TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/25 93/04/0153

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Veröffentlicht am 25.01.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §8;
GewO 1973 §356 Abs3;
GewO 1973 §74 Abs2 Z4;
GewO 1973 §74 Abs2;
VwGG §48 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs3 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde 1. der AB und wieterer 14 Bf, alle in B und alle vertreten durch Dr. Y, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des BMwA vom 22. April 1993, Zl. 314.080/2-III/3/93, betreffend Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: Z-Gesellschaft m.b.H. in B, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in B),

Spruch

1) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit sie von den Erst- bis Neunt-, von den Elft- und Zwölft- sowie von den Vierzehnt- und Fünfzehntbeschwerdeführern erhoben wurde, zurückgewiesen.

2) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird, soweit sie von den Zehnt- und Dreizehntbeschwerdeführern erhoben wurde, als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Kundmachung vom 29. Juni 1989 wurde von der Bezirkshauptmannschaft für den 26. Juli 1989 eine Augenscheinsverhandlung über das Ansuchen der mitbeteiligten Partei "um die Erteilung der gewerbepolizeilichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Neu- bzw. Zubaues beim Bestand in B, R 9," anberaumt. Die Kundmachung enthält (neben dem Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG) die Rechtsbelehrung, daß gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 nur jene Nachbarn Partei sind, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1973 erheben, und zwar vom Zeitpunkt dieser Einwendungen an.

Am 25. Juli 1989 wurde ein Schriftsatz bei der Bezirkshauptmannschaft eingebracht, der - unter anderem - von den Erst- bis Neunt- sowie Vierzehnt- und Fünfzehntbeschwerdeführern unterzeichnet ist. Der Schriftsatz hat folgenden Wortlaut:

"Einwendungen gem § 74 ff. GewO zur gewerberechtlichen Verhandlung der Fa. Z zur Erweiterung der Betriebsanlage im R. Die unterzeichneten Nachbarn der zu genehmigenden Betriebsanlage erheben folgende Einwendungen:

1. Es wird befürchtet, daß die Erweiterung der Betriebsanlage und die dadurch entstehenden Emissionen die Gesundheit und auch das Eigentum gefährden und belästigen.

2. Es wird befürchtet, daß durch den zu erwartenden stark zunehmenden Verkehr im gewidmeten Wohngebiet und Mischgebiet das Leben und die Gesundheit vor allem auch der Kinder gefährdet wird.

3. Es wird befürchtet, daß durch den Bau nachteilige Einwirkungen auf das Grundwasser entstehen.

4. Durch die späte Zustellung der Ladung (Di. 18.7.) und dadurch, daß die Ladung nicht in den Häusern angeschlagen wurden, haben viele der unterzeichneten Nachbarn erst am Freitag 21. oder Samstag 22.7. von der auf Mittwoch 26.7. anberaumten gewerberechtlichen Verhandlung erfahren, so daß eine umfassende Vorbereitung nicht möglich war. Auch wurde der Umstand nicht berücksichtigt, daß Urlaubszeit ist. Eine Vorbereitung war auch deshalb nicht möglich, da die bei der Bezirkshauptmannschaft aufgelegten Unterlagen unvollständig und mangelhaft waren (zB. mangelhafte bzw. fehlende Angaben über neu hinzukommende Maschinen und andere Einrichtungen). Bekannte Nachbarn wurden nicht schriftlichen geladen.

Es werden daher folgende Anträge gestellt:

1. Die anberaumte Verhandlung ist wegen Ladungsmängel, wegen der zu kurzen Vorbereitungszeit und wegen der unvollständigen Unterlagen zu vertagen.

2. Da viele der unterzeichneten Nachbarn in reinem Wohngebiet, das direkt an das Betriebsgebiet anschließt, wohnen, und erst kürzlich eine Umwidmung von Mischgebiet in Betriebsgebiet erfolgte (dabei wurde kein öffentliches Auflageverfahren durchgeführt, somit hatten nicht alle Beteiligten die Möglichkeit eine Stellungnahme abzugeben), ist der Istzustand an Immissionen (unter Berücksichtigung von nur behördlich genehmigten Betriebsanlagen) zu ermitteln und vorzulegen.

