TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/25 93/08/0023

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Veröffentlicht am 25.01.1994
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ABGB §1042;
ASVG §114;
ASVG §67 Abs10;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
StGB §159 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des G in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 12. Jänner 1993, Zl. 3/07-12.838/3-1992, betreffend Haftung für Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse, Salzburg, Faberstraße 19-23), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. August 1992 sprach die mitbeteiligte Salzburger Gebietskrankenkasse aus, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der I. GmbH. aufgrund des § 67 Abs. 10 ASVG verpflichtet sei, an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen von S 43.179,99 (zusammengesetzt aus den Beiträgen für August und September 1990 sowie 10,5 % Zinsen) und Nebenkosten zu bezahlen. Begründend wurde ausgeführt, daß es zu den Pflichten des Beschwerdeführers als Geschäftsführer der I. GmbH. gehört habe, die Beiträge im Haftungszeitraum ordnungsgemäß zu entrichten. Da dies schuldhaft unterblieben sei und die Beiträge nicht hätten hereingebracht werden können, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

In dem dagegen erhobenen Einspruch wandte sich der Beschwerdeführer gegen den Vorwurf einer schuldhaften Verletzung der ihm obliegenden Pflichten. Er sei mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 22. Juni 1992 vom Vorwurf, zwischen September 1990 und März 1991 als Geschäftsführer der I. GmbH. Beiträge von Dienstnehmern zur Sozialversicherung einbehalten und nicht abgeliefert zu haben, freigesprochen worden. In den Monaten August und September 1990 seien die Gehälter nicht mehr von der I. GmbH. bezahlt worden, sondern sei der Beschwerdeführer persönlich für die Nettogehälter in Vorlage getreten. Somit (nämlich mangels Auszahlung von Gehältern durch die I. GmbH.) sei er auch als Geschäftsführer dieser Gesellschaft nicht mehr verpflichtet gewesen, Sozialversicherungsbeiträge einzubehalten. Daher habe er auch nicht schuldhaft gehandelt. Ab September 1990 habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die Beiträge vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds erhalten. Ab August, auf jeden Fall ab September 1990 sei es der I. GmbH. infolge Zahlungsunfähigkeit nicht mehr möglich gewesen, Gehälter zu bezahlen. Aus diesem Grund habe der Beschwerdeführer Anfang Dezember 1990 den Konkursantrag gestellt. Daß die Zahlungsunfähigkeit nicht von ihm fahrlässig herbeigeführt worden sei, sei dadurch bestätigt, daß er mit dem schon genannten Urteil auch vom Vorwurf des Vergehens der fahrlässigen Krida freigesprochen worden sei.

Im Vorlagebericht zum Einspruch brachte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse vor, daß die Gehälter der Beschäftigten der I. GmbH. erst ab Oktober 1990 vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds bezahlt worden seien. Vorher müßten daher die Gehälter von der I. GmbH. oder vom Beschwerdeführer persönlich bezahlt worden sein. Für die Beurteilung der Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG sei es jedoch völlig unerheblich, wer oder aus welchem Titel Zahlungen leiste. Prüfungsmaßstab sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lediglich die Gleichbehandlung. Habe der Beschwerdeführer, wie er selbst anführe, die Gehälter der Dienstnehmer selbst bezahlt, so habe er zumindest in diesem Ausmaß für diese Zeiträume gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, in denen er die Sozialversicherungsbeiträge schuldhaft (wobei leichte Fahrlässigkeit genüge) nicht abgeführt habe. Zum Freispruch nach § 114 ASVG sei zu erwähnen, daß die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse lediglich die Dienstnehmeranteile für September 1990 vom Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds erhalten habe, nicht aber die Dienstgeberanteile. Die Dienstnehmeranteile seien jedoch bei der Bescheiderstellung bereits berücksichtigt worden.

