Index
L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
BAO §167 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde
1. der MR und 2. der N-GmbH, beide in W, beide vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 18.12.1992, Zl. K 33/92, K 34/92, R 28/92, R 29/92, betreffend Vergnügungssteuer samt Säumniszuschlag sowie Aussetzung der Einhebung und Stundung der Abgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Vorschreibung von Vergnügungssteuer samt Säumniszuschlag für den Kalendermonat Februar 1991 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Laut Durchschrift der Vergnügungssteuererklärung vom 13. Februar 1991 wurde dem Magistrat der Stadt Wien an der Adresse des Gastgewerbebetriebes der Zweitbeschwerdeführerin ein "Gerätetausch" unter einer näher bezeichneten Steuerausweisnummer gemeldet; der neu gemeldete Apparat wurde als "TV Kojani" sowie in der Steuerkategorie
"S 3.000,--/Kalendermonat" ausgewiesen.
Anläßlich der Überprüfung der kategoriemäßigen Einstufung des genannten Apparates am 15. Februar 1991 erstattete ein Revisionsbeamter der Magistratsabteilung 4/7 folgenden Bericht:
"Bei Betreten des Lokals fiel dem Revisionsbeamten sogleich ein im rechten Teil des Lokals befindliches Bildschirmgerät auf, auf dessen Bildschirm Spielkarten zu sehen waren. Nachdem sich der Revisionsbeamte dem Geschäftsführer, Herrn N vorgestellt hatte, wurden die vorhandenen USpAs auf das Vorhandensein der Steuerausweise und deren Übereinstimmung mit den vorgelegten Anmeldedurchschriften kontrolliert. Hiebei ergab sich keine Beanstandung, was auch dem Geschäftsführer mitgeteilt wurde. Unter dem Vorwand, mit dem Bildschirmgerät einen bisher nicht bekannten Apparatetyp zu sehen, wandte sich der Revisionsbeamte diesem zu und erkannte unterhalb des Bildschirms eine Reihe von Tasten mit folgenden Aufschriften:
1. Setzen/Gamble 2. Halten 3. Halten Tief Gewinn Plan 4. Halten Start 5. Halten Hoch 6. Gamble 7. Halten Start. Auf dem Bildschirm war ein Raster zu erkennen, auf dessen Feldern sich ein Männchen, ähnlich wie bei Pacman, und einige Symbole befanden. Bei einem Probespiel (Einwurf S 5,--; Titel und Spielbeschreibung in japanischen, Spielergebnis und "Game over" in arabischen Schriftzeichen) konnte das Männchen mittels der Tasten bewegt werden. Bevor der Revisionsbeamte nach Beendigung des Probespiels das Lokal verließ, erkundigte sich der Geschäftsführer, wohl vom intensiven Interesse für das Bildschirmgerät unangenehm berührt, ob auch alles in Ordnung sei.
Da der Revisionsbeamte unmittelbar bei Betreten des Lokals auf dem Bildschirm des besagten Gerätes Spielkarten gesehen hatte, während beim Probespiel ein harmloses Geschicklichkeitsspiel erkennbar war, wurde wenige Stunden danach eine weitere Begehung durchgeführt.
Den Blick auf das Bildschirmgerät gewandt, betrat der Revisionsbeamte das Lokal unter dem Vorwand, nach seinem verlorenen Kugelschreiber Ausschau zu halten. Diese kurze Zeitspanne genügte, um auf dem Bildschirm des Gerätes, das von keinem Spieler besetzt war, wieder Spielkarten zu sehen und sofort danach vier Felder mit verschiedenen bewegten Symbolen (wie Kirschen, BAR, Birnen udgl.).
Durch diese Nachbegehung wurde der Verdacht erhärtet, daß es sich beim Bildschirmgerät "KOJANI" um einen USpA gemäß § 26 Abs. 4 VgStGes handelt, dessen Spielergebnis vom Zufall abhängig ist. Spielkarten wie bei den verschiedensten Pokerspielen beziehungsweise Symbole wie etwa bei den unterschiedlichsten Geräten der "Admiral"-Serie sind typische Kennzeichen für das vom Spieler unbeeinflußbare Glücksspiel, wie auch die Bezeichnung der Tasten unterhalb des Bildschirmes eindeutig darauf hinweisen.