3. Es ist die Zunahme der gesamten Belastungen durch die Betriebsanlage und den damit verbundenen zunehmenden Verkehr zu ermitteln und vorzulegen.

4. Nach dem Vorlegen dieser Unterlagen ist den unterzeichneten Nachbarn die Möglichkeit zu geben, eine Stellungnahme abzugeben."

Der über die am 26. Juli 1989 durchgeführte Augenscheinsverhandlung aufgenommenen Verhandlungsschrift ist ein Schriftsatz mit folgendem Inhalt angeschlossen (der u.a. von einer Reihe der oben bezeichneten Beschwerdeführer gefertigt ist):

"Vorzubringende und in die Verhandlungsschrift aufzunehmende Einwendungen und Anträge im gewerbepolizeilichen Verfahren.

1. Die schriftlich eingebrachten Einwendungen und Anträge bleiben weiterhin aufrecht.

2. Es wird gerügt, daß dem schriftlich eingebrachten Vertagungsantrag nicht entsprochen wurde. Durch die Nichtabsetzung der heutigen Verhandlung wurde den Betroffenen die Möglichkeit genommen, entsprechend vorbereitet erscheinen zu können, zumal viele Nachbarn erst am Samstag dem 22.7.89 von der Verhandlung erfahren haben und zudem wegen der Urlaubszeit auch nicht alle Nachbarn von der Verhandlung Kenntnis erlangt haben. Zudem wurde die Ladung nicht in den umliegenden Häusern angeschlagen.

3. Der Antragsteller hat es versäumt, die nach § 353 der GewO dem Antrag anzuschließenden Unterlagen vorzulegen. Daher war eine umfassende Vorbereitung nicht möglich.

Es wird daher neuerlich ersucht:

-

die Verhandlung zu vertagen,

-

den Antragsteller zu verpflichten, die nach § 353 der Gewerbeordnung anzuschließenden Unterlagen nachzureichen.

Es wird daher beantragt

daß ein Lärmgutachten und ein medizinisches Gutachten eingeholt wird,

daß ein verkehrstechnisches Gutachten eingeholt wird, daß der gesamte bisherige Akt beigeschafft wird und festgestellt wird, welche Anlagenteile bis jetzt nicht genehmigt wurden,

daß die bis jetzt noch nicht genehmigten Anlagenteile in dieses Verfahren einbezogen werden,

daß sämtliche für die Raumplanung relevanten Daten beigeschafft werden insbesondere auch der Umwidmungsakt in Betriebsgebiet. Die eingehende Begründung für diese Anträge wird schriftlich nachgereicht, falls der Verhandlungsleiter mit Zustimmung des Antragstellers aufgrund der Ferienzeit eine mindestens sechswöchige Frist ab Zustellung der Niederschrift an mich einräumt."

Am 9. August 1989 wurde bei der Bezirkshauptmannschaft B folgender, von den Zehnt- und Dreizehntbeschwerdeführer unterfertigter Schriftsatz eingebracht:

"Einwendungen gem. § 74 ff GewO zur gewerberechtlichen Verhandlung der Firma Z zur Erweiterung der Betriebsanlage im R.

1.

Es erfolgte keine Zustellung einer Ladung.

Da dies kein Einzelfall ist, sondern anscheinend System hat, möchten wir die Zuständigen bei der Bezirkshauptmannschaft dringend ersuchen, mit den zuständigen Stellen beim Amt der Stadt B vorstellig zu werden. Es kann nicht angehen, daß wirklich betroffene Anrainer nicht informiert werden. Eine Entschuldigung allein hilft den uninformierten Anrainern später nicht.

2.

Wir befürchten eine Beeinträchtigung der Gesundheit durch die Emissionen der Firma Z, einerseits durch Emissionen aus dem Kamin andererseits durch Emissionen durch die zu- und abfahrenden LKWs.