In seiner Stellungnahme zum Vorlagebericht vom 30. November 1992 verwies der Beschwerdeführer zunächst auf sein bisheriges Vorbringen, monierte, daß auch aus dem Vorlagebericht nicht ersichtlich sei, worin die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse nun das schuldhafte Handeln des Beschwerdeführers erblicke und verwies diesbezüglich darauf, daß er bereits im Einspruch vorgebracht habe, es sei der I. GmbH. ab August 1990 nicht mehr möglich gewesen, Gehälter auszubezahlen, weil sie zahlungsunfähig geworden sei. Aus diesem Grund habe er rechtzeitig den Konkursantrag gestellt. Da aber die I. GmbH. in den Monaten August und September 1990 keine Gehälter mehr habe bezahlen können, sei er als Geschäftsführer dieser Gesellschaft auch nicht mehr verpflichtet gewesen, die Beiträge einzubehalten.

In ihrer Replik zu dieser Stellungnahme vom 8. Jänner 1993 warf die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse dem Beschwerdeführer vor, er sei bereits vor der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides aufgefordert worden, Gründe darzulegen, die ihn von der Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG befreiten. Dies habe er jedoch unterlassen. Deshalb sei die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ausgegangen. Er behaupte immer nur, daß von der I. GmbH. keine Gehälter mehr bezahlt worden seien. Dem Einspruch sei jedoch - außer dem Einwand der Zahlungsunfähigkeit - nicht zu entnehmen, ob nicht doch auch andere Verbindlichkeiten befriedigt worden seien. Jedenfalls habe der Beschwerdeführer diesbezüglich keine Beweise erbracht. In seinem Erkenntnis vom 25. April 1990, Zl. 89/08/0013, führe der Verwaltungsgerichtshof aus, daß der Hinweis eines Geschäftsführers, selbst Einlagen in das Betriebsvermögen getätigt zu haben, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen könne, weil die Heranziehung eigener Mittel des Geschäftsführers zur Abdeckung der Verbindlichkeiten der GmbH. nicht den Schluß rechtfertige, daß überhaupt keine Mittel der Gesellschaft zur Befriedigung der Gläubiger vorhanden gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe es verabsäumt, der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, um prüfen zu können, ob überhaupt keine Mittel mehr zur Verfügung gestanden seien und auch keine anderen Verbindlichkeiten (außer Gehälter) bezahlt worden seien. Deshalb sei die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zu Recht von der schuldhaften Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ausgegangen. Diese Replik wurde dem Beschwerdeführer nach der Aktenlage nicht zur Kenntnis gebracht.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. In der Bescheidbegründung wird nach Zitierung des § 67 Abs. 10 ASVG und auszugsweiser Wiedergabe von Rechtsätzen des Erkenntnisses vom 25. April 1989, Zl. 89/08/0013, ausgeführt, daß der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der I. GmbH. zwar die Gehälter der Bediensteten für die Monate August und September 1990 bezahlt, nicht jedoch die damit verbundenen Sozialversicherungsbeiträge abgeführt habe. Zu seiner Einwendung, er habe die Mittel hiefür aus seinem Privatvermögen aufgebracht, werde auf das eben genannte Erkenntnis verwiesen, wonach mit diesem Hinweis nichts gewonnen sei, weil die Heranziehung eigener Mittel zur Abdeckung von Verbindlichkeiten einer GmbH. nicht den Schluß zulasse, daß überhaupt keine Mittel der Gesellschaft zur Befriedigung der Gläubiger vorhanden gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe durch die Bezahlung der Gehälter der Bediensteten der von ihm vertretenen Gesellschaft bzw. durch die Unterlassung der Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge den Sozialversicherungsträger schlechter behandelt als die Bediensteten. Im Sinne der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes (im genannten Erkenntnis) müsse festgestellt werden, daß der Beschwerdeführer nicht habe nachweisen können, daß für die Bezahlung der Gehälter im August und September 1990 keinerlei Mittel der Dienstgebergesellschaft zur Verfügung gestanden seien. Ebensowenig habe er nachweisen können, daß ihn an der Nichtentrichtung der Sozialversicherungsbeiträge keinerlei Verschulden treffe. Im Sinne der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe daher der bekämpfte Bescheid als rechtlich unbedenklich bestätigt werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Die mitbeteiligte Partei nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften u.a. die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Zu den in § 67 Abs. 10 ASVG genannten "zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen" gehören auch die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (vgl. das Erkenntnis vom 19. September 1989, Zl. 88/08/0283).

