TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/27 93/18/0606

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Veröffentlicht am 27.01.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs4;
FrG 1993 §18 Abs1 Z1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z5;
FrG 1993 §54 Abs1;
FrG 1993 §54 Abs3;
FrG 1993 §54;
FrG 1993 §80 Abs4;
FrG 1993 §81 Abs3;
StGB §12;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 9. November 1993, Zl. Fr-31/93, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1993, Zl. 93/18/0196, verwiesen.

Der nunmehr ergangene, mit der vorliegenden Beschwerde angefochtene Ersatzbescheid enthält folgenden Spruch:

"Gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 i.V.m. §§ 18 Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2 Ziff. 6 sowie 19, 20 und 37 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, wird der eingebrachten Berufung gegen das erlassene Aufenthaltsverbot KEINE FOLGE gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß er sich diesbezüglich ebenfalls auf die bezeichneten Bestimmungen des Fremdengesetzes zu stützen hat. Gemäß § 21 Fremdengesetz wird die Geltungsdauer des Aufenthaltsverbotes mit fünf Jahren festgesetzt."

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, daß sich der Beschwerdeführer, ohne im Besitz eines Reisepasses oder eines österreichischen Sichtvermerkes zu sein, mit Hilfe eines Schleppers den Eintritt in das Bundesgebiet verschafft habe. Danach habe er vor österreichischen Behörden bzw. deren Organen unrichtige Angaben im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG gemacht, indem er - unter anderem - in dem über den von ihm gestellten Asylantrag durchgeführten Verwaltungsverfahren angegeben habe, daß er in seinem Heimatland Pakistan mittels Haftbefehls gesucht werde, obwohl dies nicht der Fall gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dabei auch Fälschungen näher bezeichneter Haftbefehle vorgelegt. Ferner ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer keinerlei berufliche oder familiäre Bindungen in Österreich habe.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer erblickt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß die belangte Behörde in diesem Bescheid nicht über den von ihm in der Berufung gestellten Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach § 54 FrG entschieden habe. Sie habe damit gegen § 59 AVG verstoßen. Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizutreten. Mit einem während des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gestellten Antrag nach § 54 Abs. 1 FrG wird nämlich, wie sich aus § 54 leg. cit. insgesamt ergibt, ein selbständiges Verfahren eingeleitet (vgl. etwa § 54 Abs. 3 FrG, womit für Entscheidungen über Berufungen gegen Bescheide, mit denen die Zulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat festgesetzt wurde, eine eigene Entscheidungsfrist normiert wird). Wenn der Beschwerdeführer "eventualiter" vorbringt, "daß der angefochtene Bescheid deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet ist, weil die Abweisung einer Berufung gegen ein Aufenthaltsverbot keinesfalls auf § 37 FrG gestüzt werden kann", ist ihm zu entgegnen, daß die angeführte Bestimmung ungeachtet ihrer Anführung im Spruch tatsächlich nicht zur Begründung des angefochtenen Bescheides herangezogen wurde.

Es trifft auch nicht zu, daß - wie der Beschwerdeführer weiters geltend macht - aus dem Zusammenhang von Bescheidspruch und -begründung nicht erkennbar sei, worüber die belangte Behörde letztlich abgesprochen habe. Aus dem oben wiedergegebenen Wortlaut des Spruches des angefochtenen Bescheides geht klar hervor, daß über die "Berufung gegen das erlassene Aufenthaltsverbot" entschieden wurde. Daß die Begründung - überflüssigerweise - auch Ausführungen über die Zulässigkeit einer Festnahme und Anhaltung in Schubhaft enthält, vermag keine Undeutlichkeit des Abspruches zu bewirken.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ging die belangte Behörde auch nicht über die durch die Entscheidung der Behörde erster Instanz bestimmte "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG hinaus, wenn sie - nach Einräumung des erforderlichen Parteiengehörs - das Aufenthaltsverbot auf andere Gründe als die Behörde erster Instanz gestützt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0520).

Schließlich wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, sie unterstelle den Bestimmungen des § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 FrG einen rechtswidrigen Inhalt, indem sie offenkundig davon ausgehe, daß ein Aufenthaltsverbot bereits dann erlassen werden dürfe, wenn ein öffentliches Interesse "am Ausschluß von der Aufenthaltsberechtigung" bestehe. Ein Aufenthaltsverbot dürfe jedoch nur erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt sei, daß der weitere Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde oder anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Diese Voraussetzungen sind jedoch im Beschwerdefall erfüllt: Zu Recht subsumierte die belangte Behörde die von ihr festgestellten, durch Vorlage gefälschter Haftbefehle gestützten unrichtigen Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren dem Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG, dienten diese Angaben doch der Verschaffung einer Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 (§ 15 Abs. 1 Z. 3 FrG). Mit Rücksicht auf das gewichtige öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen ist die Annahme der belangten Behörde, daß der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG gefährde, nicht rechtswidrig. Bei der Beurteilung des Gesamt(fehl)verhaltens nach der genannten Bestimmung durfte die belangte Behörde auch mitberücksichtigen, daß der Beschwerdeführer bei seiner rechtswidrigen Einreise in das Bundesgebiet einen Schlepper in Anspruch genommen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0213).

Daß durch das Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers in nach § 19 FrG relevanter Weise eingegriffen würde, wird in der Beschwerde nicht behauptet und ist auf dem Boden des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes auch nicht zu erkennen. Es erübrigt sich daher sowohl eine Prüfung, ob das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist, als auch eine Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG (vgl. das schon angeführte hg. Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0520).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993180606.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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