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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. September 1992, Zl. 153409/18-IV/10/92, betreffend Einrechenbarkeit von Zeiten in den ordentlichen Zivildienst, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. September 1992 wurde gemäß § 15 Abs. 3 des Zivildienstgesetzes (ZDG) festgestellt, daß die Zeit vom 1. März bis 2. März 1992, somit zwei Tage, in die mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. August 1991 verfügte Zeit der Leistung des Grundzivildienstes vom 1. Oktober 1991 bis 31. Mai 1992 nicht einzurechnen ist. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesministers für Inneres mit Wirkung vom 1. Oktober 1991 bis 31. Mai 1992 der Magistratsabteilung 16 - Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien - zur Leistung des Grundzivildienstes zugewiesen worden sei, wo er Hilfsdienste in Krankenabteilungen zu leisten hatte. Er sei jedoch in der Zeit vom 1. März 1992 bis 8. März 1992 - wie auch an anderen Tagen, diese sind aber nicht mehr gegenständlich - vom Dienst ferngeblieben. Es sei ihm von der belangten Behörde mitgeteilt worden, daß die vorgelegte ärztliche Bescheinigung "als ungerechtfertigt anzusehen" wäre und es sei ihm die Möglichkeit geboten worden, hiezu innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er habe daraufhin mit einem Schreiben vom 16. Juli 1992 - unter anderem - mitgeteilt, daß er zur Dienstabwesenheit vom 1. März bis 8. März 1992 sich über Aufforderung seines Vorgesetzten Dienstunfähigkeit auf einem bestimmten Formular bestätigen habe lassen. Diese Bestätigung sei am 15. April 1992 ausgestellt worden, das Orginal sei jedoch nicht auffindbar. Die Erstkonsultation habe bereits vor diesem Zeitpunkt stattgefunden. Der vom Beschwerdeführer konsultierte praktische Arzt habe der belangten Behörde daraufhin schriftlich mitgeteilt, daß der Beschwerdeführer ihn wegen dieser Erkrankung zum ersten Mal am 3. März 1992 aufgesucht habe. Die belangte Behörde führte im angefochtenen Bescheid sodann aus:
"Da der Arzt glaubwürdig das Vorliegen zwingender Arbeitsunfähigkeit erst ab dem Zeitpunkt seiner ärztlichen Untersuchung festzustellen vermag und für Zeiträume, die vor dem Zeitpunkt seiner Untersuchung gelegen sind, auf Patientenangaben angewiesen ist, ist zu Ihrem Fernbleiben vom Dienst vom 1.3. bis 8.3.1992 dieses vom 3.3.1992 bis 8.3.1992 als entsprechend nachgewiesen anzusehen. Die Zeit vom 1.3. bis 2.3.1992 ist mangels geeigneten Nachweises im Sinne des § 23b Abs. 2 ZDG als nicht entsprechend nachgewiesen und sohin ungerechtfertigt zu werten."
Gestützt auf § 15 Abs. 2 Z. 2 ZDG stellte die belangte Behörde sohin die genannten zwei Tage als in die Zeit des ordentlichen Zivildienstes des Beschwerdeführers nicht einrechenbar fest.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 15 Abs. 2 Z. 2 ZDG wird in die Zeit des ordentlichen Zivildienstes die Zeit, während der der Zivildienstpflichtige aus sonstigen Gründen, die er selbst vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat, keinen Zivildienst geleistet hat, nicht eingerechnet. Gemäß § 15 Abs. 3 ZDG hat der Bundesminister für Inneres die nach Abs. 2 nicht einrechenbaren Zeiten festzustellen.
Zutreffend verweist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid wohl darauf, daß in § 23b ZDG geregelt ist, wie sich der Zivildienstleistende zu verhalten hat, wenn er verhindert ist, Dienst zu versehen. Aus Abs. 2 dieser Bestimmung ist ersichtlich, wie er sich zu verhalten hat, wenn die Dienstverhinderung durch Krankheit bedingt ist. Daraus allein ist jedoch für das Gegebensein der Voraussetzungen für die Feststellung gemäß § 15 Abs. 3 ZDG von nichteinrechenbaren Zeiten nach § 15 Abs. 2 Z. 2 ZDG nichts zu gewinnen, weil die letztgenannte Bestimmung ausdrücklich darauf abstellt, daß hier nur solche Zeiten nicht einrechenbar sind, während denen der Zivildienstpflichtige aus sonstigen Gründen, die er SELBST VORSÄTZLICH ODER GROB FAHRLÄSSIG VERSCHULDET HAT, keinen Zivildienst geleistet hat. Nun ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, daß die belangte Behörde offensichtlich davon ausgeht, daß der Beschwerdeführer die von ihm behauptete Krankheit am 1. und 2. März 1992 nicht entsprechend nachgewiesen habe und die Zeit "sohin als ungerechtfertigt zu werten" sei.
Abgesehen davon, daß die belangte Behörde in keiner Weise dargelegt hat, wieso sie zu dem Ergebnis gelangte, daß der "Arzt glaubwürdig das Vorliegen zwingender Arbeitsunfähigkeit erst ab dem Zeitpunkt seiner ärztlichen Untersuchung festzustellen vermag", womit sie dem Arzt implicit die Fähigkeit abspricht, eine Dienstunfähigkeit auch für einen Zeitraum vor der Erstkonsultation zu bescheinigen, und der angefochtene Bescheid in diesem Punkte nicht nachvollziehbar ist, ergeben sich auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, das Fernbleiben des Beschwerdeführers am 1. und 2. März 1992 beruhe auf Gründen, die der Beschwerdeführer durch sich unmittelbar auf die Leistung des Zivildienstes beziehenden Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit (vgl. hiezu die Erläuternden Bemerkungen zu § 15 ZDG, RV 603 Blg. NR XIII, GP, 25) verschuldet hätte.
Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für eine nicht erforderliche weitere Ausfertigung des angefochtenen Bescheides.
Schlagworte
freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992110254.X00Im RIS seit
20.11.2000