Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1973 §1 Abs1 idF 1988/399;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. Juli 1993, Zl. VwSen - 220540/2/Schi/Bk, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Spruchpunkt II des Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 25. März 1993 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufener Obmann des X-Vereines verantwortlich zu sein, daß von diesem Verein im Standort S-Straße 45, Erdgeschoß, im westlichen Bereich des Hofes in der Zeit zwischen Oktober 1992 und 23. November 1992 eine gemäß § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich eine Gaststätte, bestehend aus einem mit einer mechanischen Be- und Entlüftungsanlage gelüfteten Gastraum mit ca. 120 Verabreichungsplätzen, der im südöstlichen Bereich mit einer kleinen Küche (samt mechanischer Abzuganlage oberhalb der Kochstelle) ausgestattet sei, aus an die Küche anschließenden sanitären Einrichtungen, einem Lager und zwei Kältemaschinen im Freien, errichtet worden sei, ohne daß die hiefür erforderliche rechtskräftige Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen wäre, obwohl diese Betriebsanlage durch den Betrieb und die darin befindlichen Maschinen und Geräte, insbesondere die Lüftungsanlage, die Kälteanlagen und die Küchengeräte geeignet sei, Nachbarn (insbesondere im Objekt S-Straße 45 und D-Straße 40) durch Geruch und Lärm zu belästigen. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 i. V.m. § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Zur Begründung dieses Schuldspruches führte der Bürgermeister aus, durch ein im Zuge des Verfahrens eingeholtes Gutachten eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen sei schlüssig nachgewiesen, daß der Einbau einer Gaststätte im Objekt S-Straße 45 die Kriterien der Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage im Sinne des § 74 GewO 1973 begründe. Der Beschwerdeführer stelle dies nicht in Abrede, bringe jedoch vor, daß seiner Meinung nach ein Verein unter die Ausnahmebestimmung des § 2 der Gewerbeordnung falle. Aus dieser Bestimmung gehe jedoch in keiner Weise hervor, daß ein Verein generell von der Anwendbarkeit der Gewerbeordnung ausgenommen sei. Das treffe lediglich auf die Vermittlung von im § 2 Abs. 4 Z. 3 bis 7 GewO 1973 angeführten Leistungen durch Vereine im Sinne des Vereinsgesetzes 1951 zu, deren satzungsgemäßer Zweck diese Vermittlungstätigkeit umfasse. Daß der in Rede stehende Verein derartige Vermittlungstätigkeiten bezwecke, werde vom Beschuldigten selbst nicht behauptet. Im übrigen liege bei Vereinen gemäß dem Vereinsgesetz 1951 die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweise, und diese Tätigkeit - sei es mittelbar oder unmittelbar - auf die Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet sei. Aus einem im Akt erliegenden Auszug aus dem Gewerberegister gehe hervor, daß der X-Verein eine Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Gastgewerbes im Standort S-Straße 45 beantragt habe. Es sei daher sehr wohl davon auszugehen, daß der Betrieb des gegenständlichen Gastlokales der Gewerbeordnung unterliege.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem Bescheid vom 27. Juli 1993 gab der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich der gegen den Spruchabschnitt II des erstbehördlichen Straferkenntnisses gerichteten Berufung mit der Maßgabe keine Folge, daß der Tatzeitraum auf die Zeit zwischen 10. Oktober 1992 und dem 23. November 1992 zu lauten habe. Nach Darstellung des Verfahrensganges stellte der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in der Begründung dieses Bescheides fest, von einem Organ des Baupolizeiamtes des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz sei anläßlich von Erhebungen am 3., 11. und 16. November 1992 im Gebäudekomplex S-Straße 45 und 47 sowie D-Straße 40 die Vornahme von konsenslosen Baumaßnahmen festgestellt worden. Am 23. November 1992 habe eine baubehördliche Übeprüfung dieses Objektes in Form einer mündlichen Augenscheinsverhandlung an Ort und Stelle stattgefunden. Dabei sei vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen festgestellt worden, daß im Objekt S-Straße 45 im westlichen Bereich der Hofverbauung eine Gaststätte eingerichtet worden sei. Diese bestehe aus einem Gastraum, der im südöstlichen Bereich mit einer kleinen Küche ausgestattet sei, wobei sich an die Küche anschließend die sanitären Einrichtungen befänden und westlich des Gastraumes ein Lager situiert sei. Der Gastraum, der
