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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §34 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Büsser, über die Beschwerde des Verbandes der ÖBB Landwirtschaft in Wien, vertr durch Dr. H, RA in W, gegen den Bescheid der FLD für Wien, NÖ und Bgld, 18.12.1991, GZ.6/2-2097/89-05, 2174/89-05, betr KSt 1983 bis 1988, Vorauszahlungen an KSt für 1989 sowie Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1.1.1984, 1985, 1986 und 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Statuten des beschwerdeführenden Vereines lauten auszugsweise:
"§ 1 Name und Sitz
Der Verband der ÖBB-Landwirtschaft führt den Namen "Verband
der ÖBB-Landwirtschaft" und hat den Sitz in Wien.
§ 2 Zuständigkeit
Die Zuständigkeit des Verbandes umfaßt alle
Bezirksleitungen und alle Zweigvereine im Gesamtbereich der ÖBB.
§ 3 Aufgaben, Zweck und Mittel
1.) Förderung der Schrebergartenbewegung mit dem Ziel einer vernünftigen Freizeitgestaltung für alle ÖBB-Bedienstete. Die Tätigkeit des Verbandes der ÖBB-Landwirtschaft darf nicht auf Gewinn oder Erwerb gerichtet sein.
2.) Der Abschluß, die ordnungsgemäße Einhaltung oder die allfällige Änderung des mit der Generaldirektion der ÖBB über die "Nutzung aller dem Verband der ÖBB-Landwirtschaft überlassenen bahneigenen Grundflächen im gesamten Bundesgebiet" vereinbarten Vertrags - im weiteren kurz Vertrag genannt.
3.) Der Abschluß von Verträgen über private und öffentliche Grundstücke zur kleingärtnerischen Nutzung.
4.)
Überwachung der Einhaltung aller Verträge.
5.)
Die Vertretung der Bezirksleitungen und der Zweigvereine vor den Behörden in allen jenen Angelegenheiten, die durch ihre grundsätzliche Bedeutung für die ganze ÖBB-Landwirtschaft von entscheidender Bedeutung sind.
6.) Der Abschluß einer Haftpflichtversicherung bei einem Versicherungsunternehmen für alle Mitglieder und Organe der ÖBB-Landwirtschaft.
7.) Die Gewährung von Rechtsschutz in Angelegenheiten, die sich aus der Funktionstätigkeit der Organe der Bezirksleitung oder Verbands der ÖBB-Landwirtschaft ergeben. Die Gewährung des Rechtsschutzes liegt im freien und unanfechtbaren Ermessen des Präsidiums.
8.) Unterstützung und Koordinierung der Bezirksleitungen bei Erfüllung ihrer Aufgaben.
9.) Verleihung von Ehrenzeichen in Silber und Gold für 25- und 40-jährige Mitgliedschaft und Ehrenfunktionen.
10.) Zur Bewältigung der Aufgaben des Verbandes der ÖBB-Landwirtschaft sind vorgesehen:
10.1. Mitgliederbeitrag,
10.2. Umlagen,
10.3. Spenden.
§ 4 Mitgliedschaft
1.) Mitglieder des Verbandes sind alle Bezirksleitungen und Zweigvereine des Gesamtbereichs der ÖBB.
2.) Jedes Mitglied hat eine vom Verband einheitlich aufgelegte Beitrittserklärung zu unterfertigen und die Kenntnisnahme bzw. Anerkennung der Statuten und des Vertrags zu bestätigen.
3.) Über die Aufnahme eines Mitglieds entscheidet die Leitung.
...
§ 17 Auflösung
1.) Die von der Bundeskonferenz mit 2/3-Mehrheit beschlossene Auflösung des Verbands der ÖBB-Landwirtschaft wird mit dem darauffolgenden Jahresende wirksam.
2.) Das Präsidium hat bis zum Wirksamwerden der Auflösung alle Verbindlichkeiten zu erfüllen.
3.) Das vorhandene Vermögen des Verbandes ist dem Waisenverein der ÖBB mit einem Verzeichnis für karitative Zwecke zu übergeben."
Mitglieder des beschwerdeführenden Vereines sind also die Bezirksleitungen und Zweigvereine des Gesamtbereichs der ÖBB.
Die Mustersatzung der Zweigvereine enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
§ 5 Aufnahme der Mitglieder
1.
Die Mitgliedschaft ist grundsätzlich an die Überlassung eines Schrebergartens oder einer sonst landwirtschaftlich genutzten Fläche gebunden.
2.
Mitglied des Zweigvereines kann jeder Bedienstete der ÖBB des Aktiv- und Ruhestands werden.
3.
Angehörige als unmittelbare Nachfolger eines Mitglieds, sofern diese Anspruch auf einen Dauerausweis der ÖBB haben.
4.
