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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1991 §11;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Oktober 1993, Zl. 4.343.371/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Inhalt der Beschwerde und der damit vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. September 1993 abgewiesen. Der Beschwerdeführer erhob dagegen fristgerecht Berufung. Mit Bescheid vom 13. Oktober 1993 sprach die belangte Behörde unter Austausch des Rechtsgrundes gemäß § 66 Abs. 4 AVG aus, der Asylantrag des Beschwerdeführers werde gemäß § 19 Abs. 1 Z. 1 des Asylgesetzes 1991 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei der vom Bundesasylamt, Außenstelle Wien, z.Hd. seines rechtsfreundlichen Vertreters am 15. März 1993 zugestellten Ladung für den 30. März 1993 nicht nachgekommen. Zwar habe sein Vertreter mit Schreiben vom 29. März 1993 dem Bundesasylamt mitgeteilt, daß es ihm nicht möglich gewesen sei, die Ladung an den Beschwerdeführer weiterzuleiten, da ihm dieser noch keine "ladungsfähige Adresse" bekanntgegeben habe, und "offensichtlich auch über keinen gewöhnlichen Aufenthalt" verfüge. Dies könne jedoch nicht als Entschuldigung im Sinn des § 19 Abs. 1 Z. 1 AsylG 1991 gelten, da dem Begriff der Entschuldigung "die jedenfalls behauptete Zurückführung von Fehlverhalten auf vom Betroffen nicht schuldhaft zu verantwortende Umstände inhäriert". Da es eine der den Beschwerdeführer treffenden prozessualen Mitwirkungsobliegenheiten darstelle, sich zwecks Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes der Behörde zur Parteienvernehmung zur Verfügung zu halten, erfließe daraus für ihn auch die Verpflichtung, mit seinem Zustellungsbevollmächtigten soweit in Kontakt zu bleiben, daß eine Ladung durchführbar bleibe. Die Zustellung an den rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers sei im Hinblick auf die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrens korrekt erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Gerichtshofe in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Asylgewährung "gemäß § 2 Abs. 1 AsylG" sowie in seinem Recht auf Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 37 AVG verletzt. Er brachte - soweit dies im vorliegenden Fall entscheidungsrelevant ist - vor, die belangte Behörde habe das Schreiben seines Rechtsvertreters an das Bundesasylamt vom 29. März 1993 zu Unrecht nicht als Entschuldigung im Sinn des § 19 Abs. 1 Z. 1 AsylG 1991 gelten lassen. Im übrigen sei die an den Rechtsvertreter erfolgte Ladung nicht gesetzmäßig erfolgt. § 9 Abs. 1 ZustellG normiere, daß die Behörde, falls eine im Inland wohnende Person gegenüber der Behörde zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt sei, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt sei, diese Person als Empfänger zu bezeichnen habe. Diese Bestimmung dürfe nicht dahin verstanden werden, daß eine Zustellung an den von der Partei namhaft gemachten Rechtsvertreter die Behörde in jedem Fall von ihrer Pflicht, die Partei selbst zu verständigen, entbinde. Zwar ermächtige eine Partei, die in einer Verwaltungsrechtssache einem Rechtsanwalt eine allgemeine Vertretungsvollmacht erteile, diesen auch zur Empfangnahme der in dieser Sache ergehenden Bescheide und sonstigen behördlichen Erledigungen, doch könne es nicht Sinn dieser Judikatur sein, eine Partei, die sich eines Rechtsvertreters bediene, in ihrem Rechtsschutz zu schmälern. Vielmehr seien von der Behörde bei Anwendung des § 9 Abs. 1 ZustellG die zuzustellenden Schriftstücke auf Grund ihres Inhaltes dahingehend zu unterscheiden, ob eine Zustellung lediglich zu Handen des ausgewiesenen Vertreters ausreiche oder ob nicht zusätzlich eine unmittelbare Verständigung der Partei selbst notwendig sei, um deren Rechtsschutzbedürfnis Genüge zu tun. So könne gerade eine Ladung zu einer Vernehmung der Partei, die ausdrücklich auf das Erfordernis des persönlichen Erscheinens hinweise, nur dann wirksam erfolgen, wenn eine tatsächliche Verständigung des zu Ladenden erfolge. Jedenfalls dürfe ein Verfahren ohne Anhörung der Partei nicht zu Ende geführt werden, wenn der Bevollmächtigte