3.

Weiters befürchten wir eine starke Zunahme des LKW-Verkehrs, da ja die Firma Z beabsichtigt zwei Außenlager aufzulassen und zum Standort R zu verlegen. Schon jetzt kommen an normalen Arbeitstagen bis zu 24 LKWs, an Spitzentagen über 35 LKWs.

4.

Die neue Zufahrt für die LKWs über die W-Straße ist völlig unannehmbar. Ein verkehrstechn. Gutachten ist erforderlichÜ

5.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Firma Z im zukünftigen Areal weitere Bandöfen usw. installiert, was wiederum zu einer großen Beeinträchtigung und Belästigung durch Abgase und Gerüche führen würde. Schon jetzt haben diese Belästigungen ein unzumutbares Ausmaß erreicht. Siehe Aussage Fr. Dr. H 10.5.1989.

6.

Nachteilige Auswirkungen auf das Grundwasser können nicht ausgeschlossen werden.

7.

Es wird ersucht, die Möglichkeit zu prüfen, den ganzen Bau mehr in die Tiefe zu verlegen. Wenn der Bau nur 5 m tiefer gebaut wird, wäre die Gesamthöhe von 13 m auch für die Anrainer besser zu verkraften.

Die Markierung mittels Luftballons war für viele Anrainer nicht ausreichend, mangels Erfahrung konnten sich viele den Bau und seinen Umfang nicht vorstellen.

Weiters schließen wir uns den Forderungen und Einwänden der anderen Anrainer, die bereits bei Ihnen schriftlich hinterlegt wurden, an."

In der Folge wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 12. April 1990 der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Neu- bzw. Zubaues bei der bestehenden Betriebsanlage in B, R, unter Vorschreibung verschiedener Auflagen erteilt und (unter Spruchteil II) die Einwendungen u.a. der Beschwerdeführer "bezüglich Auswirkungen durch verstärkten Verkehr auf dem W ... gemäß den §§ 75 Abs. 2, 77 Abs. 2 und 356 GewO 1973 zurückgewiesen" sowie "bezüglich Gesundheitsgefährdung und Gefährdung des Eigentums bzw. Belästigung durch die Erweiterung der Betriebsanlage und die dadurch entstehenden Emissionen, sowie die Einwendungen bezüglich des zu erwartenden zunehmenden Verkehrs bzw. die Befürchtung, daß das Leben und die Gesundheit vor allem auch der Kinder gefährdet werden, sowie die Einwendungen bezüglich nachteilige Einwirkungen auf das Grundwasser ... gemäß den §§ 75 und 356 ff GewO 1973 als unbegründet abgewiesen".

Den gegen diesen Bescheid u.a. von den Beschwerdeführern erhobenen Berufungen gab der Landeshauptmann von Vorarlberg mit Bescheid vom 28. Jänner 1991 insoweit Folge, daß der Einleitungssatz des Spruches zu lauten hat: "Gemäß den §§ 81, 74, 77 und 353 ff GewO 1973, i.d.g.F., i.V.m. § 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl. Nr. 234/1972, i.d.g.F., wird der Z-Gesellschaft m.b.H., B, R 9, die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung des Hochregallagers sowie der Zu- und Umbauten bei der bestehenden Betriebsanlage auf den Gpn. 2016, 2018, 2019, 2020, 2026, 2030, 2032/1, 2033/1, KG B, nach Maßgabe des festgestellten Sachverhaltes sowie der vorgelegten Plan- und Beschreibungsunterlagen unter Vorschreibung nachfolgender Auflagen erteilt;" weiters wurden die Auflagenvorschreibungen geändert sowie die Betriebsbewilligung unter Zulassung eines einjährigen Probebetriebes vorbehalten.

