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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des V in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Juli 1993, Zl. 4.317.124/11-III/13/92, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Juli 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines vietnamesichen Staatsangehörigen, auf Wiederaufnahme des durch Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. September 1992 rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Zif. 2 AVG abgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß die rechtskräftige Abweisung des Asylantrages des Beschwerdeführers unter anderem damit begründet worden sei, daß nach dem Bericht der für Vietnam zuständigen österreichischen Botschaft Jakarta vietnamesische Staatsangehörige, die in ihr Heimatland zurückkehren, "normalerweise nicht mehr mit politischer Verfolgung im Vietnam wegen des illegalen Verbleibens im Ausland" zu rechnen hätten und der Beschwerdeführer auch in keiner "Phase des Verwaltungsverfahrens" behauptet habe, daß er in seinem Heimatland aus einem der im § 1 Zif. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründe verfolgt worden sei oder eine solche Verfolgung zu befürchten gehabt hätte. Der Antrag auf Wiederaufnahme dieses Verfahrens sei damit begründet worden, daß dem Beschwerdeführer vor weniger als 14 Tagen die Urteile der Verwaltungsgerichte Halle und Baden-Württemberg vom 19. August 1992 und vom 31. August 1992 bekannt geworden seien, "denen tatsachenseitig die Drohung politischer Verfolgung wegen Republikflucht zu entnehmen sei". Nach diesen Urteilen hätten vietnamesische Staatsangehörige im Falle einer Rückkehr nach Vietnam weiterhin mit einer Bestrafung zu rechnen, wenn sie sich des illegalen Verbleibens im Ausland schuldig gemacht oder einen Asylantrag gestellt hätten. Da der Beschwerdeführer jedoch die diesen Urteilen entnehmbaren Tatsachen bereits mehrfach, nämlich sowohl im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren, als auch in einem früheren - mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. November 1992 abgewiesenen - Wiederaufnahmeantrag vorgebracht habe, könnten dem (nunmehrigen) Wiederaufnahmeantrag keine neu hervorgekommenen Tatsachen im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG entnommen werden. Die beiden Urteile könnten auch nicht als neue Beweismittel im Sinne dieser Bestimmung gewertet werden, da sie lediglich Ausdruck einer bestimmten Beweiswürdigung bzw. Rechtsanschauung deutscher Verwaltungsgerichte seien. "Anzumerken" bleibe noch, daß es sich bei den Republikfluchttatbeständen der Art. 85 und 89 des vietnamesischen Strafgesetzbuches um den Aufenthalt vietnamesischer Staatsbürger im Ausland regelnde Vorschriften handle und die Befürchtung wegen deren Übertretung bestraft zu werden keinen Fluchtgrund darstelle, weshalb "die neu vorgelegten Urteile auch aus diesem Grunde keine andere Entscheidung herbeigeführt hätten".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG sowie in seinen "Rechten auf Asylgewährung und Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung (§ 8 Asylgesetz)" verletzt. Er bringt hiezu im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe im Bescheid, mit dem das wiederaufzunehmende Verfahren abgeschlossen worden sei, die "Fragen der Gravidität der drohenden Verfolgung im Heimatstaat" nicht untersucht. "Exakt in diesem Punkte" seien jedoch die "(Tatsachen)-Erkenntnisse" der deutschen Verwaltungsgerichtsentscheidungen von Bedeutung. Dabei gehe es nicht um eine andere Beweiswürdigung der deutschen Gerichte, sondern darum, daß die belangte Behörde die von den deutschen Gerichten verwerteten Tatsachen ihrer eigenen Beweiswürdigung nicht unterzogen habe. Nicht die Entscheidungen der deutschen Verwaltungsgerichte als solche, oder Aspekte des "Entscheidungsfindungsvorganges derselben", wie etwa die Beweiswürdigung würden vorgebracht, sondern die der Entscheidung zugrundeliegenden Tatsachen. Im übrigen habe die belangte Behörde unzulässigerweise ihre Rechtsauffassung geändert. Während sie im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren der Republikflucht "flüchtlingsrechtliche Relevanz" zugebilligt habe, vertrete sie im angefochtenen Bescheid - obwohl sie an ihre im abgeschlossenen Verfahren vertreten Rechtsanschauung gebunden sei - eine andere Ansicht.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.
Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Da zu den Voraussetzungen der Wiederaufnahme des Verfahrens nach dieser Bestimmung nicht nur das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel zählt, sondern auch, daß diese voraussichtlich zu einem in der Hauptsache anderen Spruch führen würden, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob durch die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Entscheidungen neue Tatsachen oder Beweismittel im Sinne der zitierten Bestimmung hervorgekommen sind. Denn diese würden unbestrittenermaßen ausschließlich die Frage der Bestrafung wegen Republikflucht nach dem vietnamesischen Strafgesetzbuch zum Gegenstand haben und hätten daher für den Spruch des das Asylverfahren des Beschwerdeführers abschließenden Bescheides keine Relevanz. In der Befürchtung, wegen der Übertretung von den Aufenthalt vietnamesischer Staatsbürger regelnden Vorschriften bestraft zu werden, kann nämlich - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen hat (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 1992, Zlen. 92/01/0463, 0464, vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0345 und vom 9. September 1993, Zl. 92/01/1014) - kein Fluchtgrund im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) erblickt werden.
Aus welchen Gründen es der belangten Behörde jedoch - wie der Beschwerdeführer vermeint - verwehrt sein sollte, dieser Rechtsauffassung auch im angefochtenen Bescheid zu folgen, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Aus § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG läßt sich dies jedenfalls nicht ableiten.
Ebensowenig vermag der Verwaltungsgerichtshof zu erkennen, inwieferne der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid, der lediglich den Antrag auf Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens zum Gegenstand hatte, im Recht auf Asylgewährung bzw. auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung verletzt sein könnte.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - und damit auch ohne die beantragte mündliche Verhandlung - in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994190888.X00Im RIS seit
20.11.2000