Unter Bedachtnahme auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den materiell- und formellrechtlichen Voraussetzungen einer Haftung des Geschäftsführers einer GmbH. nach § 67 Abs. 10 ASVG (vgl. außer dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 25. April 1989, Zl. 89/08/0013, u.a. die Erkenntnisse vom 13. März 1990, Zl. 89/08/0217, vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0016, Zl. 90/08/0045, Zl. 90/08/0100, vom 17. Dezember 1991, Zl. 90/08/0052, und vom 20. April 1993, Zl. 92/08/0250), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ist zunächst die Rechtsauffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe durch die Bezahlung der Gehälter der Bediensteten der I. GmbH. aus Eigenmitteln ohne (gleichzeitige) Abfuhr der davon zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse schlechter behandelt als die Bediensteten und es treffe ihn schon deshalb eine Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG, rechtsirrig. Denn unter der Voraussetzung, daß dem Beschwerdeführer, wie er in der Beschwerde behauptet, bei oder nach Fälligkeit der in Haftung gezogenen Sozialversicherungsbeiträge (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 21. Mai 1992, Zl. 91/17/0046, und vom 13. November 1992, Zl. 91/17/0047) keine, einer Verwendung durch ihn als Geschäftsführer unterliegenden Mittel der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, bewirkten die behaupteten Gehaltszahlungen an die Bediensteten der I. GmbH. aus Eigenmitteln des Beschwerdeführers nicht seine Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG, weil er dadurch zwar die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse schlechter behandelt hätte als die Bediensteten, diese Ungleichbehandlung aber - unabhängig davon, ob er sie mit der Absicht verbunden hat, von der I. GmbH. im Sinne des § 1042 ABGB Ersatz zu verlangen, worauf die Bezeichnung mit "in Vorlage treten" hindeutet - nicht bei der Verfügung über Gesellschaftsmittel, sondern über Eigenmittel des Beschwerdeführers erfolgte, auf deren Verwendung in einem bestimmten Sinn (hier: zur gleichzeitigen zumindest anteiligen Befriedigung der offenen Forderungen an Sozialversicherungsbeiträgen) die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse nach den Bestimmungen des ASVG keinen Anspruch hatte. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse und - ihr folgend - die belangte Behörde mißverstehen insofern das Erkenntnis vom 25. April 1989, Zl. 89/08/0013. Denn darin wurde nicht ein solcher Anspruch der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bejaht, sondern lediglich dargelegt, daß die Heranziehung eigener Mittel der im damaligen Beschwerdefall von der Haftung betroffenen Beschwerdeführerin zur Abdeckung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht den Schluß rechtfertige, es seien überhaupt keine Mittel der Gesellschaft zur Befriedigung der Gläubiger vorhanden gewesen. (Einem solchen Schluß standen im übrigen im damaligen Beschwerdefall auch die anderen Ermittlungsergebnisse entgegen). Der angefochtene Bescheid beruht daher insofern auf einer rechtswidrigen Auffassung.

Dem käme - sachverhaltsbezogen - dann keine Bedeutung zu, wenn unabhängig von dieser unzutreffenden Rechtsmeinung die Haftung des Beschwerdeführers deshalb zu bejahen wäre, weil er "im Sinne der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes" (im schon zitierten Erkenntnis vom 25. April 1989) im Verwaltungsverfahren nicht hätte nachweisen können, daß für die Bezahlung der Gehälter (und sonstiger Verbindlichkeiten der Gesellschaft) im maßgebenden Zeitraum keine Mittel der Gesellschaft zur Verfügung gestanden seien, und ihn somit an der Nichtentrichtung dieser Beiträge kein Verschulden getroffen habe.

Soweit mit der Wendung "im Sinne der Ausührungen des Verwaltungsgerichtshofes" zum Ausdruck gebracht werden sollte, es genüge für ein Mißlingen des Nachweises des Beschwerdeführers - im Sinne der Grundsätze der Rechtsprechung zur Behauptungs- und Beweislast einer in Haftung gezogenen Person (vgl. dazu u.a. das Erkenntnis vom 20. April 1993, Zl. 92/08/0250, mit weiteren Judikaturhinweisen) - schon die bloße Tatsache der Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus Eigenmitteln des Beschwerdeführers, läge dem wiederum der schon verworfene Rechtsirrtum zugrunde.