Auch gegen diesen Bescheid erhoben u.a. die Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid vom 22. April 1993 erkannte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten dahin, daß eine Reihe von Plänen und Unterlagen "- unter Vorrang gegenüber einen Bestandteil der vorinstanzlichen Bescheide bildenden Pläne und Unterlagen - einen Bestandteil der mit diesem Bescheid erteilten Genehmigung" bilden. Weiters wurde die Betriebsbeschreibung - "mit Vorrang gegenüber in den vorinstanzlichen Bescheiden gegebenen Betriebsbeschreibungen" - ergänzt sowie ausgesprochen, daß "lit. j des angefochtenen Bescheides entfällt" (Vorbehalt der Betriebsbewilligung unter Zulassung eines einjährigen Probebetriebes).

In der Begründung dieses Bescheides werden die im drittinstanzlichen Verfahren anläßlich der Augenscheinsverhandlung am 11. und 12. März 1992 erstatteten Befunde und Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen sowie des medizinischen Sachverständigen wiedergegeben. Vom gewerbetechnischen Sachverständigen wurde hiebei u.a. ausgeführt:

"Zur Frage einer etwaigen Auswirkung auf die Zahl der LKW-Fahrten der Warenauslieferung ist festzuhalten, daß es erst bei einer Verdoppelung der Lagerkapazität im Zusammenhang mit dem beantragten Vorhaben im Vergleich zur derzeitigen Kapazität der für die Auflassung vorgesehenen Außenlager rein mathematisch zu einer Ausweitung der Zahl der Auslieferungsfahrten kommen könnte. Dies erklärt sich daraus, daß gegenwärtig die angelieferte Ware entweder in der Betriebsanlage verbleibt oder von dieser zu den Außenlagern gebracht wird. Eine direkte Auslieferung von den Außenlagern erfolgt jedoch nicht, sondern es werden die Waren stets erneut zur Betriebsanlage zurückgebracht und von dieser neuerlich ausgeliefert. Die 'Auslieferungsfahrten' zwischen Betriebsanlage und Außenlager entfallen durch das gegenständliche Projekt. Daraus ergibt sich, daß auch bei einer Erhöhung der Kapazität der Warenlager in der Betriebsanlage laut beantragtem Vorhaben (118 % des Lagervolumens der Außenlager) noch keine Erhöhung der Zahl der Auslieferungsfahrten entstehen kann. Dies wurde im Rahmen der Besichtigung des Außenlagers H-straße beim gestrigen Augenschein glaubwürdig nachgewiesen."

Im Rahmen seiner rechtlichen Erwägungen führte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten u.a. aus, Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei die Frage, ob und gegebenenfalls welche Nachbarn durch verfahrensgegenständliche betriebskausale Immissionen im Sinne des § 77 Abs. 2 GewO 1973 unzumutbar belästigt oder gar in ihrer Gesundheit gefährdet werden könnten. Dabei sei zum Umfang des Verfahrensgegenstandes festzuhalten, daß sich keine Anhaltspunkte für eine Anwendbarkeit des § 81 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 (Ausdehnung des Verfahrensgegenstandes auch auf den genehmigten Altbestand) ergeben hätten, weil auch die künftige geringfügige Erhöhung der Kapazität der Warenlager (118 % des bisherigen Lagervolumens der nunmehr konsensgemäß aufgelassenen Außenlager) nicht durch eine Ausweitung der Zahl der Auslieferungsfahrten, sondern im Gegenteil eine Verringerung bewirken könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Die vorliegende Beschwerde ist, soweit sie von den Erstbis Neunt-, Elft- und Zwölft- sowie Vierzehnt- und Fünfzehntbeschwerdeführern erhoben wurde, nicht zulässig.

Zur Frage der Begründung der Parteistellung durch die Erhebung von Einwendungen im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1973 wird in der Beschwerde auf den oben wörtlich wiedergegebenen Schriftsatz vom 25. Juli 1989 verwiesen.

Im Grunde des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

In den in der Gewerbeordnung 1973 - in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992 - festgelegten Nachbarrechten können Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 leg. cit. durch einen nach § 77 oder § 81 i.V.m. § 77 leg. cit. ergehenden Genehmigungsbescheid nur im Rahmen ihrer nach § 356 Abs. 3 leg. cit. rechtzeitig erhobenen Einwendungen, mit denen sie ihre Parteistellung im Genehmigungsverfahren begründet haben, verletzt werden (vgl. den hg. Beschluß vom 19. Oktober 1993, Zl. 92/04/0237).

