TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/25 91/11/0118

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Veröffentlicht am 25.01.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
68/02 Sonstiges Sozialrecht;

Norm

ASVG §4 Abs2;
IESG §1 Abs1;
IESG §1 Abs5 Z7;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 24. April 1991, Zl. 39.132/109-3a/91, betreffend Insolvenz-Ausfallgeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf die hg. Erkenntnisse vom 25. Oktober 1983, Zl. 83/11/0137, und vom 23. Oktober 1990, Zl. 89/11/0226, verwiesen. Mit dem zuletzt genannten Erkenntnis wurde ein Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 25. Mai 1989 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Mit diesem Bescheid hatte der Bundesminister für Arbeit und Soziales (als gemäß § 73 Abs. 2 AVG zuständig gewordene Berufungsbehörde) den Antrag des Beschwerdeführers vom 20. Mai 1980 auf Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld für behauptete offene Ansprüche (an Gehalt für die Zeit vom 1. Dezember 1979 bis 15. Mai 1980 im Gesamtbetrag von S 88.000,-- netto, an Sonderzahlungen für die Zeit vom 15. September 1979 bis 15. Juli 1980 im Betrag von

S 20.000,-- netto, an Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 16. Mai bis 31. Juli 1980 im Betrag von S 40.000,-- netto) gegen die "T-GesmbH, hinsichtlich derer mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 9. Mai 1980, AZ Sa 29/80, das Ausgleichsverfahren eröffnet worden war, abgewiesen.

In der Begründung des oben genannten Erkenntnisses vom 23. Oktober 1990 führte der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine Vorjudikatur aus, daß für den Bereich des IESG der Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsvertragsrechtes maßgebend sei. Die Frage, ob ein die sozialversicherungsrechtliche Versicherungspflicht begründendes Beschäftigungsverhältnis bestanden habe, sei für den Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld für sich allein nicht von Bedeutung. Die belangte Behörde habe daher die Rechtslage verkannt, wenn sie sich in der Begründung ihres Bescheides mit dem Hinweis begnügt habe, auf Grund ihres rechtskräftigen Bescheides vom 21. Mai 1987, der mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1988, Zl. 87/08/0258, bestätigt worden sei, stehe fest, daß der Beschwerdeführer in der angegebenen Zeit in keinem die Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis zur genannten Gesellschaft gestanden sei. Die belangte Behörde habe es somit auf Grund ihrer verfehlten Rechtsansicht unterlassen, Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, auf Grund derer das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 1 IESG hätte beurteilt werden können.

2. Mit Bescheid vom 24. April 1991 wies der Bundesminister für Arbeit und Soziales als Berufungsbehörde neuerlich den Antrag des Beschwerdeführers vom 20. Mai 1980 auf Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld ab.

In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei Gesellschafter mit beherrschendem Einfluß bei der genannten Gesellschaft gewesen. Im Gegensatz zu seinen Behauptungen sei er nicht bloß mit 10 % (richtig 5 %) an der Gesellschaft beteiligt gewesen, sondern hätten ihm alle Geschäftsanteile gehört, wobei hinsichtlich 90 % (richtig 95 % der Geschäftsanteile seine Mutter als Treuhänder fungiert habe. Dies ergebe sich aus ihrer Zeugenaussage, die vom Vater des Beschwerdeführers bestätigt worden sei. Auch die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem die Versicherungspflicht betreffenden Erkenntnis vom 13. Oktober 1988, Zl. 87/08/0258, stünden damit im Einklang. Dem Beschwerdeführer stehe daher kein Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld zu.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

II.

1.1. Gemäß § 1 Abs. 1 IESG in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 580/1980 haben Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld Arbeitnehmer, ehemalige Arbeitnehmer sowie ihre Hinterbliebenen (Anspruchsberechtigte) für die nach Abs. 2 gesicherten Ansprüche, wenn über das Vermögen ihres Arbeitgebers (ehemaligen Arbeitgebers) im Inland der Konkurs eröffnet wird. Der Konkurseröffnung steht unter anderem die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens gleich.