ca. 120 Verabreichungsplätze umfasse, sei mit einer mechanischen Be- und Entlüftungsanlage ausgestattet. Außerdem sei im Bereich der Küche eine mechanische Absauganlage oberhalb der Kochstellen eingebaut worden, deren Abluft durch einen Blechkanal an der südlichen Außenwand ca. 6 m oberhalb des Hofniveaus in vertikaler Richtung ausgeblasen werde. Im Bereich der Abluftführung seien zwei Kältemaschinen im Freien situiert. Im Gutachten dieses Sachverständigen sei u.a. ausgeführt, durch den Betrieb dieser Gaststätte bzw. der darin befindlichen Maschinen und Geräte, insbesondere der Lüftungs- und Kälteanlagen sowie der Küchengeräte sei zu erwarten, daß die Nachbarn durch Geruch und Lärm belästigt würden. Die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage sei schon gegeben, wenn das Auftreten nachteiliger Auswirkungen auf Nachbarn nicht ausgeschlossen werden könne. Daß solche im konkreten Fall vorhanden seien, ergebe sich schon aus dem Akteninhalt. Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung sei daher erfüllt, der Beschwerdeführer habe diesen aber auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten. Es handle sich bei dieser Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG. Der Beschwerdeführer habe es unterlassen glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, es habe daher von der gesetzlichen Fiktion des Vorliegens von Fahrlässigkeit ausgegangen werden können. Darüber hinaus sei ein Gewerbetreibender verpflichtet, sich vor der Ausübung des Gewerbes über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer zunächst vor, der erstbehördliche Bescheid sei von einer unzuständigen Behörde erlassen worden. Zuständig wäre der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz gewesen, tatsächlich sei das Straferkenntnis vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz
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Baurechtsamt als Bezirksverwaltungsbehörde ergangen. Die belangte Behörde sei ferner in rechtswidriger Weise davon ausgegangen, es handle sich bei der in Rede stehenden Anlage um eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage im Sinne des § 74 GewO 1973. Der X-Verein habe bereits zweimal, nämlich am 5. Februar 1993 und am 6. April 1993 beim Magistrat Linz
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Bezirksverwaltungsamt als Gewerbebehörde einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber gestellt, daß es sich beim gegenständlichen Vereinslokal um keinen Betrieb im Sinne der Gewerbeordnung handle. Darüber sei aber bis heute keine Entscheidung ergangen. Tatsächlich liege lediglich ein Vereinslokal des genannten Vereines vor, in dem ausschließlich Vereinsmitglieder sowie deren Angehörige und engste Freunde sich zu geselligen Zusammenkünften träfen und ihre Kultur pflegten. Nichtvereinsmitgliedern, die keine Vereinsmitgliedskarte besäßen, sei der Zutritt nicht gestattet. Der Verein sei keinesfalls auf Erzielung eines wirtschaftlichen Ertrages gerichtet. Es würden ausschließlich von den Vereinsmitgliedern, die turnusmäßig eingeteilt seien, an die anderen Vereinsmitglieder Getränke und auch kleine Speisen zum Selbstkostenpreis ausgegeben. Auch die Annahme der belangten Behörde, die Betriebsanlage sei geeignet, Nachbarn zu belästigen, sei unrichtig. Die belangte Behörde habe darüber keinerlei Erhebungen gepflogen und überdies übersehen, daß vor dem Vereinslokal im gegenständlichen Gebäude ein holzverarbeitender Betrieb situiert gewesen sei, der erhebliche staub- und lärmverbreitende Maschinen betrieben habe. Mit den in diesem Zusammenhang gestellten Beweisanträgen des Beschwerdeführers habe sich die belangte Behörde in keiner Weise auseinandergesetzt. Zu Unrecht werfe die belangte Behörde dem Beschwerdeführer auch vor, er habe sich vor Antritt des Gewerbes nicht ausreichend über die geltenden Vorschriften informiert, habe doch der mehrfach genannte Verein die bereits oben erwähnten Feststellungsanträge gestellt.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.