Gemäß § 75 Abs. 2 GewO 1973 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Zufolge der Regelung des § 356 Abs. 3 leg. cit. sind im Verfahren über ein Ansuchen um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage nur Nachbarn, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, Parteien, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.

Gemäß § 356 Abs. 3 zweiter Satz GewO 1973 darf ein Nachbar seine Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 und 5 leg. cit. auch nach Abschluß der Augenscheinsverhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen und ist vom Zeitpunkt seiner Einwendungen an Partei, wenn er der Behörde nachweist, daß er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach dem ersten Satz dieser Gesetzesstelle zu erlangen; solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Augenscheinsverhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden.

Eine Einwendung im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1973 liegt nur dann vor, wenn der Beteiligte (hier: der Nachbar) die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muß jedenfalls entnommen werden können, daß überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird, und ferner, welcher Art dieses Recht ist. Das heißt, es muß auf einen oder mehrere der im § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1973, im Fall des § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. auf einen oder mehrere der dort vorgesehenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder eine "in anderer Weise" auftretende Einwirkung) abgestellt sein. Die Erlangung einer Parteistellung durch Nachbarn im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1973 setzt das Vorliegen derart qualifizierter Einwendungen voraus (siehe hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1993, Zl. 92/04/0144, und die dort zitierte Vorjudikatur). Ein lediglich allgemein gehaltenes, nicht auf die konkreten Verhältnisse des Beteiligten abgestelltes Vorbringen stellt begrifflich keine Behauptung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes im Sinne des Rechtsbegriffes einer Einwendung dar (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1993, Zl. 92/04/0144).

Nach dem der verwaltungsgerichtlichen Prüfung zugrundezulegenden objektiv erkennbaren Wortlaut des Schriftsatzes vom 25. Juli 1989 handelt es sich hiebei um kein Vorbringen, welches als Einwendung im oben aufgezeigten Sinne anzusehen ist, da sich aus dieser Erklärung eine Konkretisierung im Sinne der dargestellten gesetzlichen Tatbestandserfordernisse, insbesondere in Ansehung der hiefür erforderlichen sachverhaltsmäßigen Bezugspunkte als Voraussetzung für eine Gefährdung der Gesundheit, des Eigentums oder auch einer nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer nicht einmal ansatzweise erkennen läßt. Soweit der Belästigungsschutz im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 in Anspruch genommen werden sollte, so läßt sich dem genannten Schriftsatz - abgesehen vom Fehlen der erforderlichen sachverhaltsmäßigen Bezugspunkte - nicht einmal entnehmen, auf welche der im § 74 Abs. 2 Z. 2 vorgesehenen Alternativtatbestände abgestellt wird. Diesbezüglich ist daher nicht einmal erkennbar, im Rahmen welcher der im § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 vorgesehenen Alternativtatbestände Parteienrechte begründet worden wären (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 29. November 1979, Slg. N.F. Nr. 9979/A).

Soweit aber unter dem Gesichtspunkt des "stark zunehmenden Verkehrs im gewidmeten Wohngebiet und Mischgebiet" der Schutz der öffentlichen Interessen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 4 GewO 1973 angesprochen wird, so obliegt dieser der Gewerbebehörde von Amts wegen, wobei der Gemeinde gemäß § 355 leg. cit. bezüglich dieser Fragen im Rahmen ihres Wirkungsbereiches ein Mitspracherecht zukommt. Diese Bestimmung räumt den Nachbarn keine Stellung ein, deren Beeinträchtigung von ihnen als Verletzung ihrer subjektiven-öffentlichen Interessen geltend gemacht werden könnte (vgl. dazu etwa schon das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 1976, Slg. N.F. Nr. 9212/A).

