TE Vfgh Beschluss 1991/9/30 G111/90

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Veröffentlicht am 30.09.1991
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
EheG §81 - §97

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Ehegesetzes; Zumutbarkeit der Beschreitung des Zivilrechtsweges

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. A S stellte gemäß Art140 B-VG den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge die §§81 bis 98 EheG - aus näher bezeichneten Gründen - als verfassungswidrig aufheben.

2. Über diesen Antrag wurde erwogen:

2.1. Ihre hier maßgebende Fassung erhielten die angefochtenen §§81 bis 97 EheG durch das BG BGBl. 280/1978, §98 EheG durch das BG BGBl. 481/1985: Diese Vorschriften finden sich im Zweiten Abschnitt des EheG ("Recht der Ehescheidung") in Subabschnitt E ("Folgen der Scheidung") unter der Überschrift "III. Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse".

2.2. Aus dem beigeschafften Akt AZ 3 F 1/87 des Bezirksgerichtes Klagenfurt geht hervor, daß bei diesem Gericht am 5. Mai 1986 ein Antrag der geschiedenen Ehefrau des nunmehrigen Antragstellers einlangte, der auf die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gerichtet war. Das dadurch eingeleitete Verfahren (AZ 18 F 20/86, späteres AZ 3 F 1/87) wurde am 17. Juli 1987 durch einen Vergleich des nunmehrigen Antragstellers mit seiner geschiedenen Ehefrau beendet (ONr. 27 des BG-Aktes; Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 7. Oktober 1987); mit Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 1. Dezember 1987, GZ 3 F 1/87-29, wurde dieser Vergleich - auf Antrag der beiden Verfahrensparteien - berichtigt (Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 30. Dezember 1987).

2.3.1. Der Antragsteller begründet seine Antragslegitimation damit, die angefochtenen Gesetzesstellen, die dem Aufteilungsantrag und dem Vergleich zugrundelägen, erlegten ihm eine Rechtspflicht auf, die unmittelbar und aktuell in seine Rechtssphäre eingreife. Es stehe ihm nur eine Antragstellung nach Art140 B-VG zur Verfügung, um sich dagegen zur Wehr setzen zu können.

2.3.2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist ein (Individual-)Antrag nach Art140 B-VG ua. dann - wegen Umwegzumutbarkeit - unzulässig, wenn bereits ein gerichtliches Verfahren läuft, das dem Betroffenen Gelegenheit zur Anregung einer amtswegigen Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof bietet (VfSlg. 8312/1978, 9939/1984, 10.857/1986, 11.045/1986, 11.823/1988). An der Zumutbarkeit dieser Vorgangsweise ändert nichts, daß der Betroffene seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen ein Gesetz im Gerichtsverfahren erst in zweiter Instanz vortragen kann (VfSlg. 8312/1978). All diese Grundsätze gelten aber auch dann, wenn ein gerichtliches (oder verwaltungsbehördliches) Verfahren anhängig war, in dem Gelegenheit zur Anregung einer amtswegigen Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof bestand (VfSlg. 8890/1980, ebenfalls zu einer Angelegenheit des außerstreitigen Verfahrens). Ein Individualantrag wäre in solchen Fällen bloß bei Vorliegen - hier gar nicht behaupteter - besonderer außergewöhnlicher Umstände zulässig (VfSlg. 8312/1978, VfGH 27.9.1988 G252/87 ua.).

2.3.2.2. Auch im konkreten Fall stand dem Antragsteller die Möglichkeit offen, die Entscheidung des Erstgerichtes abzuwarten, einen Rekurs einzubringen (§9 AußStrG) und im Rekursverfahren alle Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des EheG vorzutragen.

2.3.2.3. Der Individualantrag war darum allein schon aus dieser Erwägung als unzulässig zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Ehe und Verwandtschaft, Eherecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:G111.1990

Dokumentnummer

JFT_10089070_90G00111_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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