Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §19 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des E in A, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 20. Juli 1993, Zl. GV-29/1993, betreffend Ladung in einer Angelegenheit des Grundverkehrs, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ladungsbescheid der belangten Behörde vom 20. Juli 1993 wurde der Beschwerdeführer eingeladen, unter Mitnahme desselben und "allfälliger Verträge oder Vereinbarungen" in Angelegenheit "Erwerb bzw. Teilung" eines näher bezeichneten Grundstückes als Beteiligter zu einem bestimmten Termin bei dieser Behörde persönlich zu erscheinen. Im Falle des ungerechtfertigten Ausbleibens wurde ihm gemäß § 19 Abs. 3 AVG die sofortige Vollziehung einer Zwangsstrafe angedroht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 1 erster Satz AVG ist die Behörde berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.
Der Beschwerdeführer bringt unter anderem vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht angenommen, daß sein Erscheinen "nötig" sei. Dies führt zum Erfolg der Beschwerde:
Das Erscheinen der geladenen Person ist nämlich nicht "nötig" im Sinne des § 19 Abs. 1 AVG, wenn die Behörde den mit der Ladung verfolgten Zweck auch auf andere Weise (etwa schriftlich oder fernmündlich) erreichen kann (vgl. übereinstimmend Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, FN 3, sowie Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I. Band, FN 1, jeweils zu § 19 AVG).
Die belangte Behörde bringt dazu in der Gegenschrift vor, ein entsprechendes Grundverkehrsverfahren habe den Anlaß gegeben, auf eine mögliche Umgehung des Grundverkehrsgesetzes durch den Beschwerdeführer "aufmerksam zu werden". Die persönliche Vorladung des Beschwerdeführers stehe in keinem direkten Zusammenhang mit diesem Grundverkehrsverfahren, sondern sei dieses lediglich der "Anlaßfall" gewesen. Die persönliche Vorladung sei als die "zielführendste und beste Chance" erkannt worden, den angestrebten "Informations- und Aufklärungswert" für den Beschwerdeführer zu sichern und daher der geringstmögliche und gleichzeitig der erfolgversprechendste Aufwand gewesen, um dem angestrebten Ziel der Vermeidung eines möglichen Umgehungsgeschäftes im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Teilung der gegenständlichen Grundparzelle näherzukommen. Die Notwendigkeit des persönlichen Erscheinens des Beschwerdeführers erfließe allein schon aus dem Auftrag der Behörde zur Vollziehung des Grundverkehrsgesetzes, die darin geschützten öffentlichen Interessen zu wahren und drohende Umgehungsgeschäfte hintanzuhalten. Nur mit einer direkten Kontaktnahme mit dem Beschwerdeführer sei der Behörde dieses angestrebte Ziel wirksam erreichbar erschienen. Von der Sachlage her sei nur konkret bekannt gewesen, daß der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Neubildung der Grundparzelle einen ausländischen Geldgeber heranzuziehen beabsichtige und mit diesem Rechtsgeschäfte abzuschließen plane. Was sich daraus konkret ableite bzw. welche Intention der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit diesem Rechtsgeschäft habe, hätte sich erst aus dem Gespräch mit ihm ergeben können. Nicht angebracht gewesen wäre es, ihm eine grundverkehrsrechtliche Umgehung vorweg anzulasten und ihn dazu vorzuladen, solange nicht "konkrete Anhaltspunkte" vorgelegen seien, zumal außer "ortsbekannten Gesprächen und Vermutungen" nichts vorgelegen sei und ebenso in Betracht zu ziehen gewesen wäre, daß der Beschwerdeführer solche Absichten keinesfalls hege und es sich hier nur um falsche Gerüchte handle.
Aus diesem Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift - dem auch die Aktenlage nicht entgegensteht - läßt sich nicht entnehmen, daß die belangte Behörde den mit dem bekämpften Ladungsbescheid offenbar verfolgten Zweck, den Beschwerdeführer auf die Unzulässigkeit eines allfälligen Umgehungsgeschäftes aufmerksam zu machen, nicht etwa auch auf andere Weise - wie etwa schriftlich - erreichen hätte können. Insbesondere kann der Gerichtshof nicht finden, daß das Erscheinen einer geladenen Person dann erforderlich ist, wenn dieses lediglich dazu dienen soll, allfällige "Gerüchte" ohne konkreten Verdacht zu verfolgen.
Da die belangte Behörde sohin insoweit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993020215.X00Im RIS seit
20.11.2000