Die Aufnahme von bahnfremden Mitgliedern für Gartenflächen ist nur zulässig, wenn die Zustimmung der Generaldirektion zur Vergabe des Schrebergartens an den Bahnfremden bereits schriftlich vorliegt.
..."
Das Finanzamt versagte die Abgabenbegünstigungen für Vereinigungen, die unter anderem gemeinnützige Zwecke verfolgen, und schrieb Körperschaftsteuer 1983 bis 1988, Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer 1989, Vermögensteuer sowie Erbschaftssteueräquivalent zum 1. Jänner 1984, 1985, 1986 und 1989 vor.
In den Berufungen gegen diese Bescheide wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer verfolge nicht nur den ausschließlichen Zweck, die Schrebergartenbewegung zu fördern, sondern verwalte und pflege auch Weiden, Wiesen, Äcker und Böschungen, die weder als Kleingärten verwendet noch eingezäunt werden. Die ÖBB habe dem Beschwerdeführer im Wege eines Prekariums folgenden Grundbesitz zur Verfügung gestellt:
Vereinsmitglieder Fläche
Anzahl % m2 %
Böschungen, Weiden,
Äcker, Wiesen
a) ÖBB-Dienstnehmer
(aktive und passive) 1.895 6.725.508
b) Bahnfremde 1.438 2.013.458
3.333 19 8.738.966 70
Kleingärten
a) ÖBB-Dienstnehmer
(aktive und passive) 12.282 3.044.063
b) Bahnfremde 2.806 695.575
15.088 81 3.739.638 30
18.421 100 12.478.604 100
Die von der ÖBB dem Beschwerdeführer zur Verfügung
gestellten Grundstücke würden somit überwiegend, und zwar im
Ausmaß von 70 % nicht für kleingärtnerische Zwecke genützt. Bei
der Verwaltung dieses aus Böschungen, Weiden, Äckern und Wiesen
bestehenden Grundbesitzes bestehe die Hauptaufgabe darin, die
Grundstücke vor allem von Abfällen und der Errichtung wilder
Deponien freizuhalten, Sträucher, Bäume und Wiesen zu pflegen
und damit zur Verschönerung des Landschaftsbildes beizutragen.
Der Beschwerdeführer beteiligte sich in hohem Maße am Umweltschutz und der Landschaftspflege, womit nicht nur die Grundwässer reingehalten, sondern auch Flora und Fauna geschützt würden.
Weiters wurde vom Beschwerdeführer vorgebracht, daß nicht nur ein begrenzter Personenkreis gefördert werde, da dem Verein jedermann beitreten könne. Der Personenkreis sei nicht auf ÖBB-Bedienstete eingeschränkt; derzeit entfielen von der Gesamtmitgliederzahl von 18.421 auf bahnfremde Personen 4.244.
In dem in Beschwerde gezogenen Bescheid kam die belangte Behörde zu der Auffassung, daß eine Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nicht gegeben sei. Die Behörde ging davon aus, daß für die Beurteilung der Frage, ob der beschwerdeführende Dachverband gemeinnützige Zwecke verfolge, auch die Statuten und tatsächliche Geschäftsführung der Bezirksleitungen und Zweigvereine zu beachten seien. Die Statuten aller Vereine enthielten als ersten Zweck die Förderung der Schrebergartenbewegung mit dem Ziel einer vernünftigen Freizeitgestaltung für alle ÖBB-Bedienstete. Der in der Berufungsschrift gegebenen Darstellung sei zu entnehmen, daß zwar nur 30 % der vergebenen Flächen Kleingärten seien, aber 81 % der Mitglieder Kleingärten nutzten. Daraus ergebe sich, daß die Förderung der Schrebergartenbewegung kein völlig untergeordneter Nebenzweck sei. Kleingarten- und Schrebergartenvereine erfüllten aber grundsätzlich nicht die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit. Sie würden in der Regel nur die Interessen ihrer Mitglieder vertreten, ohne dabei die Allgemeinheit zu fördern. Auf Grund der Umstände, daß nur selten ein Mitgliederwechsel stattfinden könne und daß Bahnfremde nur mit ausdrücklicher Zustimmung der ÖBB-Generaldirektion Flächen nutzen könnten, sei de facto ein geschlossener Personenkreis gegeben, der gemäß § 36 Abs. 1 BAO nicht als Allgemeinheit aufzufassen sei. Soweit der Beschwerdeführer die landschaftspflegerischen Maßnahmen an Böschungen, Weiden, Äckern und Wiesen entlang der Bahnstrecken als Beitrag zum Umweltschutz, der Landschaftspflege und der Reinhaltung der Grundwässer hervorhebe - dieser Zweck sei im übrigen in der Satzung nicht enthalten - ändere dies nichts daran, daß für einen beträchtlichen Teil des Grundbesitzes das Eigeninteresse der Mitglieder an der Nutzung der Kleingärten im Vordergrund stehe. So sei nach § 10 der von der Verbandsleitung erlassenen Gartenordnung das Betreten fremder Grundstücke selbst anderen Vereinsmitgliedern nur bei Elementarereignissen oder bei Einbrüchen gestattet. Somit sei aber eine Förderung der Allgemeinheit nicht gegeben.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit wegen unrichtiger Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 6 KStG 1966 sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, Stiftung oder sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen, nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 BAO von der Körperschaftsteuer befreit. § 5 Z. 6 KStG 1988 enthält eine gleichartige Regelung. Derartige Körperschaften sind gemäß § 3 Abs. 1 Z. 7 VStG 1954 auch von der Vermögensteuer befreit.
