TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/27 93/18/0601

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Veröffentlicht am 27.01.1994
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Index

19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs1;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 2. November 1993, Zl. St 160-2/93, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 FrG aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen. Nach der Begründung sei der Beschwerdeführer am 5. Oktober 1991 mit einem Sichtvermerk der Bundesrepublik Deutschland aus Ungarn kommend in das Bundesgebiet eingereist. Seine Aufenthaltsberechtigung habe drei Monate nach seiner sichtvermerksfreien Einreise geendet. Er besitze weder eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz noch einen Sichtvermerk. Am 5. Dezember 1992 habe er mit einer österreichischen Staatsangehörigen die Ehe geschlossen, doch "scheint ein gemeinsamer Wohnsitz nicht zu bestehen". Zudem sei der Beschwerdeführer im Besitz eines Befreiungsscheines. Selbst wenn unter diesen Voraussetzungen durch die Ausweisung in sein Privatleben eingegriffen werden würde, erscheine dies in Anbetracht der langen Zeitdauer seines nicht rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung dringend geboten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 17 Abs. 1 FrG sind Fremde mit Bescheid auszuweisen, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten; hiebei ist auf § 19 leg. cit. Bedacht zu nehmen.

Würde durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist nach § 19 leg. cit. ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer darin, daß in dessen Spruch nicht das Datum und die Geschäftszahl des mit diesem Bescheid bestätigten erstinstanzlichen Bescheides festgehalten worden sei. Dem ist zu entgegnen, daß eine derartige Bezeichnung des erstinstanzlichen Bescheides - die im Beschwerdefall im übrigen im Vorspruch des angefochtenen Bescheides enthalten ist - im Spruch eines Berufungsbescheides gesetzlich nicht vorgeschrieben ist.

Die - aufgrund des oben wiedergegebenen unbestritten gebliebenen Sachverhaltes zutreffende - Auffassung der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer seit dem Ablauf von drei Monaten nach seiner Einreise nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, wird in der Beschwerde nicht bekämpft.

Der Beschwerdeführer macht vielmehr - im Hinblick auf § 19 FrG - geltend, daß die Behörde das - von ihm nicht in Abrede gestellte - "Kriterium des mangelnden gemeinsamen Wohnsitzes" derart auslege, "als würde durch die Ausweisung nicht in mein Privat- oder Familienleben eingegriffen." Dieser Vorwurf trifft nicht zu, weil die belangte Behörde ohnedies in ihrer rechtlichen Beurteilung hypothetisch von einem durch die Ausweisung bewirkten, im Sinne des § 19 FrG relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben ausgegangen ist. Es erübrigten sich daher die vom Beschwerdeführer vermißten - amtswegigen - Erhebungen zur Klärung der Gründe der "getrennten Wohnsitznahme".

Wenn die belangte Behörde bei der gegebenen Sachlage zum Ergebnis gekommen ist, daß die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele - näherhin zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - dringend geboten sei, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden. Dem Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens läuft es nämlich grob zuwider, wenn ein Fremder bloß aufgrund von Tatsachen, die von ihm geschaffen wurden, als er rechtens nicht mit einem längeren Aufenthalt in Österreich rechnen durfte - hier Eheschließung und Erlangung eines Befreiungsscheines nach Ablauf der Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet - den tatsächlichen Aufenthalt in Österreich auf Dauer erzwingen könnte. In solchen Fällen ist eine Ausweisung dringend geboten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0367). Ob der Beschwerdeführer - wie er behauptet - alle Voraussetzungen für die Erteilung eines Sichtvermerkes zu erfüllen beabsichtigt habe bzw. bestrebt gewesen sei, eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zu erhalten, ist nicht rechtserheblich. Für die belangte Behörde bestand entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch keine Verpflichtung, ihm eine Frist "für den Nachweis fehlender Sichtvermerksdokumente" einzuräumen. Soweit der Beschwerdeführer schließlich darauf verweist, daß er rechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist sei, ist ihm zu erwidern, daß auch die belangte Behörde nichts anderes angenommen hat.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993180601.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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