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L94057 Ärztekammer Tirol;Norm
ÄrzteG 1984 §79 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses der Ärztekammer für Tirol vom 25. September 1991 (Aktenzahl nicht ersichtlich), betreffend Zuerkennung der Todesfallbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Ärztekammer für Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.840,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit der als "Bescheid" bezeichneten Erledigung der Ärztekammer für Tirol vom 6. Mai 1991 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Auszahlung der Todesfallbeihilfe nach dem am 9. März 1991 verstorbenen Dr. E in Höhe von S 285.000,-- an den Beschwerdeführer bzw. an die Verlassenschaft zu Handen Notar Dr. S nicht stattgegeben. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Beschwerdeausschusses der Ärztekammer für Tirol wurde der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen, als Berufung bezeichneten, Beschwerde keine Folge gegeben. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß gemäß § 35 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Tirol, einer lex specialis zu § 70 des Ärztegesetzes, die Todesfallbeihilfe nacheinander entweder dem namhaft gemachten Empfänger oder der Witwe (dem Witwer) unter den im § 30 festgesetzten Voraussetzungen oder den Waisen (§§ 32 und 33) oder den gesetzlichen Erben gebühre. Der Beschwerdeführer sei nicht als durch den verstorbenen Kammerangehörigen namhaft gemachter Empfänger anzusehen, weil zu seinen Lebzeiten keine schriftliche Namhaftmachung bei der Ärztekammer hinterlegt worden sei. Aus der Vorlage der zum Geldempfang berechtigenden Anwaltsvollmacht durch den Beschwerdeführer nach dem Tode des Kammerangehörigen ergebe sich daher keine Berechtigung zur Empfangnahme der Todesfallbeihilfe. Aus der zwingenden Bestimmung des § 70 Abs. 3 des Ärztegesetzes - § 35 Abs. 3 der Satzungen des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Tirol - könne der Beschwerdeführer auch aus dem Umstand, daß er Testamentserbe sei, keine Berechtigung auf die Todesfallbeihilfe ableiten, da nur gesetzliche Erben (subsidiär) Anspruchsberechtigte sein könnten.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 28. September 1992, Zl. B 1272/91-8, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In seiner Beschwerdeergänzung macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat (vgl. u.a. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. 9458/A, und das hg. Erkenntnis vom 5. Juni 1987, Zl. 85/18/0149, mit weiteren Judikaturhinweisen), kommt der Bezeichnung der Behörde in schriftlichen Bescheidausfertigungen ganz allgemein im Sinne von § 58 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 18 Abs. 4 leg. cit. wesentliche Bedeutung zu. Fehlt eine solche Bezeichnung, so kann das betreffende Schriftstück - mag es auch sonst die Merkmale eines Bescheides aufweisen - nicht als Bescheid angesehen werden.
Der "Bescheid" erster Instanz wurde namens der "Ärztekammer für Tirol, Körperschaft des öffentlichen Rechts" erlassen und weist neben dem Siegel der Ärztekammer für Tirol (Stampiglie) die Unterschriften "Für die Ärztekammer für Tirol; Der Finanzreferent: ...; Der Präsident: ..." auf. Ein Hinweis auf die bescheiderlassende Behörde findet sich im erstinstanzlichen "Bescheid" nicht. Der Umstand, daß nach den genannten Bestimmungen der Präsident und der Finanzreferent Mitglieder des Verwaltungsausschusses sind, läßt mangels anderer Anhaltspunkte nicht erkennen, daß der erstinstanzliche "Bescheid" vom Verwaltungsausschuß erlassen worden wäre. Die Ärztekammer ist Rechtsträger, Behörden sind nur ihre Organe.
Die Frage, ob ein Bescheid vorliegt, ist ausschließlich nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen, also danach, ob für jedermann - demnach auch für den Verwaltungsgerichtshof - erkennbar ist, daß es sich um einen Bescheid handelt und daher auch, welcher Behörde das betreffende Schriftstück zuzurechnen ist.
Gemäß § 1 Abs. 2 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Tirol (§ 79 Abs. 1 des Ärztegesetzes) obliegt die Verwaltung des Wohlfahrtsfonds dem Verwaltungsausschuß. Dieser besteht gemäß § 6 Abs. 1 der genannten Satzung (§ 79 Abs. 2 des Ärztegesetzes) aus dem Präsidenten, dem Finanzreferenten (stellvertretenden Finanzreferenten) sowie aus mindestens zwei weiteren Kammerräten. Der belangte Beschwerdeausschuß der Ärztekammer für Tirol ist gemäß § 6 Abs. 6 bzw. § 7 Abs. 3 der genannten Satzungen (§ 79 Abs. 4 des Ärztegesetzes) ausschließlich zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide des Verwaltungsausschusses berufen (vgl. in diesem Sinne u.a. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1991, Zl. 90/18/0255, mit weiteren Judikaturhinweisen). Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten hat die belangte Behörde über eine Berufung (Beschwerde) gegen einen Nichtbescheid in der Sache entschieden, anstatt dieses Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen.
Schon aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den überhöht verzeichneten Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand sowie die bereits im Pauschalbetrag enthaltene Umsatzsteuer.
Schlagworte
Einhaltung der FormvorschriftenBehördenbezeichnungInhalt der Berufungsentscheidung KassationInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992110238.X00Im RIS seit
22.05.2001Zuletzt aktualisiert am
08.12.2010