Gemäß § 34 Abs. 1 BAO sind Begünstigungen, die bei Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, an die Voraussetzungen geknüpft, daß die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, der die Begünstigung zukommen soll, nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder ihrer sonstigen Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung der genannten Zwecke zumindest überwiegend im Bundesgebiet dient.
Gemäß § 35 Abs. 1 BAO sind gemeinnützig solche Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Gemäß § 35 Abs. 2 leg. cit. liegt eine Förderung der Allgemeinheit nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt. Dies gilt insbesondere für die Förderung der Kunst und Wissenschaft, der Gesundheitspflege, der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge, der Fürsorge für alte, kranke oder mit körperlichen Gebrechen behaftete Personen, des Körpersports, des Volkswohnungswesens, der Schulbildung, der Erziehung, der Volksbildung, der Berufsausbildung, der Denkmalpflege, des Natur-, Tier- und Höhlenschutzes, der Heimatkunde, der Heimatpflege und der Bekämpfung von Elementarschäden.
Nach § 39 Z. 1 BAO ist Voraussetzung der dort geregelten ausschließlichen Förderung unter anderem, daß die Körperschaft abgesehen von völlig untergeordneten Nebenzwecken, keine anderen als gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt.
Nach der oben wiedergegebenen Satzung des Beschwerdeführers bzw. den Satzungen der "Bezirksleitungen" und weiteren Zweigvereine ist Vereinszweck die Förderung der Schrebergartenbewegung mit dem Ziel einer vernünftigen Freizeitgestaltung für alle ÖBB-Bediensteten. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid unter Berufung auf die in der Literatur geäußerte Meinung (vgl. Kohler-Quantschnigg-Wiesner, Besteuerung der Vereine5, 52) die Auffassung vertreten, daß Kleingarten- und Schrebergartenvereine grundsätzlich nicht die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfüllen. Sie würden in der Regel nur die Interessen ihrer Mitglieder vertreten, ohne die Allgemeinheit zu fördern. Dieser Meinung schließt sich der Verwaltungsgerichtshof an. Der in Rede stehende Satzungszweck, nämlich das Ziel einer vernünftigen Freizeitgestaltung der ÖBB-Bediensteten, stellt keine Förderung der Allgemeinheit dar, die dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt.
Dieser Auffassung tritt auch der Beschwerdeführer selbst nicht entgegen; vielmehr gesteht er ausdrücklich zu, daß die Schrebergartenbewegung Eigeninteressen fördert. Der Beschwerdeführer macht jedoch geltend, daß seine Tätigkeit hauptsächlich in der umweltschonenden, der Erhaltung des Landschaftsbildes dienenden Verwaltung der ihm zur Verfügung gestellten Grundflächen bestehe. Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer schon deswegen nichts gewinnen, weil die Erfüllung gemeinnütziger Zwecke nach dem eindeutigen Wortlaut des § 34 Abs. 1 BAO sowohl in der Satzung der Vereinigung vorgesehen, als auch tatsächlich gegeben sein muß. Die über den satzungsgemäßen Zweck hinausgehenden Tätigkeiten der Vereinigung können somit die Annahme der Gemeinnützigkeit nicht stützen.
Weiters übersieht der Beschwerdeführer, daß es für die beschwerdegegenständlichen abgabenrechtlichen Begünstigungen nicht auf ein (bloßes) Überwiegen der gemeinnützigen Zwecke ankommt; vielmehr darf die Körperschaft im Sinne des § 39 Z. 1 BAO, von völlig untergeordneten Nebenzwecken, keine anderen als gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers könnte auch bei einer Betätigung, die 30 % der Gesamtbetätigung ausmacht, nicht von völlig untergeordneten Nebenzwecken die Rede sein.
Da somit im Beschwerdefall die vorliegenden Statuten des Beschwerdeführers wie auch der einzelnen Teilorganisationen eine ausschließliche Förderung gemeinnütziger Zwecke nicht vorsehen, erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei es sich erübrigte, auf die weiteren Beschwerdeausführungen einzugehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992130059.X00Im RIS seit
20.11.2000