TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/25 93/11/0204

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Veröffentlicht am 25.01.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
KFG 1967 §64 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des E in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. August 1993, Zl. VerkR - 390.690/8-1993-Si, betreffend Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung auf Grund einer ausländischen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er eine Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe C betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 6. Juli 1992 auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, C und E auf Grund seiner polnischen Lenkerberechtigung gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 abgewiesen (der Aktenlage nach wurde dem Beschwerdeführer eine österreichische Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B auf Grund seiner polnischen Lenkerberechtigung erteilt).

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 ist Besitzern einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung auf Antrag insoweit ohne Ermittlungsverfahren eine Lenkerberechtigung mit dem gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, als auf Grund der Vorschriften des Staates, in dem die ausländische Lenkerberechtigung erteilt wurde, bei der Erteilung einer Lenkerberechtigung auf Grund einer österreichischen Lenkerberechtigung von der Feststellung der Erteilungsvoraussetzungen abzusehen ist. Diesem Antrag darf nur stattgegeben werden, wenn der Antragsteller seit länger als sechs Monaten seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat und glaubhaft macht, daß er auf Grund der im Ausland erteilten Lenkerberechtigung seit mindestens einem Jahr Kraftfahrzeuge der betreffenden Gruppe gelenkt hat, und wenn bei ihm keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit, der geistigen und körperlichen Eignung und der fachlichen Befähigung bestehen.

Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers wie folgt: Hinsichtlich von Kraftfahrzeugen der Gruppe A hat der Beschwerdeführer überhaupt keine Lenkpraxis glaubhaft gemacht. Die polnische Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe E hat der Beschwerdeführer am 26. September 1991 erworben; er sei im Zeitpunkt der Antragstellung also noch nicht ein Jahr lang im Besitz dieser Lenkerberechtigung gewesen. Was die Lenkpraxis des Beschwerdeführers in Ansehung von Kraftfahrzeugen der Gruppe C anlangt, seien die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen zur Glaubhaftmachung nicht ausreichend.

Der Beschwerdeführer tritt den Annahmen der belangten Behörde, was die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und E anlangt, der Sache nach nicht entgegen. Diese Annahmen stimmen sachverhaltsmäßig mit der Aktenlage auch überein. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, daß die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers in diesem Umfang zu Recht erfolgt ist. Die Beschwerde war diesbezüglich gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren zur Glaubhaftmachung seiner Lenkpraxis hinsichtlich von Kraftfahrzeugen der Gruppe C geltend gemacht, er habe in Polen Lkws dreier verschiedener Marken und Typen gelenkt. Er legte eine Erklärung vor, wonach er zwischen dem 17. September 1990 und dem 17. März 1991 mit einem näher bezeichneten Lkw insgesamt 80.000 km zurückgelegt habe. Diese Erklärung wurde von der belangten Behörde zu Recht als unerheblich qualifiziert, weil sie einen Zeitraum vor dem 6. Juli 1991, also Ereignisse betrifft, die länger als ein Jahr vor der Antragstellung zurückliegen.

Der Beschwerdeführer brachte ferner eine undatierte Bestätigung bei, wonach er Mitbenützer eines bestimmten Lkws sei und mit diesem während seines Aufenthaltes in Polen fahre (die Übersetzung eines beeideten Dolmetschs ist mit 18. Juni 1992 datiert). Schließlich legte er im Berufungsverfahren eine Bestätigung vom 20. September 1992 vor, wonach er Miteigentümer des in Rede stehenden Lkws sei und diesen zwischen 1. März 1991 und 20. September 1992 einige Male im Monat gelenkt habe.

Die belangte Behörde führte zu den beiden zuletzt genannten Bestätigungen aus, daß die Unterschriften auf den denselben Firmenstempel aufweisenden Bestätigungen verschieden seien, daß die Tonnagen des Lkws unterschiedlich angegeben würden (einmal mit 20 t, in der zweiten Bestätigung mit 16 t), sowie daß der Beschwerdeführer einmal als Mitbenützer, das andere Mal als Miteigentümer bezeichnet werde. Konkreteres habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht, die Bestätigungen seien "nichts weiter als Behauptungen".

Es trifft zu, daß die erforderliche Lenkpraxis vom Antragsteller glaubhaft zu machen ist. Dieser hat von sich aus alles darzulegen, was seiner Meinung nach für seinen Standpunkt spricht. Die Behörde ist nicht gehalten, von Amts wegen Ermittlungen zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes anzustellen. Das bedeutet aber nicht, daß die Behörde dem Antragsteller, der Unterlagen vorlegt, die im Prinzip zur Glaubhaftmachung geeignet sind, aber nach Ansicht der Behörde hiezu noch nicht ausreichen, oder denen sie aus bestimmten von ihr angenommenen Umständen die Aussagekraft abspricht, die Glaubhaftmachung als mißlungen qualifiziert, ohne ihm diese ihre Ansicht bekanntzugeben und ihm die Möglichkeit zur Ergänzung seines Vorbringens einzuräumen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1989, Zl. 89/11/0001).

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht, ob sie die in den Bestätigungen angegebenen Lenktätigkeiten als in quantitativer Hinsicht nicht ausreichend ansah, oder ob sie den Bestätigungen im Hinblick auf die aufgezeigten Abweichungen die Glaubwürdigkeit absprach. Beides hätte die Behörde nach dem Vorgesagten nicht tun dürfen, ohne vorher dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben. Im Hinblick auf die Unklarheit, die dem angefochtenen Bescheid anhaftet, kann auch das in der Gegenschrift gebrauchte Argument nicht durchschlagen, der Beschwerdeführer hätte die Wesentlichkeit der von ihm behaupteten Verfahrensmängel in seiner Beschwerde nicht dargetan.

Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe C betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf den letzten Satz des § 59 Abs. 3, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren Parteiengehör Unmittelbarkeit Teilnahme an Beweisaufnahmen freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993110204.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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