Offensichtlich befindet sich hinter der Theke ein Schalter, mit dem der USpA bei "Gefahr in Verzug" vom Poker- oder Walzenspiel zur Tarnung auf ein harmloses Geschicklichkeitsspiel geschaltet werden kann."
Anläßlich einer weiteren Überprüfung im Betrieb der Zweitbeschwerdeführerin am 16. April 1991 stellte das Revisionsorgan im Revisionsbericht unter anderem folgendes fest: "Art: Bildschirmgerät, Type: Lady Liner, Bemerkungen:
Gerät wird spielbereit für Dritte gehalten.
Lt. Anmeldedurchschrift ist ein TV Kojani gemeldet."
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 16. Oktober 1991 wurde der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin als Gesamtschuldnern "gemäß § 6 Abs. 4 Vergnügungssteuergesetz 1987 (Wr VGSG) in der geltenden Fassung für das Halten eines Spielapparates der Type TV Lucky mit den Spielen Kojani und Lady Liner, bei dem das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig ist", im Betrieb der Zweitbeschwerdeführerin für den Zeitraum Februar bis April 1991 eine Vergnügungssteuer im Betrag von S 42.000,-- vorgeschrieben und gleichzeitig gemäß §§ 164 und 166 WAO wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Vergnügungssteuer ein Säumniszuschlag von S 720,-- auferlegt.
In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, laut amtlicher Feststellung hätte die Erstbeschwerdeführerin im Betrieb der Zweitbeschwerdeführerin in der Zeit vom Februar bis April 1991 einen Spielapparat der Type TV Lucky mit den Spielen "Kojani" und "Lady Liner" gehalten. Beim zuletzt genannten Spiel sei das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig, das jedoch nicht als solches zur Vergnügungssteuer angemeldet worden sei. Der Apparat sei lediglich mit dem Spiel "Kojani" angemeldet worden, bei dem das Spielergebnis nicht vorwiegend vom Zufall abhängig sei. Der amtlichen Aufforderung zur richtigen Anmeldung des Apparates zur Vergnügungssteuer hätten die beschwerdeführenden Parteien nicht Folge geleistet, weshalb ihnen die Vergnügungssteuer bescheidmäßig hätte vorgeschrieben werden müssen. Da bei dem im Betrieb der Zweitbeschwerdeführerin gehaltenen Spielapparat TV Lucky beim Spiel "Lady Liner" das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig sei, betrage die Vergnügungssteuer pro Apparat und begonnenem Kalendermonat S 14.000,--, somit für den Bemessungszeitraum Februar bis April 1991 insgesamt S 42.000,-- (S 14.000,-- x 1 Apparat x 3 Monate). Der Säumniszuschlag sei nach der zwingenden Vorschrift des § 164 Abs. 1 WAO vorzuschreiben gewesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachten die beschwerdeführenden Parteien im wesentlichen vor, es handle sich bei dem Spiel "Kojani" nicht um ein Spiel im Sinne des § 6 Abs. 4 Wr VGSG, bei dem das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig sei. Die Behörde erster Instanz habe nicht einmal erhoben, für welche Zeit welche Platine im gegenständlichen Apparat verwendet worden sei; sie ginge apodiktisch davon aus, daß beide Platinen solche gemäß § 6 Abs. 4 Wr VGSG seien. Keine der beiden Spielplatinen beinhalte jedoch ein Spiel, bei dem das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig sei. Es wäre die Pflicht der Erstbehörde gewesen, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu erheben, was nicht geschehen sei; sie habe vielmehr - fast ohne Entscheidungsgrundlagen - mangelhaft entschieden. Der im Betrieb der Zweitbeschwerdeführerin aufgestellte Apparat sei in den Monaten Februar und März 1991 mit der Platine "Kojani" und im April 1991 mit der Platine "Lady Liner" in Verwendung gestanden. Auch seien die Voraussetzungen zur Vorschreibung eines Säumniszuschlages nicht gegeben, weil die von den beschwerdeführenden Parteien durchgeführte "Anmeldung" fristgerecht und richtig erfolgt sei. Zum Beweis ihres Vorbringens beantragten die beschwerdeführenden Parteien die zeugenschaftliche Einvernahme des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin und legten weiters eine mit 5. August 1991 datierte "Spielbeschreibung der Platine TAB Lucky Lady Liner" eines gerichtlich beeideten Sachverständigen vor, deren Kernaussage wie folgt lautet: "Die Symbole kommen unterschiedlich zum Stillstand, können jedoch bei Spielbeginn gehalten werden oder sind während des Walzenlaufes mit Geschick zu stoppen." Im Berufungsschriftsatz wurde gleichzeitig auch ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung sowie ein Antrag auf Stundung der Abgaben bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Berufung gestellt.
