TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/26 93/01/0036

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.01.1994
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §25 Abs1;
AsylG 1991 §25 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs1;
FlKonv Art43;
VwGG §27;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juli 1992, Zl. 4.281.697/4-III/13/90, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juli 1992 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines rumänischen Staatsangehörigen ungarischer Nationalität, der sich vom 15. Juli 1989 bis zu seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 8. September 1989 in Ungarn aufgehalten hatte, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 29. Jänner 1990, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, abgewiesen. Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde von diesem mit Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zlen. B 1387/92, B 1542/92, abgewiesen und gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf "Gewährung des Asylrechtes in Österreich" sowie im Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem über die vorliegende Beschwerde gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, daß aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht ersichtlich sei, welche Berufung gegen welchen Bescheid welcher Behörde abgewiesen worden sei, da weder das Datum der Berufung noch das Datum des Bescheides angeführt sei und auch ein Hinweis darauf, welche Sicherheitsdirektion den erstinstanzlichen Bescheid unter welcher Zahl erlassen habe, fehle. Der angefochtene Bescheid sei daher nicht ausreichend konkretisiert.

Richtig ist, daß die deutliche Bezeichnung des Gegenstandes der Erledigung der belangten Behörde durch Angabe des Datums und der Zahl des erstinstanzlichen Bescheides sowie durch Benennung der erstinstanzlichen Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides fehlt. Datum und Zahl des den Asylantrag des Beschwerdeführers betreffenden erstinstanzlichen Bescheides sind allerdings der - insoweit eine Einheit mit dem Spruch bildenden - Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen. Es zeigt weiters die Beschwerde, daß beim Beschwerdeführer kein Zweifel bestand, über welche Berufung mit dem angefochtenen Bescheid entschieden worden ist, zumal er auch nicht behauptet hat, mehrere Asylanträge gestellt zu haben. Es ist daher im Umstand, daß der Spruch des angefochtenen Bescheides lediglich ausspricht, daß die "Berufung gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion ... abgewiesen" wird, keine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers zu sehen.

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer kein Asyl gewährt, weil sie der Auffassung war, daß der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gegeben sei. Nach dieser Bestimmung wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides sei Verfolgungssicherheit insbesondere dann anzunehmen, wenn der Asylwerber vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland bzw. in einen Verfolgerstaat abgeschoben zu werden. Zur Erfüllung dieses Tatbestandes sei ein bewußtes Zusammenwirken zwischen der Person des Asylwerbers und den Behörden des Drittstaates nicht notwendig. Vielmehr müßten lediglich die rechtlichen Voraussetzungen für den geforderten Schutz bestehen und tatsächlich die Möglichkeit bestanden haben, ihn durch oder bei Kontaktaufnahme mit der Behörde zu aktualisieren.

Mit dieser Auffassung befindet sich die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der hg. Judikatur. Für die Annahme der Verfolgungssicherheit genügt es, daß der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (vgl. z. B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 9. September 1993, Zl. 93/01/1340). Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß diese Voraussetzungen beim Beschwerdeführer nicht vorlagen. Insbesondere hat er nichts vorgebracht, was darauf hindeuten könnte, er wäre gehindert gewesen, in Ungarn länger zu bleiben und dort um Asyl anzusuchen.

Unzutreffend ist freilich die Auffassung des Beschwerdeführers, daß Ungarn die Genfer Flüchtlingskonvention erst im Oktober 1989 ratifiziert habe und ihm daher während seines Aufenthaltes in Ungarn die rechtlichen Möglichkeiten gefehlt hätten, Asyl zu beantragen. Ungarn hat vielmehr am 14. März 1989 die Beitrittsurkunde zur Konvention hinterlegt (vgl. BGBl. Nr. 260/1992). Dieses Abkommen ist daher gemäß seinem Art. 43 Z. 2 für Ungarn am 12. Juni 1989 in Kraft getreten, somit mehr als einen Monat vor der Einreise des Beschwerdeführers nach Ungarn. Auch mit dem Hinweis, Ungarn hätte "in der Zeit der kommunistischen Diktatur" wiederholt Flüchtlinge aus Rumänien zurückgeschickt, vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun, er wäre in der Zeit seines Aufenthaltes in Ungarn vor Verfolgung nicht sicher gewesen. Denn es kann diesem Vorbringen nicht entnommen werden, Ungarn habe die sich aus seinem Beitritt zur Flüchtlingskonvention - insbesondere aus dessen Art. 33 - ergebenden Verpflichtungen mißachtet.

Die belangte Behörde konnte somit die Frage, ob der Beschwerdeführer in seinem Heimatland tatsächlich Verfolgung im Sinne des § 1 Zif. 1 Asylgesetz 1991 ausgesetzt war, zu Recht ungeprüft lassen.

Dem Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde habe durch die überaus lange Verfahrensdauer bewirkt, daß auf den Beschwerdeführer nicht mehr das für ihn günstigere Asylgesetz (BGBl. Nr. 126/1968) sondern das Asylgesetz 1991 anzuwenden war, ist - abgesehen vom Hinweis auf die Möglichkeit der Einbringung einer Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 132 B-VG - schließlich entgegenzuhalten, daß damit eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht dargetan wird (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0340).

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseRechtsverletzung sonstige FälleVerletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenVerhältnis zu anderen Materien und Normen VwGG (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren)

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten