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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
VStG §39;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der W-GesmbH & Co. KG in U, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 22. April 1993, Zl. Senat-HL-93-004, betreffend Beschlagnahme nach dem Weingesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wird zurückgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei betreibt einen Weinhandel. Sie exportiert Weine aus Österreich nach Tschechien, läßt sie von einer dort ansässigen Firma zu Sekt verarbeiten und importiert dieses Produkt nach Österreich, wo es mit der Bezeichnung "Sekt aus der CSFR aus österreichischem Wein, trocken", vertrieben wird.
Am 4. Dezember 1992 führte die Bundeskellereiinspektion im Betrieb der beschwerdeführenden Partei eine Kontrolle durch, und ließ diese von der landwirtschaftlich-chemischen Bundesanstalt in Wien insbesondere daraufhin untersuchen, ob dem Sekt Kohlensäure zugesetzt worden sei.
In einem die Ergebnisse der Einzeluntersuchungen der Proben zusammenfassenden Sammelgutachten vom 14. Jänner 1993 kam die Bundesanstalt zu dem Ergebnis, der Sekt weise eine Beschaffenheit auf, die nicht auf eine - von der beschwerdeführenden Partei behauptete - zweite Gärung zurückzuführen sei, sondern in der Herbeiführung des Kohlensäureüberdruckes durch Imprägnierung der exportierten Weine mit Kohlensäure (direkte Dosierung) eine zwanglose Erklärung fände. Sollte daher die Angabe über die Herbeiführung des Kohlensäuregehaltes im Wege einer zweiten Vergärung weiterhin aufrechterhalten werden, wäre die Mitverwendung von nicht den exportierten Weinpartien zugehörigen bzw. fremden Produkten festzustellen. Demgegenüber müßte für den Fall eines ausschließlichen Einsatzes der exportierten Weine eine Imprägnierung mit Kohlensäure abgeleitet werden.
Auf Grund dieses Gutachtens beschlagnahmte der Bundeskellereiinspektor die im Betrieb der beschwerdeführenden Partei noch vorhandenen Flaschen mit dem betroffenen Sekt und beantragte bei der Bezirkshauptmannschaft einen Beschlagnahmebescheid.
Mit Bescheid vom 9. Februar 1993 sprach die Bezirkshauptmannschaft unter Berufung auf die §§ 32 Abs. 7, 40 Abs. 1 und 7, 66 Abs. 2 und 3 des Weingesetzes 1985 (WeinG) und auf § 39 VStG die beantragte Beschlagnahme aus.
Die beschwerdeführende Partei berief.
Mit Bescheid vom 22. April 1993 wies die belangte Behörde die Berufung ab, änderte den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides aber insofern, als die Rechtsgrundlagen durch Beifügung der §§ 23 Abs. 1 und 24 WeinG ergänzt wurden. In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, aus dem Sammelgutachten der landwirtschaftlich-chemischen Bundesanstalt vom 14. Jänner 1993 gehe hervor, daß die festgestellte Beschaffenheit des beschlagnahmten Sektes entweder auf eine Imprägnierung (direkte Dosierung) mit Kohlensäure oder auf die Mitverwendung von nicht den exportierten Weinpartien zugehörigen bzw. fremden Produkten zurückgehe. Aus diesen beiden Gründen sei daher schon zum Zeitpunkt der Beschlagnahme der Verdacht vorgelegen, daß der Sekt entweder irreführend bezeichnet (bei Verwendung von anderen als den exportierten Weinen) oder insoferne fehlerhaft bezeichnet gewesen sei, als der Zusatz "mit Kohlensäure versetzt" nicht angeführt gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, alleiniger Beschlagnahmegrund sei ein angeblicher Verstoß gegen § 32 Abs. 7 WeinG gewesen. Die beschwerdeführende Partei habe dazu Schreiben und eidesstättige Erklärungen des tschechischen Sekterzeugers vorgelegt, aus denen sich eindeutig ergebe, daß kein künstlicher Kohlensäurezusatz erfolgt sei.
Im Sammelgutachten der Bundesanstalt finde sich auch der Hinweis auf eine Mitverwendung von nicht exportierten Weinpartien. Ob und inwieweit die Mitverwendung anderer Weine ein Verstoß gegen Kennzeichnungsvorschriften wäre, sei im vorliegenden Verfahren nicht untersucht und erörtert worden.
Sowohl nach dem Sammelgutachten als auch nach dem von der belangten Behörde eingeholten Ergänzungsgutachten der Bundesanstalt sei davon auszugehen, daß die festgestellte Beschaffenheit des Sektes entweder auf künstlichen Kohlensäurezusatz oder auf die Mitverwendung anderer Weine zurückzuführen sei. Wenn die Beschlagnahme wegen falscher Kennzeichnung erfolgte, hätte demnach untersucht und zumindest ausreichend geklärt werden müssen, welche der beiden Ursachen tatsächlich für die festgestellte Beschaffenheit des Sektes verantwortlich sei.
Ob die Mitverwendung anderer Weine einen Kennzeichnungsverstoß nach § 32 Abs. 8 WeinG darstelle, sei eine andere Frage, die bisher überhaupt nicht erörtert worden sei.
Der gegenständliche Sekt sei weinrechtlich ein ausländisches Erzeugnis. Für Weine ausländischer Herkunft seien die Bestimmungen des § 36 nach Abs. 9 dieses Paragraphen nur teilweise anwendbar.
Die beschwerdeführende Partei habe sich im Berufungsverfahren ausdrücklich bereit erklärt, einem Auftrag der Behörde zur Kennzeichnung des Sektes mit den Worten "versetzt mit Kohlensäure" zu entsprechen. Ob allerdings ein derartiger Auftrag erteilt werden könne, hänge davon ab, ob der Sekt tatsächlich mit künstlicher Kohlensäure versetzt sei, was aber nach der vorliegenden Sach- und Beweislage nicht anzunehmen sei.
Die von den Gutachtern festgestellte Beschaffenheit des Sektes könne auch andere als die von den Gutachtern genannten Ursachen haben. Die beschwerdeführende Partei habe dies insbesondere in ihrer Beschwerde im gerichtlichen Beschlagnahmeverfahren dargelegt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 40 Abs. 1 WeinG hat der Bundeskellereiinspektor das Getränk - erforderlichenfalls einschließlich der Behälter - ohne vorausgegangenes Verwaltungsverfahren zu beschlagnahmen, wenn
1. der Verdacht vorliegt, daß das Getränk entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes in Verkehr gebracht worden ist und
2. anzunehmen ist, daß das Getränk ohne Beschlagnahme einer allfälligen Verfallserklärung entzogen oder in seiner Beschaffenheit so verändert wird, daß es in seiner Eigenschaft als Beweismittel beeinträchtigt wird.
Gemäß § 40 Abs. 7 leg. cit. hat im Falle einer Beschlagnahme nach Abs. 1 die Bundeskellereiinspektion, je nachdem, ob der Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung oder der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, bei Gericht oder bei der Verwaltungsbehörde unverzüglich einen förmlichen Beschlagnahmebeschluß (Beschlagnahmebescheid) zu beantragen. Die vorläufige Beschlagnahme erlischt, wenn nicht binnen vier Wochen ein Beschlagnahmebeschluß (Beschlagnahmebescheid) ergeht.
Nach der allgemeinen Bezeichnungsvorschrift des § 23 Abs. 1 WeinG darf Wein - dazu gehört auch Sekt (§ 1 Abs. 2 WeinG) - nicht unter einer zur Irreführung geeigneten Bezeichnung oder Ausstattung (wie bildliche Darstellung, Flaschenform, ua.) in Verkehr gebracht werden.
Für versetzte Weine, zu denen nach § 1 Abs. 2 WeinG auch Sekt (Schaumwein) gehört, enthält § 32 zusätzlich besondere Kennzeichnungsvorschriften. Von diesen sind im vorliegenden Zusammenhang die Absätze 7 und 8 von Bedeutung.
Nach § 32 Abs. 7 WeinG sind, wenn der Gehalt an Kohlensäure bei Schaumwein oder Perlwein ganz oder zum Teil auf künstlichem Zusatz beruht, der Bezeichnung die Worte "mit Kohlensäure versetzt" anzufügen.