Aber auch die in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegebene Erklärung ("vorzubringende und in die Verhandlungsschrift aufzunehmende Einwendungen und Anträge im gewerbepolizeilichen Verfahren") beinhaltet keine rechtserhebliche Einwendung im oben dargestellten Sinn. Wird doch diesbezüglich lediglich ausgeführt: "Die schriftlich eingebrachten Einwendungen und Anträge bleiben weiterhin aufrecht."

Da es für die Beschwerdeberechtigung lediglich darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles in einem Recht verletzt sein konnte und nicht darauf, ob ihm in dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren die Stellung einer Partei eingeräumt wurde (vgl. u.a. den hg. Beschluß vom 9. November 1983, Slg. N.F. Nr. 11.215/A), war daher aus den dargelegten Gründen die Beschwerde, soweit sie von den Erstbis Neunt- sowie Vierzehnt- und Fünfzehntbeschwerdeführern erhoben wurde, zufolge des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Soweit sich die Beschwerde hinsichtlich (sämtlicher) Beschwerdeführer auf den Schriftsatz vom 25. Juli 1989 beruft, so steht dies mit der Aktenlage insoweit im Widerspruch, als dieser Schriftsatz lediglich (unter anderem) von den vorgenannten Beschwerdeführern unterfertigt wurde, nicht jedoch von den Zehnt- bis Dreizehntbeschwerdeführern.

Da - wie unten darzulegen sein wird - (konkretisierte) Einwendungen lediglich die Zehnt- und Dreizehntbeschwerdeführer (mit dem Schriftsatz vom 9. August 1989) erhoben haben, war die Beschwerde auch, soweit sie von den Elft- und Zwölftbeschwerdeführern erhoben wurde, zufolge des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Bezüglich der Beschwerde der Zehnt- und Dreizehntbeschwerdeführer hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in dem "Recht auf Versagung der gewerbebehördlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Neu- bzw. Zubaues bei der bestehenden Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei verletzt".

In Ausführung dieses Beschwerdepunktes wird in Ansehung der Zehnt- und Dreizehntbeschwerdeführer im wesentlichen vorgebracht, durch Überschreiten des Grundgeräuschpegels (bei den Zehnt- und Dreizehntbeschwerdeführern um 15 dB) würden die Beschwerdeführer durch Lärmimmissionen (unter Bezugnahme auf die Richtlinie Nr. 3 des österreichischen Arbeitsringes für Lärmbekämpfung) unzumutbar belästigt. Weiters bewirke die projektierte Betriebsanlage eine Vermehrung der Gesamtimmissionen. Durch die Änderung der Betriebsanlage würden auch durch die bestehende, bereits genehmigte Anlage größere Immissionen ausgelöst. Nach § 81 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 habe die Genehmigung auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 GewO 1973 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich sei. "Nach Maßgabe des Sachverhaltes" habe die Genehmigung der Änderung insoweit und diesbezüglich auch die bereits genehmigte Anlage zu umfassen. Da die Genehmigung lediglich die projektierte Betriebsanlage umfasse, hafte dem angefochtenen Bescheid eine weitere Rechtswidrigkeit an.

Im Hinblick auf den bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Schriftsatz vom 9. August 1989 haben die Zehnt- und Dreizehntbeschwerdeführer konkretisierte Einwendungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 erhoben. Läßt sich doch daraus eine Konkretisierung im Sinne der dargestellten gesetzlichen Tatbestandserfordernisse, insbesondere auch hinsichtlich der hiefür erforderlichen sachverhaltsmäßigen Bezugspunkte, als Voraussetzung für eine Gefährdung der Gesundheit der Beschwerdeführer erkennen.

Nach dem oben Gesagten haben die genannten Beschwerdeführer jedoch keine Parteistellung - mangels hinreichender Konkretisierung - im Rahmen des Tatbestandes des § 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973 erlangt. Ebenso konnten die genannten Beschwerdeführer, soweit der Schutz öffentlicher Interessen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 4 GewO 1973 angesprochen wird, - wie bereits ausgeführt - in ihren subjektiven-öffentlichen Interessen nicht verletzt werden.