Diese Wendung könnte aber auch so verstanden werden, daß aus der Bezahlung allein noch nicht folge, daß nicht doch solche Gesellschaftsmittel vorhanden gewesen seien, die eine zumindest anteilige Befriedigung der Sozialversicherungsbeiträge ermöglicht hätten, und daß dem Beschwerdeführer deshalb kein diesbezüglicher Nachweis gelungen sei. Bei einem solchen Verständnis der strittigen Wendung wäre ersteres richtig, letzteres aber - sachverhaltsbezogen - nicht. Denn wenn auch der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren

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anders als nunmehr in der Beschwerde - nicht ausdrücklich vorgebracht hat, die I.GmbH. habe im maßgebenden Zeitraum über keine Mittel mehr verfügt, so trifft es doch zu, wie der Beschwerdeführer in der Beschwerde ausführt, daß sein Vorbringen im Einspruch und noch deutlicher in seiner Stellungnahme vom 30. November 1992, es sei der I. GmbH. ab August 1990 nicht mehr möglich gewesen, Gehälter auszuzahlen, weil sie zahlungsunfähig geworden sei, eine solche Mittellosigkeit zumindest indizierte. Im Rahmen der der belangten Behörde nach den genannten Grundsätzen der Rechtsprechung - ungeachtet der Behauptungs- und Beweislast der in Haftung gezogenen Person - obliegenden amtswegigen Ermittlungspflicht bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte für ein Fehlen von Gesellschaftsmitteln hätte sie den Beschwerdeführer daher entweder schon aufgrund dieses Vorbringens zu einer solchen Präzisierung und Konkretisierung einer allenfalls behaupteten Mittellosigkeit und zu entsprechenden Beweisanboten (z.B. zur Vorlage einer Liquiditätsaufstellung für den maßgebenden Zeitraum: vgl. das Erkenntnis vom 16. Dezember 1986, Zl. 86/14/0077) im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. die Erkenntnisse vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0016, und vom 20. April 1993, Zl. 92/08/0173 und Zl. 92/08/0201) auffordern müssen, die es der belangten Behörde ermöglicht hätten, die Richtigkeit einer solchen Behauptung zu überprüfen, oder ihm doch (und jedenfalls) die Replik der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 8. Jänner 1993, in der erstmals im Einspruchsverfahren die Frage der Mittellosigkeit der Gesellschaft ausdrücklich aufgeworfen wurde, mit einer solchen Aufforderung zur Kenntnis bringen müssen. Von der Verpflichtung zu diesen Verfahrensschritten war die belangte Behörde

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entgegen ihrer Auffassung in der Gegenschrift und jener der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse in der eben genannten Replik - schon im Hinblick auf das eben genannte, eine Mittellosigkeit der I. GmbH. im Haftungszeitraum indizierende Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht wegen seiner vor der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides erfolgenden ganz allgemeinen Belehrung über seine Behauptungs- und Beweislast im Schreiben der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 1. August 1991 enthoben.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren wird, um Mißverständnisse zu vermeiden, zu den (in der Beschwerde freilich nicht mehr erhobenen) Einwänden des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren gegen sein Verschulden, er sei in dem gegen ihn abgeführten Strafverfahren (wegen der Vorwürfe strafbarer Handlungen nach § 114 ASVG und § 159 Abs. 1 Z. 1 StGB) rechtskräftig freigesprochen worden und die I. GmbH. sei ab August 1990 zahlungsunfähig gewesen, weshalb er auch als Geschäftsführer einen Konkursantrag gestellt habe, bemerkt, daß diese Umstände wegen der spezifischen Art der öffentlich-rechtlichen Haftung des Geschäftsführers einer GmbH. nach § 67 Abs. 10 ASVG seine Exkulpierung von dieser Haftung nicht zu bewirken vermöchten (vgl. dazu u.a. die Erkenntnisse vom 19. Februar 1991, Zl. 90/08/0100, und vom 17. Dezember 1991, Zl. 90/08/0052).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Das Kostenmehrbegehren auf Stempelgebührenersatz war im Hinblick auf die bestehende sachliche Abgabenfreiheit (§ 110 Abs. 1 Z. 2 ASVG) abzuweisen.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993080023.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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