Nach § 32 Abs. 8 WeinG ist bei Wermut und Schaumwein auf dem Flaschenschild der gemäß § 24 Abs. 2 in Betracht kommende Staat und, sofern dieser nicht mit der Herkunft des Grundweines ident ist, auch die örtliche Herkunft des Grundweines anzugeben.
Bei dem nach § 24 Abs. 2 leg. cit. in Betracht kommenden Staat handelt es sich um den Staat, in dem der Wein in die für den Verbraucher bestimmten Flaschen abgefüllt wurde.
§ 65 Abs. 3 Z. 2 WeinG erklärt das Inverkehrbringen von Wein oder weinähnlichem Getränk, dessen Bezeichnung, Ausstattung oder Aufmachung u.a. nicht den Bestimmungen der §§ 23 bis 26 bzw. 32 Abs. 1 bis 8 entspricht, zur Verwaltungsübertretung.
Nach dem Sammelgutachten der landwirtschaftlich-chemischen Bundesanstalt vom 14. Jänner 1993 wiesen die untersuchten Sektproben eine Beschaffenheit auf, die entweder auf eine Imprägnierung mit Kohlensäure oder auf die Mitverwendung von nicht den exportierten Weinpartien zugehörigen bzw. fremden Produkten zurückzuführen ist. Beide genannten Möglichkeiten würden aber Verstöße gegen die Kennzeichnungsvorschriften des WeinG darstellen. Falls der Sekt mit Kohlensäure imprägniert worden ist, entspräche seine Bezeichnung nicht dem § 32 Abs. 7 WeinG, da diese nicht die Worte "mit Kohlensäure versetzt" enthält. Wurden bei der Herstellung des Sekts (auch) andere als die in der Bezeichnung des Produktes angegebenen Grundweine verwendet, dann stünde dies mit § 32 Abs. 8 WeinG nicht im Einklang, der die Angabe der örtlichen Herkunft des Grundweines verlangt. Werden Grundweine verschiedener örtlicher Herkunft verwendet, so ist für sie alle die jeweilige örtliche Herkunft anzugeben. § 32 Abs. 8 findet auf den gegenständlichen Sekt Anwendung. § 32 Abs. 9 ordnet lediglich die Nichtanwendbarkeit der Absätze 2 bis 4 des § 32 auf die dort bezeichneten Weine ausländischer Herkunft an.
Eine Mitverwendung anderer als der in der Produktbezeichnung angegebenen Grundweine bei der Herstellung des Sektes liefe auch dem im § 23 Abs. 1 WeinG enthaltenen Verbot zuwider, Wein unter einer zur Irreführung geeigneten Bezeichnung in Verkehr zu bringen.
Auf Grund des dem Sammelgutachten der Bundesanstalt entnehmbaren Sachverhalts bestand daher der Verdacht, daß der Sekt entgegen den Vorschriften des WeinG in Verkehr gebracht wurde. Damit war die Voraussetzung für eine Beschlagnahme gegeben, da diese nach § 40 WeinG bereits dann zulässig ist, wenn auch nur der Verdacht einer Übertretung gegen die Bezeichnungsvorschriften besteht. Die Übertretung muß nicht erwiesen sein und es ist auch ohne Bedeutung, ob es sich um eine Übertretung nach § 32 Abs. 7 oder nach § 32 Abs. 8 bzw. nach § 23 Abs. 1 WeinG handelt. Die von der belangten Behörde getroffene und begründete Annahme, daß auch die Voraussetzung des § 40 Abs. 1 Z. 2 WeinG gegeben ist, hat der Beschwerdeführer nicht bestritten.
Das WeinG gibt der Behörde keine Handhabe, im Beschlagnahmeverfahren anstelle der Beschlagnahme eine bestimmte Kennzeichnung vorzuschreiben. Aus diesem Grund ist auch das im Berufungsverfahren gemachte "Angebot" der beschwerdeführenden Partei, sich einem Kennzeichnungsauftrag der Behörde zu fügen, ohne Bedeutung.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Eine Abtretung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist in der Bundesverfassung bzw. im Verwaltungsgerichtshofgesetz nicht vorgesehen. Der diesbezügliche Antrag der beschwerdeführenden Partei war daher zurückzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993100105.X00Im RIS seit
20.11.2000