Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1973 §367 Z16;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde des L in U, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 20. Juli 1993, Zl. 13/204-3/1992, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 20. Juli 1993 wurde der Beschwerdeführer als gewerberechtlicher Geschäftsführer der F-Ges.m.b.H. mit Sitz in U, S Nr. 9, schuldig erkannt, es zu verantworten zu haben, daß von dieser Gesellschaft am 7. und 8. Februar 1992 im Volkshaus B-Straße Nr. 10, das Tischlergewerbe gemäß § 94 Z. 78 GewO 1973 im Rahmen einer Ausstellungsveranstaltung außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung ausgeübt worden sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 16 i.V.m. § 46 Abs. 1 i. V.m. § 370 Abs. 2 GewO 1973 begangen, weshalb gemäß § 367 Einleitungssatz i.V.m. § 370 Abs. 2 GewO 1973 über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, entgegen den Bestimmungen des § 367 Z. 16 i. V.m. § 46 Abs. 1 i.V.m. § 370 Abs. 2 GewO 1993 nicht bestraft zu werden. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer vor, die Umschreibung des Tatortes im Spruch des angefochtenen Bescheides sei im Lichte des § 44a Z. 1 VStG nicht exakt genug. Ferner seien ihm innerhalb der sechsmonatigen Vollstreckungsverjährungsfrist die angeblich übertretenen Verwaltungsvorschriften nicht vorgehalten worden, da eine entsprechende Berichtigung erst mit dem angefochtenen Bescheid geschehen sei. Es sei ihm auch innerhalb der Verjährungsfrist nicht vorgehalten worden, welches Gewerbe er unbefugterweise außerhalb des Standortbereiches ausgeübt haben solle. Schließlich sei ihm im erstbehördlichen Straferkenntnis zur Last gelegt worden, eine "Verkaufsausstellung für Privatpersonen" durchgeführt zu haben, während ihm im angefochtenen Bescheid zur Last gelegt werde, das "Tischlergewerbe" außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung ausgeübt zu haben. In dieser Vorgangsweise liege eine unzulässige Auswechslung der Tat. Die nunmehr von der belangten Behörde in den Spruch aufgenommenen Tatbildmerkmale seien ihm überdies nicht innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist vorgehalten worden.
Gemäß § 46 Abs. 1 GewO 1973 ist, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, eine Gewerbeausübung, auch wenn sie nur kurzfristig oder vorübergehend ist, außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung oder einer weiteren Betriebsstätte unzulässig.
Nach § 367 Z. 16 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer entgegen § 46 Abs. 1 ein Gewerbe unzulässigerweise außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung oder einer weiteren Betriebsstätte ausübt.
Im Verwaltungsstrafverfahren hat nach der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dies bedeutet nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A, und vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) unter anderem, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen werden muß, daß er - im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren - in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.
Bezogen auf die dem Beschwerdeführer im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren zur Last gelegte Verwaltungsübertretung bedeutet dies, daß im Spruch des Straferkenntnisses (neben der Darstellung jener Tätigkeiten, durch die das Gewerbe unbefugt außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung bzw. in einer weiteren Betriebsstätte ausgeübt worden sein soll - vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1988, Zl. 87/04/0175) auch jenes Gewerbe zu bezeichnen ist, dessen Ausübung außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung oder einer weiteren Betriebsstätte dem Beschuldigten zur Last gelegt wird. Insofern handelt es sich bei der Bezeichnung dieses Gewerbes um ein Tatbestandselement im Sinne des § 44a Z. 1 VStG.
Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist, die zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle im vorliegenden Fall sechs Monate beträgt, von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist, wobei die Verjährung nur dann unterbrochen wird, wenn sich die Verfolgungshandlung auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 887 unter Nr. 19a ff abgedruckte hg. Judikatur).
Diesen Anforderungen an eine Verfolgungshandlung kommt die nach der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage allein als Verfolgungshandlung in Betracht kommende, seitens der Erstbehörde gegenüber dem Beschwerdeführer am 19. Februar 1992 ergangene "Aufforderung zur Rechtfertigung" nicht nach, weil darin das nach der oben dargestellten Rechtslage ein wesentliches Tatbestandselement der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung bildende Gewerbe, welches außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung ausgeübt worden sein soll, nicht genannt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, daß hinsichtlich der dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid vorgeworfenen Verwaltungsübertretung Verjährung im Sinne des § 31 VStG eingetreten ist, sodaß sich die weitere Verfolgung des Beschwerdeführers als unzulässig erweist.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Mängel im SpruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993040200.X00Im RIS seit
20.11.2000