TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/25 93/04/0119

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Veröffentlicht am 25.01.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
HKG 1946 §57a Abs4;
HKG 1946 §57g Abs1;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde der M-Aktiengesellschaft in N, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (Präsident) - diese Behörde vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W - vom 10. Mai 1993, Zl. Präs 142-177/92/Wa/SO, betreffend Grundumlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 20. Oktober 1992 erließ die Handelskammer Niederösterreich gegenüber der Beschwerdeführerin einen Spruch mit folgendem Wortlaut:

"Gemäß § 57g HKG wird festgestellt:

Der Bescheidwerber ist in Anwendung der Bestimmungen des § 57a HKG zur Bezahlung der Grundumlage für das Jahr 1992 für die Landesinnungen der Bäcker (1/35) und der Nahrungs- und Genußmittelgewerbe (1/39) und für die Landesgremien des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln (3/01b), der Handels mit Büchern, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften (3/13), des Parfümeriewarenhandels (3/26) und für die Fachgruppe Gastronomie (6/01) in der Höhe von S 107.904,-- verpflichtet.

Die Höhe der Grundumlage gründet sich auf Grundumlagenbeschlüsse der Landesinnungstagung vom 25.5.1991 (genehmigt durch das Präsidium vom 18.12.1991) für die Landesinnung der Bäcker (1/35), der Landesinnungstagung vom 13.10.1991 (genehmigt durch das Präsidium vom 18.12.1991) für die Landesinnung der Nahrungs- und Genußmittelgewerbe (1/39), des Landesgremialausschusses vom 13.10.1991 (genehmigt durch das Präsidium vom 5.2.1992) für das Landesgremium des Einzelhandels mit Lebens- und Genußmitteln (3/01b), des Landesgremialausschusses vom 12.10.1991 (genehmigt durch das Präsidium vom 5.2.1992) für das Landesgremium des Handels mit Bücher, Kunstblättern, Musikalien, Zeitungen und Zeitschriften (3/13), des Landesgemialausschusses vom 24.10.1991 (genehmigt durch das Präsidium vom 5.2.1992) für das Landesgremium des Parfümeriewarenhandels (3/26) und des Fachgruppenausschusses vom 29.10.1991 (genehmigt durch das Präsidium vom 5.2.1992) für die Fachgruppe Gastronomie (6/01), welche im Mitteilungsblatt der Kammer in der Nr. 14 vom 10.4.1992 auf den Seiten VI, X, XI, XII und XV verlautbart sind.

Die Delegierung der Grundumlagenbeschlußfassung an den Landesgremialausschuß durch die Landesgremialtagung erfolgte für

3/01b am 6.3.1991-

verlautbart in der Nö Wirtschaft Nr. 20 vom 21.6.1991 auf

Seite 17,

3/13 am 24.4.1991-

verlautbart in der Nö Wirtschaft Nr. 16 vom 17.5.1991 auf

Seite 25,

3/26 am 15.4.1991-

verlautbart in der Nö Wirtschaft Nr. 16 vom 17.5.1991 auf

Seite 26.

Die Delegierung bezüglich der Grundumlagenbeschlußfassung an den Fachgruppenausschuß durch die Fachgruppentagung erfolgte für

6/01 am 30.4.1991-

verlautbart in der Nö Wirtschaft Nr. 16 vom 17.5.1991 auf

Seite 28.

Das Präsidium der Handelskammer Nö wurde mit Beschluß des Vorstandes vom 7.11.1990 gemäß § 53a HKG zur Genehmigung der Beschlüsse der Fachgruppen über die Grundumlage delegiert. Diese Delegierung wurde in der Nr. 37 in der Nö Wirtschaft vom 7.12.1990 auf Seite 6 verlautbart."

Zu Beginn der Begründung dieses Bescheides wird festgehalten, die Beschwerdeführerin sei "zum Zeitpunkt der Vorschreibung im Besitz der im Anhang angeführten Berechtigungen" gewesen.

Im Verwaltungsakt erliegt im Anschluß an diesen Bescheid ein mehrere Seiten umfassender, insgesamt 45 "Berechtigungen" der Beschwerdeführerin ausweisender Computerausdruck.

Über Berufung der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erging der Bescheid der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft vom 10. Mai 1993, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Die Berufung wird abgewiesen und der Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich vom 20.10.1992 mit der Ergänzung bestätigt, daß sich der Spruch des Bescheides der Kammer Niederösterreich im Hinblick auf § 59 Abs. 1 AVG auch auf den von der Vollversammlung der Kammer Niederösterreich gefaßten Beschluß gemäß § 57 Abs. 4 HKG vom 28.11.1990 über die Grundumlagepflicht beim Gemischtwarenhandel, kundgemacht im Mitteilungsblatt der Kammer Niederösterreich am 19.4.1991, Nr. 14, gründet.