Was zunächst das Beschwerdevorbringen betrifft, der erstbehördliche Bescheid sei nicht vom hiezu allein zuständigen Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz erlassen worden, ist auf den Inhalt dieses Bescheides zu verweisen, der zwar als Kopf die Bezeichnung "Landeshauptstadt Linz, Der Magistrat - Baurechtsamt als Bezirksverwaltungsbehörde" trägt, aber mit der Fertigungsklausel: "Für den Bürgermeister: Der Amtsleiter:
i. A. Mag. Knogler eh." versehen ist. Unter diesen Umständen kann kein Zweifel über die Zurechnung des erstbehördlichen Straferkenntnisses an den Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz bestehen.
Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die beiden bisher ergebnislos gebliebenen Anträge auf Erlassung eines Feststellungsbescheides vermag schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil es sich dabei um einen erst nach der Tatzeit verwirklichten Sachverhalt handelt.
Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Bestimmung des § 1 Abs. 6 GewO 1973 vorbringt, der mehrfach genannte Verein sei keinesfalls auf Erzielung eines wirtschaftlichen Ertrages gerichtet, und es würden ausschließlich von Vereinsmitgliedern, die turnusgemäß eingeteilt seien, an die anderen Vereinsmitglieder zum Selbstkostenpreis Getränke und auch kleine Speisen ausgegeben, so handelt es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung. Denn im erstbehördlichen Verfahren beschränkte sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf das Vorbringen, in dem in Rede stehenden Lokal verkehrten nur Mitglieder des gegenständlichen Vereines und deren nächste Freunde und Angehörige. Die diesem Argument entgegengehaltene Begründung der Erstbehörde, es sei jedenfalls aus dem Umstand, daß dieser Verein um eine Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Gastgewerbes am fraglichen Standort angesucht habe, darauf zu schließen, daß der Betrieb des gegenständlichen Gastlokales der Gewerbeordnung unterliege, ließ der Beschwerdeführer in seiner gegen den erstbehördlichen Bescheid gerichteten Berufung unbekämpft. Die belangte Behörde hatte daher keine Veranlassung sich mit dieser Frage weiter auseinanderzusetzen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag in der den diesbezüglichen Ausführungen im erstbehördlichen Bescheid zugrundeliegenden Beurteilung, der Umstand allein, daß der Zutritt zu dem in Rede stehenden Lokal nur Vereinsmitgliedern und deren Angehörigen und Freunden gestattet sei, stehe der auf den auf Erlangung einer entsprechenden Gewerbeberechtigung gerichteten Antrag gestützten Annahme nicht entgegen, der Betrieb werde in Gewinnerzielungsabsicht betrieben und unterliege daher auch unter dem Gesichtspunkt des § 1 Abs. 6 GewO 1973 der Gewerbeordnung, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen.
Keinen Bedenken begegnet auch die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Betrieb der in Rede stehenden Anlage sei geeignet in einer im § 74 Abs. 2 GewO 1973 normierten Weise Nachbarn zu beeinträchtigen. Es entspricht durchaus der Lebenserfahrung, die im vorliegenden Fall überdies durch das Gutachten eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen erhärtet wurde, daß ein Gastgewerbebetrieb - noch dazu von derartiger Größe - geeignet ist, diese Voraussetzungen zu erfüllen, wenn er in einem Gebäude situiert ist, in dem sich von Nachbarn bewohnte Wohnräume befinden. Daß am Ort der Betriebsanlage davor möglicherweise ein Gewerbebetrieb situiert war, der geeignet war, noch größere Immissionen bei den Nachbarn hervorzurufen, vermag daran nichts zu ändern. Es bildet daher auch keine Verletzung von Verfahrensvorschriften, wenn sich die belangte Behörde mit den vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gestellten Beweisanträgen nicht weiter auseinandersetzte.
Schließlich erweist sich aber auch die Rechtsansicht der belangten Behörde als frei von Rechtsirrtum, es wäre im Lichte der Bestimmung des § 5 Abs. 1 VStG Sache des Beschwerdeführers gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verwirklichung des Tatbestandes der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe. Da der Beschwerdeführer diesen Entlastungsbeweis im Verwaltungsverfahren gar nicht antrat, erübrigt es sich auf das von der belangten Behörde herangezogene weitere Argument einzugehen, er wäre verpflichtet gewesen, sich vor Antritt des Gewerbes über die entsprechenden gewerberechtlichen Vorschriften besonders zu informieren.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993040201.X00Im RIS seit
20.11.2000