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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Stöberl und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Dezember 1992, Zl. 4.341.280/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 515,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. Dezember 1992 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen kurdischer Nationalität, der am 21. September 1992 in das Bundesgebiet eingereist war, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14. Oktober 1992 abgewiesen und ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer kein Asyl gewähre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird und über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung primär auf § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991, weil der Beschwerdeführer vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland - hier der Republik Slowenien - keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland abgeschoben zu werden. Die Republik Slowenien sei als verfolgungssicher anzusehen, da es sich um einen demokratisch regierten Staat handle. Mehrere Parteien hätten im April 1990 an den ersten freien Wahlen teilnehmen können. Im Juni 1991 habe Slowenien seine Unabhängigkeit von Jugoslawien erklärt und im Jänner 1992 sei es völkerrechtlich anerkannt worden. Es sei auch bekannt, daß zur Zeit mehrere tausend Flüchtlinge aus Bosnien in slowenischen Flüchtlingslagern untergebracht seien, diesen auch Aufenthalt gewährt werde und sie nicht in ihr Heimatland zurückverschafft werden würden. Erst in Ergänzung dazu führte die belangte Behörde aus, es sei eine Gewährung von Asyl auch infolge des Ausschließungsgrundes nach Artikel 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention unmöglich, da der Beschwerdeführer der PKK angehört habe und an bewaffneten Kämpfen gegen das türkische Militär teilgenommen, damit aber ein schweres, nicht politisches Verbrechen im Sinne des zitierten Ausschließungsgrundes begangen habe.
Der Beschwerdeführer rügt nun in diesem Zusammenhang zunächst, die bloße Unabhängigkeit bzw. völkerrechtliche Anerkennung eines Staates indiziere noch nicht für sich allein genommen die Verfolgungssicherheit, es sei im Sinn des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 vielmehr notwendig, daß der Asylwerber im Drittstaat wirksamen Schutz vor Abschiebung gehabt habe. Verfolgungssicherheit setze daher voraus, daß der Aufenthalt des Flüchtlings den Behörden des Drittstaates bekannt gewesen und von ihnen geduldet und gebilligt worden sei. Überdies sei Fluchtziel des Beschwerdeführers von vornherein Österreich gewesen, er habe sich in Slowenien nur einen Tag aufgehalten, was eine zu kurze Zeitspanne gewesen sei, um einen Asylantrag zu stellen. Im übrigen komme es darauf an, daß der Flüchtling bereits tatsächlichen Schutz vor Verfolgung im Drittstaat gefunden habe, eine einschränkende Interpretation sei unzulässig.
Dem ist zu entgegnen, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. hg. Erkenntnisse vom 7. Oktober 1993, Zlen. 93/01/0800 sowie vom 29. Oktober 1993, Zlen. 93/01/0257, 93/01/0274, 93/01/0433, 93/01/0985 u.v.a.) Verfolgungssicherheit im Sinn des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 anzunehmen ist, wenn der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (siehe RV 270 Blg. Nr. 18 GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991), wobei es nicht darauf ankommt, wie lange sich der Beschwerdeführer in dem Drittstaat (hier: Slowenien) aufgehalten hat, welche Absichten er dabei verfolgt hat und ob sein Aufenthalt den dortigen Behörden bekannt und von diesen geduldet war. In diesem Zusammenhang wird auf die einen gleichgelagerten Fall betreffenden Ausführungen im
hg. Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Da nach den Kundmachungen des Bundeskanzlers betreffend den Geltungsbereich der Genfer Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie den Geltungsbereich des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 806 und 807/1993, Slowenien mit Wirksamkeit vom 25. Juni 1991 erklärt hat, sich auch weiterhin an die genannten Übereinkommen gebunden zu erachten, kann es nicht als unschlüssig angesehen werden, wenn die belangte Behörde die Verfolgungssicherheit des Beschwerdeführers im Sinn des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 angenommen hat. Das Kriterium der Verfolgungssicherheit verlangt entgegen den Ausführungen in der Beschwerde nicht, daß dem Asylwerber in dem anderen Staat tatsächlich Asyl gewährt wurde. Es wäre vielmehr am Beschwerdeführer selbst gelegen, bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen die Verfolgungssicherheit durch Kontaktaufnahme zu den dortigen Behörden von sich aus zu aktualisieren. Dies hat bereits die Behörde erster Instanz zutreffend erkannt.
Da bereits aus diesem Grunde sich die Beschwerde als unbegründet erweist, war auf die Ausführungen zu dem von der belangten Behörde sekundär herangezogenen Ausschlußgrund des Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention nicht näher einzugehen.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993010058.X00Im RIS seit
20.11.2000