Die Anlage dieses Bescheides wird zum integrierenden Bestandteil dieses Spruches erklärt." In der Begründung dieses Bescheides heißt es unter anderem, die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich habe mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 57g Abs. 1 Handelskammergesetz, BGBl. Nr. 182/1946, zuletzt geändert durch die 8. HKG Novelle BGBl. Nr. 620/1991, festgestellt, die Berufungswerberin verfüge über die im erstinstanzlichen Bescheid genannten Berechtigungen an den dort näher bezeichneten Standorten. Aufgrund dieser Berechtigungen sei die Berufungswerberin Mitglied bei den im erstinstanzlichen Bescheid genannten Fachgruppen. Sie sei daher verpflichtet, Grundumlagen in der Höhe von insgesamt S 107.904,-- zu entrichten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof durch den angefochtenen Bescheid "insofern in ihren Rechten verletzt, als

-

kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und das Parteiengehör der Beschwerdeführerin verletzt wurde;

-

weder der erstinstanzliche Bescheid noch der angefochtene Bescheid dem Erfordernis des § 59 Abs. 1 AVG entspricht, wonach der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze zu erledigen hat;

-

ohne gesetzliche Grundlage und ohne Grundlage in den Grundumlagenbeschlüssen für jede Betriebsstätte eine Grundumlagepflicht festgestellt wird;

-

für die Gewerbeberechtigung gemäß § 103 (1) lit. b Z. 25 GewO 1973 eine Grundumlage entsprechend den Beschlüssen jener Fachgruppen, denen die Beschwerdeführerin "fachlich zugeordnet" wurde, festgestellt wird, dabei jedoch eine Zugehörigkeit zu Fachgruppen angenommen wird, ohne daß die belangte Behörde diesbezüglich ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt, die Beschwerdeführerin gehört und die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen im Spruch des Bescheides getroffen hätte;

-

die von den Fachgruppen beschlossenen Grundumlagen in gesetzwidriger Weise nach der Rechtsform vervielfacht werden."

In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf verwaltungsgerichtliche Judikatur unter anderem vor, der Spruch des angefochtenen Bescheides entspreche nicht den Anforderungen des § 59 Abs. 1 AVG, weil darin die für die Bemessung der Umlagepflicht maßgebenden Berechtigungen nicht im einzelnen dargestellt seien. Eine entsprechende Darstellung in der Begründung vermöge diesen Mangel nicht zu ersetzen. Die belangte Behörde habe "die Anlage dieses Bescheides" zu einem integrierenden Bestandteil des Spruches erklärt. Mit der "Anlage" sei offenbar ein zusammengeheftetes Zettelkonvolut gemeint, das dem angefochtenen Bescheid beigelegt, mit diesem jedoch in keiner Weise verbunden war. Dem Erfordernis der eindeutigen Bestimmbarkeit werde damit zweifellos nicht entsprochen und es bleibe unklar, über welchen Sachverhalt mit dem angefochtenen Bescheid abgesprochen worden sei.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1993, Zl. 92/04/0248) ausgesprochen hat, sind ausgehend von den Bestimmungen des § 57g Abs. 1 HKG und des § 59 Abs. 1 AVG sämtliche für Art und Ausmaß der Umlagepflicht maßgebenden Umstände in den normativen Spruchinhalt eines Feststellungsbescheides nach § 57g Abs. 1 HKG aufzunehmen, was insbesondere für die hiefür maßgebenden "Berechtigungen" und die sich hieraus ergebende Zugehörigkeit zu bestimmten Gremien gilt. Im Bescheid enthaltene diesbezügliche Begründungsdarlegungen dürfen zur Ergänzung des normativen Abspruches eines Bescheides nicht herangezogen werden.

Im vorliegenden Fall enthält der erstbehördliche Bescheid in seinem Spruch keinen Hinweis auf die die Grundumlagepflicht der Beschwerdeführerin begründenden Berechtigungen im Sinne des § 57a Abs. 4 HKG. Der entsprechende Verweis in der Begründung dieses Bescheides vermag nach der soeben dargelegten Rechtslage an der dadurch begründeten Gesetzwidrigkeit des Spruches nichts zu ändern.

Durch die Bestätigung des erstbehördlichen Bescheides erhob die belangte Behörde in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG den Spruch des erstbehördlichen Bescheides - mit den im gegebenen Zusammenhang aber bedeutungslosen Maßgaben - zum Inhalt des angefochtenen Bescheides. Die dem Spruch des erstbehördlichen Bescheides anhaftende Rechtswidrigkeit trifft daher im übernommenen Umfang auch auf den angefochtenen Bescheid zu.

Der Ausspruch im Spruch des angefochtenen Bescheides, es werde "die Anlage dieses Bescheides zum integrierenden Bestandteil dieses Spruches erklärt", vermag daran nichts zu ändern, weil es einerseits an jeglicher sprachlicher Verknüpfung des Inhaltes dieser Anlage mit dem Abspruch über die Grundumlagepflicht der Beschwerdeführerin fehlt, und andererseits mangels haltbarer mechanischer Verbindung mit dem angefochtenen Bescheid oder entsprechender erforderlicher Bestimmbarkeitskriterien eine eindeutige Zuordnung eines entsprechendes Schriftstückes nicht möglich ist.

Der angefochtene Bescheid war daher in Stattgebung der Beschwerde schon aus den dargestellten Erwägungen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG in vollem Umfang aufzuheben, ohne daß sich das Erfordernis der Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringen ergab.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Spruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993040119.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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