TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/4 93/02/0279

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Veröffentlicht am 04.02.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §8;
B-VG Art130 Abs2;
StVO 1960 §45 Abs2;
VwGG §42 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 14. September 1993, Zl. MA 64-PB/22/93, betreffend Ausnahmebewilligung nach der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. September 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers (eines Rechtsanwaltes mit Sitz der Kanzlei in Wien I) vom 3. Mai 1993 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der im gesamten 1. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der flächendeckenden, in der Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr geltenden Kurzparkzone (höchstzulässige Parkdauer eineinhalb Stunden) für ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.

§ 45 Abs. 2 StVO sieht zwei unterschiedliche Kategorien von Voraussetzungen für die Gewährung einer Ausnahme vor, von denen eine nur alternativ zu erfüllen ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind nämlich einerseits, wie aus dem Worte "oder" hervorgeht, insofern alternativ erfaßt, als eine Ausnahme zu bewilligen ist, wenn ein erhebliches persönliches oder wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen, andererseits darf aber in allen Fällen keine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zu erwarten sein. Der Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung ist demnach bereits dann abzuweisen, wenn sich bei Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen ergibt, daß schon das Vorliegen eines erheblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Interesses des Antragstellers oder ein besonderes Erschwernis in der Durchführung der Aufgaben zu verneinen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1991, Zl. 90/03/0215).

Auf ein erhebliches "persönliches" Interesse im Sinne des § 45 Abs. 2 StVO vermag sich der Beschwerdeführer nicht zu berufen. Das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers - er sei als Anwalt in hohem Maß von seinem Ruf abhängig und würde anhand des persönlichen Einsatzes für die Mandanten beurteilt, mit der "zeitlichen Parkbeschränkung" sei dieser volle Einsatz nicht möglich - ist nämlich in Wahrheit als Behauptung eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses an der angestrebten Bewilligung zu verstehen.

Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, daß die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO nicht im Ermessen der Behörde liegt. Der Antragsteller hat aber einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Ausnahmebewilligung nur dann, wenn die in dieser Gesetzesstelle angeführten Voraussetzungen zutreffen. Mangelte es schon an einer dieser Voraussetzungen, war also sohin im Beschwerdefall das Vorliegen eines erheblichen wirtschaftlichen Interesses oder ein besonderes Erschwernis in der Durchführung der Aufgaben zu verneinen, so war die Bewilligung nicht zu erteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1991, Zl. 90/03/0259). Weiters entspricht es der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 26. Mai 1993, Zl. 92/03/0109), daß bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO ein strenger Maßstab anzulegen und eine solche daher nur bei Vorliegen von gravierenden, den Antragsteller außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen ist.

Von da her gesehen war es nicht rechtswidrig, dem Beschwerdeführer die angestrebte Ausnahmebewilligung zu versagen. Unter Zugrundelegung des so geforderten "strengen Maßstabes" ist es nämlich nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die Möglichkeit verwies, bei der Ausübung der beruflichen Tätigkeit durch den Beschwerdeführer bestehe die Möglichkeit, öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch zu nehmen. Dazu kommt, daß - was der Beschwerdeführer zu übersehen scheint - auch in gleicher Weise die Beförderung durch ein Taxi in Betracht kommt. Schließlich darf nicht außer Betracht gelassen werden, daß der Beschwerdeführer nicht behauptet und unter Beweis gestellt hat, daß er nicht imstande sei, in angemessener Entfernung zu seinem Kanzleisitz einen Abstellplatz zu mieten. Damit ist dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, er müsse "besonders viel auch außerhalb Wiens zu Gericht", gleichfalls der Boden entzogen.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich vorbringt, aus § 9 der Rechtsanwaltsordnung ergebe sich, daß die mit der anwaltlichen Vertretung verbundenen Aufgaben "gesetzliche" im Sinne des § 45 Abs. 2 StVO seien, so kann dahinstehen, ob dies zutrifft. Voraussetzung für die Erteilung der angestrebten Ausnahmebewilligung wäre nämlich auch unter dieser Prämisse, daß sich die dem Rechtsanwalt obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen, was nach dem oben Gesagten nicht der Fall ist.

Zusammenfassend vermag der Verwaltungsgerichtshof somit die Abweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Begehrens im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkennen und können die vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmängel, wie insbesondere die Verletzung des Parteiengehörs, nicht wesentlich sein.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993020279.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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