Mit zwei Bescheiden jeweils vom 20. Dezember 1991 wies der Magistrat der Stadt Wien die beiden letztgenannten Anträge als unbegründet ab. Die beschwerdeführenden Parteien erhoben dagegen Berufung.
Der als Zeuge einvernommene Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin hat in einer Niederschrift vom 12. Februar 1992 angegeben:
"Zum Standort S-Gasse 24 wird mir bekanntgegeben, daß am 13. Februar 1991 ein TV-Gerät Kojani angemeldet wurde, bei einer Überprüfung jedoch auch ein Spiel "Lady Liner" vorgefunden wurde. Auf die Frage, ab wann das Spiel "Lady Liner" in dem Gerät verfügbar war, gebe ich an, daß am 12. März 1991 ein Platinentausch vorgenommen worden war, bei dem das Spiel "Kojani" durch das Spiel "Lady Liner" ersetzt wurde. Über ausdrückliches Befragen gebe ich weiters an, daß in dem Gerät zu keinem Zeitpunkt zwei Spiele gleichzeitig zur Wahl angeboten wurden. Mir wird dazu vorgehalten, daß bereits am 15. Februar 1991 vom kontrollierenden Revisionsbeamten Elemente des Spieles "Lady Liner" vorgefunden wurden, nämlich verschiedene bewegte Symbole (wie Kirschen, BAR u.dgl.) und Spielkarten; außerdem hatte das Gerät als Bedienungselement Tasten wie ein "Lady Liner". Dazu gebe ich an, daß mit der Tastatur auch andere Spiele betrieben werden können, die festgestellten Symbole bestreite ich aber; derartige Bilder konnten auf dem Gerät nicht feststellbar gewesen sein. Es wäre vielleicht denkbar, daß in Störungsfällen (z.B. Abfall der Netzspannung unter 180 V) kuriose Bilder entstehen, und der Revisionsbeamte derartige Erscheinungen falsch gedeutet hat. Aus eigenem möchte ich noch anfügen, daß der Platinentausch deswegen nicht gemeldet worden war, weil wir dies bei einem Platinenwechsel innerhalb der gleichen Steuerklasse (die Platine "Lady Liner" wurde von uns als dem Steuersatz von 3.000,-- S unterliegend angesehen) als nicht erforderlich angesehen hatten."
