TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/10 93/18/0410

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Veröffentlicht am 10.02.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §6 Abs1;
AsylG 1991 §6 Abs2 idF 1992/838;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
FlKonv Art1;
FlKonv Art31 Z1;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §41 Abs1;
FrG 1993 §51;
FrG 1993 §52 Abs2 Z2;
FrG 1993 §52;
FrG 1993 §54;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des N, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 22. Jänner 1993, Zl. UVS-01/13/00012/93, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer, einem türkischen Staatsangehörigen, erhobene Schubhaftbeschwerde gemäß § 52 Abs. 1 und 2 FrG in Verbindung mit § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet ab. In der Begründung ging die belangte Behörde im wesentlichen davon aus, daß die Schubhaft notwendig sei, um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer zu sichern. Dieser sei am 8. Jänner 1993 mit einem verfälschten Reisepaß über Ungarn nach Österreich eingereist und noch am selben Tag um 23.55 Uhr festgenommen worden. Am 9. Jänner 1993 habe die Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 41 Abs. 1 FrG die Schubhaft bescheidmäßig angeordnet, weil der Beschwerdeführer - unter anderem - ohne Nachweis ausreichender Mittel für seinen Unterhalt angetroffen worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte. Mit Beschluß vom 21. Juni 1993, B 282/93, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die weitwendigen Ausführungen des Beschwerdeführers, mit denen er geltend macht, daß ihm zufolge rechtzeitiger Stellung eines Asylantrages die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 zugekommen sei, weshalb die Erlassung einer Ausweisung gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. ausgeschlossen sei, erweisen sich im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0575) als nicht zutreffend: Der Beschwerdeführer gelangte nämlich weder "direkt" aus einem Gebiet, wo sein Leben oder seine Freiheit im Sinne des Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention bedroht war (Art. 31 Z. 1 der Konvention), noch "direkt" aus dem Staat, in dem er behauptete, insoweit Verfolgung befürchten zu müssen (§ 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991), nach Österreich; ferner liegt auch kein Anhaltspunkt für die Annahme vor, er hätte gemäß § 37 FrG wegen Vorliegens der dort genannten Gründe nicht in den Staat, aus dem er direkt einreiste (Ungarn), zurückgewiesen werden dürfen (§ 6 Abs. 2 zweiter Fall Asylgesetz 1991 in der Fassung des Art. II Z. 1 BGBl. Nr. 838/1992).

Der Beschwerdeführer irrt auch, wenn er meint, daß die Schubhaft zur Sicherung - unter anderem - der Ausweisung nicht notwendig sei, weil er im Verfahren vor der belangten Behörde dargelegt habe, daß sein Unterhalt und seine Unterkunft gesichert seien. Der Beschwerdeführer gab im Verwaltungsverfahren mit Schriftsatz vom 20. Jänner 1993 bekannt, daß sich T bereit erklärt habe, für seinen Unterhalt und die Unterkunft aufzukommen, und legte die notarielle Verpflichtungserklärung des Genannten vom 20. Jänner 1993 sowie eine den Genannten betreffende Lohnbestätigung für November 1992 vor. Ferner habe sich auch der Verein für Gegenkultur bereit erklärt, ihm Unterkunft zu gewähren. Zum Nachweis dafür legte der Beschwerdeführer einen von diesem Verein als Unterkunftsgeber und von ihm als Unterkunftsnehmer gefertigten Meldezettel vor. Schließlich legte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21. Jänner 1993 auch noch den Meldezettel des T vor. Diese Urkunden reichen jedoch auf dem Boden der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0183) für den vom Fremden initiativ zu erbringenden Nachweis des Besitzes der erforderlichen Mittel zu seinem Unterhalt nicht aus. Ein solcher Nachweis schließt nämlich auch die Bonität der Person ein, die eine diesbezügliche Verpflichtungserkärung abgibt, das etwa durch Bekanntgabe hiefür relevanter konkreter Tatsachen, wie der Einkommens-, Vermögens- und Wohnverhältnisse, allfälliger Unterhaltspflichten und sonstiger finanzieller Verpflichtungen untermauert durch hinsichtlich ihrer Richtigkeit nachprüfbare Unterlagen, wobei sich solcherart belegte Auskünfte auf einen längeren Zeitraum zu beziehen haben. Darüber hinaus ist auch eine gewisse persönliche Bindung zwischen dem Fremden und der die Erklärung abgebenden Person glaubhaft zu machen. Dem wurde hier hinsichtlich der Verpflichtungserklärung des T nicht entsprochen. Auch bezüglich der vom Verein für Gegenkultur angeblich zur Verfügung gestellten Unterkunft fehlen jegliche näheren Angaben insbesondere über Art, Größe, Ausstattung und Belag der entsprechenden Räumlichkeiten. Solcherart ist die Annahme der Gefahr, daß sich der Beschwerdeführer dem behördlichen Zugriff entziehen werde, im Sinne der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht entkräftet.

Gegen die Annahme, daß die Schubhaft jedenfalls zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung des Beschwerdeführers im Grunde des § 41 Abs. 1 FrG notwendig ist, bestehen somit keine Bedenken.

Soweit sich der Beschwerdeführer auf ein Abschiebungsverbot gemäß § 37 FrG beruft, verkennt er, daß im Hinblick auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 54 FrG die Überprüfung der Unzulässigkeit einer Abschiebung in ein bestimmtes Land nicht im Rahmen der Prüfung einer Schubhaft Beschwerde zu erfolgen hat (vgl. das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 13. Jänner 1994, Zl. 93/18/0183). Die belangte Behörde hatte daher auch keine Veranlassung, zur Feststellung des für ein Abschiebungsverbot maßgeblichen Sachverhaltes Beweise aufzunehmen und eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe "über den Beschwerdepunkt der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides" nicht entschieden, ist zu entgegnen, daß es sich bei diesem Begehren um einen im Sinne des § 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG trennbaren Teil des Verfahrensgegenstandes handelt, sodaß der Beschwerdeführer durch den fehlenden Abspruch darüber (noch) nicht in seinen Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtBegründungspflicht Manuduktionspflicht Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993180410.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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