1.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem eingangs genannten Erkenntnis vom 25. Oktober 1983, Zl. 83/11/0137, ausgeführt hat, kommt es bei der Beurteilung der Frage, ob ein Gesellschafter als Arbeitnehmer der Gesellschaft anzusehen ist, nicht nur auf den zwischen der Gesellschaft (vertreten durch den Geschäftsführer) und dem Gesellschafter abgeschlossenen, seine Beschäftigung begründenden Vertrag an, sondern auch auf seine Beteiligungsrechte. Kann er nämlich kraft seiner Beteiligung die Ausübung der dem Geschäftsführer als Vertreter der Gesellschaft m.b.H. ihm als Beschäftigten gegenüber zukommenden Weisungsmacht verhindern, so ist seine Arbeitnehmereigenschaft zu verneinen.

2.1. Die belangte Behörde hat als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer Inhaber aller Geschäftsanteile gewesen sei, wobei seine Mutter hinsichtlich der Mehrheitsanteile als Treuhänder fungiert habe.

Der Beschwerdeführer bekämpft diese entscheidungswesentliche Feststellung mit der Behauptung, seine Mutter sei zu einem Zeitpunkt vernommen worden, zu dem jeder medizinische Laie habe erkennen können, daß sie nicht mehr in der Lage gewesen sei, "rechtsgeschäftlich tätig zu werden". Sie habe einen Gehirnschlag erlitten, weshalb anzunehmen sei, daß sie zum Zeitpunkt ihrer Vernehmung nicht mehr gewußt habe, was man von ihr gewollt habe, weshalb ihre Aussage unbeachtlich sei. Die belangte Behörde habe es verabsäumt, ein ärztliches Gutachten über den Gesundheitszustand seiner Mutter im Zeitpunkt ihrer Vernehmung einzuholen sowie die Krankengeschichte beizuschaffen.

2.2. Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer weder eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides noch einen Verfahrensmangel darzutun. Abgesehen davon, daß sich aus dem Akteninhalt kein konkreter Anhaltspunkt für die Annahme ergibt, die Zeugin O sei im Zeitpunkt ihrer Vernehmung am 2. Juli 1984 zur Mitteilung ihrer Wahrnehmungen unfähig gewesen, weshalb ihre Vernehmung im Grunde des § 48 Z. 1 AVG hätte unterbleiben müssen, begegnet die bekämpfte Feststellung auch deshalb keinen Bedenken, weil sie sich nicht allein auf die Aussage dieser Zeugin, sondern auch auf die gleichlautenden Angaben des J stützt. Mit diesen Aussagen im Einklang stehen zudem die Angaben des H (anläßlich seiner Zeugenvernehmung vor dem Arbeitsgericht Wien vom 27. Februar 1985 und seiner zeugenschaftlichen Vernehmung durch das Arbeitsamt Versicherungsdienste vom 27. November 1985). Dazu kommt, daß - worauf bereits in dem hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1988, Zl. 87/08/0258, hingewiesen wurde - der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren betreffend die Versicherungspflicht die im bisherigen Verfahren erhobene Behauptung, seine Mutter sei Mehrheitsbeteiligte gewesen, nicht mehr aufrecht erhalten und vorgebracht hat, eine andere Person, nämlich F, sei in Wahrheit Inhaber der Mehrheitsanteile gewesen, was dieser allerdings bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung durch das Landesarbeitsamt Wien vom 14. Februar 1986 ausdrücklich bestritten hat und wofür der Beschwerdeführer keine Nachweise vorlegen konnte. Gegen die vom Beschwerdeführer bekämpften Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde bestehen somit keine Bedenken.

3. Ausgehend von diesen Feststellungen ist die Arbeitnehmereigenschaft des Beschwerdeführers zu der genannten Gesellschaft im Sine des zu II.1.1. Gesagten zu verneinen, weil er als Minderheitsgesellschafter und Treugeber des Mehrheitsgesellschafters die Ausübung der dem Geschäftsführer ihm als Beschäftigten gegenüber zukommenden Weisungsmacht verhindern konnte.

Soweit die belangte Behörde bei der Beurteilung der Rechtsfrage ausführt, der Beschwerdeführer sei "im Sinne des § 1 Abs. 5 Z. 7 IESG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 580/1980, als ausgeschlossene Person anzusehen", ist dies zwar unrichtig, weil der maßgebliche Gesetzestext eine solche Bestimmung nicht enthält, doch verletzt diese Rechtswidrigkeit nicht das subjektive Recht des Beschwerdeführers auf Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld, weil ihm dieses Recht mangels Arbeitnehmereigenschaft nicht zusteht.

4. Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Besondere Rechtsprobleme Verhältnis zu anderen Normen Materien Sozialversicherung Handelsrecht Gesellschaftsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1991110118.X00

Im RIS seit

27.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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