Mangels einer Bezugnahme auf das verfahrensgegenständliche Projekt ("Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß ... installiert, ...") erlangten die genannten Beschwerdeführer auch keine Parteistellung im Rahmen des Belästigungsschutzes im Grunde des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973. Soweit daher in der Beschwerde eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte im Grunde des Belästigungsschutzes im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 geltend gemacht wird, liegt eine Rechtsverletzungsmöglichkeit nicht vor, da der Nachbar nur insoweit in seinen Rechten verletzt worden sein kann, als er durch seine Einwendungen gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 Parteienrechte begründet hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 1979, Slg. N.F. Nr. 9979/A).

Ausgehend davon, daß die Zehnt- und Dreizehntbeschwerdeführer geeignete qualifizierte Einwendungen hinsichtlich einer Gefährdung der Gesundheit im Grunde des § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1973 erhoben und IN DIESEM RAHMEN Parteistellung erworben haben, konnten sie aber auch in ihren Rechten verletzt werden, daß - nach der Beschwerdebehauptung - entgegen der Vorschrift des § 81 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 die beschwerdegegenständliche Änderungsgenehmigung lediglich die projektierte Betriebsanlage umfaßt.

Nach § 81 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 hat die Genehmigung auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Die belangte Behörde geht davon aus, daß (sachverhaltsbezogen) die Tatbestandsvoraussetzungen des § 81 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 nicht vorliegen. Wenn demgegenüber in der Beschwerde behauptet wird, die projektierte Betriebsanlage bewirke eine Vermehrung der Gesamtimmissionen, so ist darauf zu verweisen, daß nach § 41 Abs. 1 VwGG der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen hat. Der Verwaltungsgerichtshof ist an den von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt (nur) insofern nicht gebunden, als der Sachverhalt von dieser in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen wurde, der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung bedarf oder Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1974, Slg. N.F. Nr. 8619/A). Das Beschwerdevorbringen enthält aber keinen Hinweis, worin ein derartiger entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel liegen soll, geschweige denn, daß durch KONKRETES tatsächliches Vorbringen aufgezeigt wird, zu welchem anderen Ergebnis die Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte kommen können (vgl. etwa schon das hg. Erkenntnis vom 27. November 1948, Slg. Nr. 593/A). Aus den letztgenannten Gründen vermag aber auch die Beschwerde nicht zum Erfolg führen, wenn in der Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde (als Begründungsmangel) gerügt wird, die Äußerung der belangten Behörde zur Frage der Anwendbarkeit des § 81 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1973 erschöpfe sich in einem Satz.

Wenn aber in der letztgenannten Replik vorgebracht wird, die mitbeteiligte Partei verfüge über keine privatrechtliche Zustimmung zur gewerblichen Nutzung der Privatstraße "T", weshalb das Vorhaben schon aus diesem Grund von Amts wegen zu versagen gewesen wäre, so betrifft dies im gegebenen Sach- und Rechtszusammenhang keine subjektiv-öffentlichen (Nachbar)Rechte der Beschwerdeführer. Ein von den in der Gewerbeordnung 1973 vorgesehenen Nachbarrechten losgelöstes Recht auf Versagung der Genehmigung steht den Nachbarn nicht zu.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde, soweit sie von den Zehnt- und Dreizehntbeschwerdeführern erhoben wurde, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Soweit die Beschwerdeführer in ihrer Replik beantragen, der mitbeteiligten Partei "im Falle ihres Obsiegens einen Aufwandersatz nicht zuzusprechen", so kommt es nach dem Gesetz entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer nicht darauf an, daß sich die Gegenschrift der mitbeteiligten Partei "im wesentlichen in einer kurzen Wiedergabe des festgestellten Sachverhaltes und der pauschalen Behauptung, daß die in der Beschwerde behaupteten Verfahrensmängel und Rechtsverletzungen nicht vorliegen würden", erschöpft. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993040153.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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