TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/25 93/04/0012

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Veröffentlicht am 25.01.1994
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Index

95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;

Norm

IngG 1990 §4 Abs1 Z4;
IngG 1990 §6 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 11. Dezember 1992, Zl. 91.506/510-III/6/92, betreffend Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers, ihm die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" zu verleihen, abgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Beschwerdeführer folgende Ausbildung und Tätigkeit vorgebracht habe:

Absolvierung der Schlosserlehre und Ablegung der Gesellenprüfung, Besuch von Fachkursen "Fachrechnen und Fachzeichnen", Absolvierung der zweijährigen Werkmeisterschule für Maschinenbau, Ablegung der Hochdruck-Rohrschweißerprüfung und der Kesselwärterprüfung für Dampfhochdruckkessel, Ablegung der Externistenreifeprüfung in den Gegenständen Deutsch, Mathematik und Darstellende Geometrie, Leiter der Abteilung Wärmeverteilung und Wärmevertrieb bei den Salzburger Stadtwerken von 1966 bis November 1992, Mitglied in den Fachausschüssen A + B bzw. Vorsitzender des Fachausschusses C des Fachverbandes der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen im Rahmen der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft seit 1970 und 21 Jahre hindurch Mitarbeiter des Ausschusses "Wärmezähler" im ON.

Er verfüge hingegen nicht über ausreichende Prüfungszeugnisse öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen gemäß § 6 Abs. 2 lit. d Ingenieurgesetz 1990, wodurch gleichwertige fachliche und allgemeine Kenntnisse, wie sie an den höheren technischen Lehranstalten bis zur Reifeprüfung vermittelt werden (siehe dazu Lehrpläne BGBl. Nr. 492/1977 in der geltenden Fassung), nachgewiesen werden. So fehle auf die zum Vergleich heranzuziehende Fachrichtung "Maschinenbau" einer inländischen fünfjährigen Höheren technischen Lehranstalt der - den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 Z. 4 Ingenieurgesetz 1990 entsprechende - Nachweis von gleichwertigen allgemeinen und fachlichen Kenntnissen z.B. in den Unterrichtsgegenständen lebende Fremdsprache, Mathematik, Mechanik, Fertigungstechnik, Elektrotechnik und Elektronik, Strömungsmaschinen, Kolbenmaschinen, Energie- und Umwelttechnologie. Der Beschwerdeführer habe somit den Nachweis von gleichwertigen allgemeinen und fachlichen Kenntnissen im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 4 Ingenieurgesetz 1990, die qualitativ und quantitativ an jene Kenntnisse heranreichen, welche an den inländischen Höheren technischen Lehranstalten bis zur Reifeprüfung vermittelt werden, nicht erbracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht verletzt, daß entgegen den Bestimmungen der §§ 37 ff AVG kein Ermittlungsverfahren "dergestalt" durchgeführt worden sei, daß "der maßgebende Sachverhalt festgestellt worden" und ihm Gelegenheit gegeben worden wäre, seine Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen und daß entgegen den Bestimmungen der §§ 4 Abs. 1 Z. 4 und 6 Abs. 1 und 2 Ingenieurgesetz 1990 die von ihm vorgelegten Nachweise unter Berücksichtigung seines "Rechtes auf Nachsicht" nicht als ausreichend für die Stattgebung seines Ansuchens angesehen worden seien. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe ihn in keiner Weise zu einer "Antragsverbesserung oder -ergänzung" angeleitet oder ihm die Beibringung weiterer als notwendig erachteter Nachweise ermöglicht. Sie habe vielmehr unmittelbar aufgrund der Antragstellung den angefochtenen Bescheid erlassen, obwohl das Gesetz der Behörde durch die demonstrative Aufzählung der zu erbringenden Nachweise einen "Ermessensspielraum" einräume, für den "der Sachverhalt entsprechend zur Entscheidung" aufbereitet werden müsse. Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides im wesentlichen weiters vor, daß die Aufzählung der Nachweise im § 6 Abs. 2 Ingenieurgesetz 1990 eine nur demonstrative sei und daher die hier genannten Prüfungszeugnisse im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde -, "nicht der einzig springende Punkt in der Anspruchsvoraussetzung" seien. Vielmehr gehe es um die fachlichen und allgemeinen Kenntnisse, die in seinem Fall über das übliche Schulstoffwissen und die Kenntnisse eines HTL-Absolventen hinausgingen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 Ingenieurgesetz 1990, BGBl. Nr. 461/1990 - in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 567/1991 - ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die zwar die Voraussetzungen der Z. 1 bis 3 (wo unter anderem die Ablegung der Reifeprüfung nach dem Lehrplan einer höheren technischen oder höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalt vorgesehen ist) nicht erfüllen, aber gleichwertige fachliche und allgemeine Kenntnisse nachweisen, wie sie an den höheren technischen bzw. höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten bis zur Reifeprüfung vermittelt werden und eine mindestens achtjährige, zu den erworbenen Kenntnissen einschlägige Berufspraxis in Österreich nachweisen, die höhere Fachkenntnisse voraussetzt. Dem Antrag auf Verleihung sind gemäß § 6 Abs. 2 Ingenieurgesetz 1990 insbesondere anzuschließen:

a)

Nachweise über die Identität des Bewerbers;

b)

Nachweise über die Ausbildung und - ausgenommen in den Fällen des § 4 Abs. 1 Z. 3 - über die Berufspraxis;

c)

Nachweise über die Berechtigung zur Führung der entsprechenden ausländischen Berufs- oder Standesbezeichnung in den Fällen des § 4 Abs. 1 Z. 3;

d)

Prüfungszeugnisse öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen, die Kenntnisse gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 nachweisen.

Aus dem Zusammenhalt dieser Bestimmungen folgt zunächst

-

entgegen der Aufassung des Beschwerdeführers -, daß das Wort

"insbesondere" im vorliegenden Zusammenhang nicht anders als in der Bedeutung von "jedenfalls" verstanden werden kann. Die

-

neben einer einschlägigen Berufspraxis erforderlichen -

Kenntnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. können daher ausschließlich durch eine - durch Prüfungszeugnisse belegte - Ausbildung an einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten inländischen Schule nachgewiesen werden, nicht aber etwa durch die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten.

Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Nachweise zur Auffassung gelangte, daß ihm damit - im Vergleich zur Fachrichtung "Maschinenbau" an höheren technischen Lehranstalten - der Nachweis der Kenntnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 4 Ingenieurgesetz 1990 nicht gelungen sei. Daß die vergleichsweise Heranziehung dieser Fachrichtung unzutreffend sei oder daß der Beschwerdeführer in der Lage wäre, die demnach erforderlichen Kenntnisse durch Zeugnisse im Sinne der obigen Ausführungen nachzuweisen, wird in der Beschwerde freilich nicht vorgebracht. Ein "Recht auf Nachsicht" ist im Ingenieurgesetz 1990 - im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers - nicht vorgesehen.

Damit kann dahingestellt bleiben, ob die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers berechtigt ist. Auch bei Vermeidung diesbezüglich allenfalls unterlaufener Mängel hätte die belangte Behörde nämlich zu keinem anderen Bescheid gelangen können.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, da eine weitere Klärung der Rechtssache durch eine mündliche Erörterung nicht zu erwarten war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993040012.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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