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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1346;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des A in H, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 9. Juni 1993, Zl. Fr 1078/93, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 2 FrG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen. In der Begründung ging die belangte Behörde sachverhaltsmäßig davon aus, daß der Beschwerdeführer am 26. Februar 1990 wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 StVO und am 3. Dezember 1990 wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 leg. cit. sowie darüber hinaus in den Jahren 1990 bis 1992 insgesamt zehnmal wegen anderer Verwaltungsübertretungen rechtskräftig bestraft worden sei. Ferner sei er vom Bezirksgericht St. Pölten am 14. Dezember 1992 auf Grund einer Anzeige wegen mehrfacher Fahrraddiebstähle rechtskräftig wegen des Vergehens nach § 127 StGB zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je S 220,-- verurteilt worden. Der Beschwerdeführer lebe seit 1985 im Bundesgebiet und gehe hier einer Beschäftigung nach. Weiters hielten sich sein Vater seit 20 Jahren und seine Mutter seit einigen Jahren in Österreich auf.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der Beschwerdeführer räumt ein, daß seine beiden Bestrafungen wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 1 und 2 StVO den Tatbestand nach § 18 Abs. 2 Z. 2 erster Fall FrG erfüllten. Seiner Meinung nach sei aber bei dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme nicht gerechtfertigt. Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizutreten: Abgesehen davon, daß bereits aufgrund der genannten Bestrafungen mit Rücksicht auf die besonderen, von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit die Annahme gerechtfertigt ist, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Sicherheit gefährdet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0504), durfte die belangte Behörde entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bei der im Grunde des § 18 Abs. 1 FrG gebotenen Beurteilung des Gesamt(fehl)verhaltens auch solche Umstände mitberücksichtigen, die zwar für sich allein nicht unter einen der Tatbestände des § 18 Abs. 2 FrG subsumiert werden können, aber doch die Annahme einer Gefährdung der maßgebenden öffentlichen Interessen zu verstärken geeignet sind. Dies trifft hier insbesondere auf die rechtskräftige gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Vergehens des Diebstahls zu.
Im Hinblick auf die sich im Verhalten des Beschwerdeführers manifestierende große Gefahr für die öffentliche Sicherheit begegnet es auch keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde die Verhängung des Aufenthaltsverbotes trotz des damit verbundenen Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele für dringend geboten erachtet hat. An dieser Beurteilung vermag auch der Hinweis des Beschwerdeführers nichts zu ändern, daß die Übertretungen der Straßenverkehrsordnung bereits mehr als zwei bzw. drei Jahre zurück lägen, ist doch seither keineswegs ein so langer Zeitraum verstrichen, daß eine vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung öffentlicher Interessen ausgeschlossen werden könnte, und hat sich der Beschwerdeführer überdies in der Zwischenzeit sogar ein gerichtlich strafbares Delikt zuschulden kommen lassen.
Der Beschwerdeführer vermag auch nicht darzutun, daß die gemäß § 20 Abs. 1 FrG gebotene Interessenabwägung zu seinen Gunsten auszuschlagen habe: Die durch die rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 1 und 2 StVO begründeten öffentliche Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, die schon für sich allein nicht hoch genug veranschlagt werden können (vgl. das schon angeführte hg. Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0504), werden - wie schon erwähnt - durch die gleichfalls schwerwiegende Verurteilung wegen Diebstahles noch verstärkt. Demgegenüber fällt sowohl die vom Beschwerdeführer behauptete "vollständige" Integration als auch die mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Beeinträchtigung seiner Beziehungen zu den Eltern nicht entscheidend ins Gewicht, wobei diesen Beziehungen mit Rücksicht darauf, daß der Beschwerdeführer bereits erwachsen ist, ohnedies bloß ein geringerer Stellenwert beizumessen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0516). Ob der Vater des Beschwerdeführers als Bürge zur Rückzahlung von Kreditverbindlichkeiten seines Sohnes herangezogen würde, wenn dieser in die Türkei zurückkehren müßte, ist für die Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG ohne rechtliche Bedeutung, weil derartige Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes nicht von dem Schutzbereich der genannten Bestimmung erfaßt werden.
Was die vom Beschwerdeführer bekämpfte Dauer des Aufenthaltsverbotes anlangt, so ist darauf zu verweisen, daß nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das schon erwähnte Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0516) - unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 FrG - ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit zu erlassen ist, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann. Wenn sich die belangte Behörde im Beschwerdefall nicht imstande sah, den Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes vor Verstreichen von zehn Jahren anzunehmen, so begegnet dies auf dem Boden der dargestellten Rechtslage unter Bedachtnahme auf die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebenden Umstände keinem Einwand.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Verhältnis zu anderen Normen und MaterienEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993180366.X00Im RIS seit
11.07.2001