keine Möglichkeit habe, mit der von ihm vertretenen Partei Kontakt aufzunehmen, um sie von der zu seinen Handen zugestellten Ladung zu verständigen. Parteiengehör könne nämlich nur gewahrt werden, wenn die geladene Partei selbst zu ihrer Einvernahme erscheine. Dies gelte insbesondere auch für das Asylverfahren. Tatsächlich habe ein Kontakt in der Zeit zwischen Zustellung der Ladung und der geplanten Vernehmung zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Rechtsfreund nicht stattgefunden, insbesondere auch weil er der Meinung gewesen sei, persönlich am weiteren Verfahren nicht mehr mitwirken zu brauchen. Überdies hätte die Behörde auch einen neuerlichen Zustellversuch vornehmen müssen, zumal auch der Umstand, daß eine Partei unerreichbar sei, keinen hinreichenden Grund bilde, von der Gewährung des Parteiengehörs schlechthin abzusehen.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun:
Gemäß § 11 AsylG 1991 findet auf das Verfahren nach diesem Bundesgesetz, soweit nicht anderes bestimmt wird, das AVG Anwendung. Es sind daher im Verfahren nach dem Asylgesetz 1991 die Bestimmungen des § 19 AVG ("Ladungen") anzuwenden und es besteht für die vom Bundesasylsamt entsprechend diesen Bestimmungen Geladenen gemäß § 19 Abs. 3 AVG die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, sofern sie nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten sind. Während nach § 19 Abs. 3 AVG bereits das Vorliegen eines trifftigen Hinderungsgrundes von dieser Verpflichtung entbindet und es keiner VORHERGEHENDEN Entschuldigung bedarf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. April 1981, Zl. 17/02/02/80) und die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten, nur unter den dort genannten Voraussetzungen sanktioniert ist, bestimmt § 19 Abs. 1 Z. 1 AsylG 1991 demgegenüber, daß Asylsnträge in jedem Stand des Verfahrens abzuweisen SIND, wenn der Asylwerber einer Ladung zu einer Vernehmung oder zu einer mündlichen Verhandlung ohne VORHERGEHENDE Entschuldigung nicht nachgekommen ist.
Im Asylverfahren ist es daher Sache des Asylwerbers, das Vorliegen eines Umstandes, der gemäß § 19 Abs. 3 AVG das Nichterscheinen des Geladenen rechtfertigt, der Behörde VOR dem Termin der Amtshandlung darzutun. Es ist die Verpflichtung, der ordnungsgemäßen Ladung Folge zu leisten sanktioniert. Im übrigen wird auf das auf Grund eines ähnlich gelagerten Falles mit heutigem Tag ergangene hg. Erkenntnis, Zl. 93/01/1319 gemäß § 43 Abs. 1 VwGG verwiesen.
Zu prüfen war im vorliegenden Fall daher nur noch die Frage, ob die Zustellung der Ladung an den bereits der Behörde erster Instanz bekanntgegebenen bevollmächtigten Rechtsvertreter gesetzmäßig erfolgt war. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer selbst in der Beschwerde seine Abgabestelle iSd § 4 ZustG nicht angibt und auch in der Beschwerde nicht behauptet wird, eine solche im Berufungsverfahren vor der belangten Behörde bekanntgegeben zu haben, sind nach § 21 AVG Zustellungen nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes vorzunehmen. Dabei können gemäß § 13 Abs. 4 leg. cit. auch eigenhändige Zustellungen an Parteienvertreter erfolgen. Der Beschwerdeführer selbst zieht die hiezu ergangene ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes heran, wonach im Verwaltungsverfahren auch Ladungsbescheide dem ausgewiesenen Rechtsvertreter zuzustellen sind. Damit aber gesteht er - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung - auch die mit dem Gesetz in Einklang stehende Zustellung der Ladung an den bevollmächtigten Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zu. Ein subjektives Recht in dem von ihm aufgezeigten Sinne, daß die Behörde nämlich verpflichtet gewesen wäre, auch eine Ladung an ihn persönlich zuzustellen, ist - abgesehen von der Undurchführbarkeit einer derartigen Zustellung mangels einer "ladungsfähigen Adresse" des Beschwerdeführers selbst im konkreten Fall - den gesetzlichen Bestimmungen nicht zu entnehmen; im übrigen läge es in diesem Fall in der Ingerenz des Beschwerdeführers, die Anwendung des § 19 AsylG zu verhindern.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993011506.X00Im RIS seit
20.11.2000