmungen des § 6 WeinG zuwidergehandelt wurde, verfälschter Wein. Dieser darf nach § 60 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. nicht in Verkehr gebracht werden.
Zusammengefaßt ergibt sich daher folgendes:
Der beschwerdegegenständliche Wein weist einen Kalziumgehalt von 282 mg/l auf. Er überschreitet damit den sich aus der Methodenverordnung ergebenden höchstzulässigen Gehalt von 200 mg/l. Da demnach bei seiner Behandlung den Bestimmungen des § 6 WeinG zuwidergehandelt wurde, ist dieser Wein als verfälscht anzusehen und daher verkehrsunfähig. Die Verkehrsfähigkeit zählt zu den Voraussetzungen für die Erteilung der staatlichen Prüfnummer. Ihr Mangel rechtfertigt den Entzug des Rechtes zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer. Er weist außerdem nicht die Voraussetzung des § 29 Abs. 1 Z. 4 auf, wonach der Wein harmonisch und frei von Fehlern zu sein hat, da Wein, der die zulässigen Höchstgrenzen an Kalzium überschreitet, als fehlerhaft anzusehen ist.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung, BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993100088.X00Im RIS seit
23.11.2001