Mit Berufungsvorentscheidung vom 12. Mai 1992 wies der Magistrat der Stadt Wien die Berufung betreffend den Spielapparat "TV Lucky" als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, es sei zunächst ein Mißverständnis in der Berufung klarzustellen: Der angefochtene Bescheid beruhe nämlich nicht auf der Sachverhaltsannahme, daß beim Spiel "Kojani" das Ergebnis zumindest vorwiegend vom Zufall abhängig sei; die Steuervorschreibung stütze sich vielmehr darauf, daß (nur) beim Spiel "Lady Liner" das Ergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig sei. Dies sei in zahlreichen und sehr eingehenden Ermittlungen festgestellt worden, die Einzelheiten seien dem gemeinsamen Vertreter der beschwerdeführenden Parteien bekannt und brauchten daher hier nicht wiederholt zu werden. Hiebei sei auch der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin beteiligt gewesen; dessen Auffassung sei in der seinerzeit aufgenommenen Niederschrift (vom 9. April 1991) festgehalten worden. Das vorgelegte Privatgutachten sei völlig ungenügend und gehe auf wesentliche Fragen nicht ein. Dem Beschwerdevertreter sei in der Zwischenzeit auch bekannt, daß die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien in Kenntnis dieses Gutachtens die Zufallabhängigkeit des Spielergebnisses beim Spiel "Lady Liner" bejaht habe. In der Berufung werde behauptet, daß im Apparat in den Monaten Februar und März 1991 das Spiel "Kojani" sowie im April 1991 das Spiel "Lady Liner" in Betrieb gewesen sei. Die amtlichen Feststellungen hätten demgegenüber ergeben, daß im Apparat von Beginn an zwei Spiele zur Verfügung gestanden seien. Die Zeugenaussage des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin vom 12. Februar 1992 hiezu vermöge diese Feststellungen nicht zu erschüttern. Sie beruhe, wie der Zeuge zugebe, auf einer Nachschau in den Geschäftsaufzeichnungen. Die angebotene Erklärung, daß der Revisionsbeamte die präzise beschriebenen Bilder mit irregulären Erscheinungen auf dem Bildschirm verwechselt haben könnte, sei geradezu absurd; die Beobachtung von Spielapparaten gehöre zur täglichen Arbeit der Revisionsbeamten, im vorliegenden Fall sei die Revision sogar eigens zur Überprüfung der Einstufung des Apparates veranlaßt worden.
In ihrem Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachten die beschwerdeführenden Parteien ergänzend noch vor, es sei nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage die Behörde die Feststellung treffe, die Geschäftsaufzeichnungen seien unrichtig. Es handle sich vielmehr um ein Beweismittel, das den Standpunkt der beschwerdeführenden Parteien vollinhaltlich stütze. Es entspreche der Lebenserfahrung, daß ein Zeuge, der über lange Vergangenes befragt werde, sich nicht mehr im Detail an Daten erinnern könne. Stütze er aber seine Aussage auf schriftliche Aufzeichnungen, so erhöhe das die Glaubwürdigkeit seiner Angaben. Selbst bei Annahme, im gegenständlichen Apparat wäre tatsächlich die Platine "Lady Liner" für die von der Behörde angenommene Zeit in Betrieb gewesen, sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig. Es handle sich nämlich beim Spiel "Lady Liner" laut vorgelegtem Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen für Spielautomaten um ein Geschicklichkeitsspiel.
Am 17. August 1992 wurde der Revisionsbeamte K als Zeuge vernommen und gab dabei folgendes an:
"Mit der Zeugenaussage vom 12.2.1992 von Herrn KR wurde ich konfrontiert und gebe dazu an.
Ich halte die im Bericht vom 15. Feb. 1991 gemachte Aussage vollinhaltlich aufrecht, insbesondere, da ich durch die 2-malige Begehung des Betriebes zur Überzeugung gelangt bin, daß es sich bei dem fraglichen Gerät um einen USPA gem. § 6 Abs. 4 (VGSG) handelte."
Mit Vorhalt vom 26. August 1992 wurde dem Beschwerdevertreter diese Niederschrift zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt. Weiters heißt es in diesem Schreiben, aus dem Bericht vom 15. Februar 1991 gehe hervor, daß das Revisionsorgan beim jeweiligen Betreten des Lokals "am Bildschirm des dort befindlichen Apparates Spielkarten wahrgenommen" habe.
In der hiezu erstatteten Stellungnahme führten die beschwerdeführenden Parteien im wesentlichen aus, die Aussage des Revisionsbeamten vom 17. August 1992 sowie dessen Revisionsbericht vom 15. Februar 1991 vermögen den in erster Instanz angenommenen Sachverhalt in keiner Weise zu belegen oder zu stützen. Die Behörde erster Instanz behaupte in ihrer Berufungsvorentscheidung, daß "in dem Apparat von Beginn an zwei Spiele zur Verfügung gestanden" seien. Es sei unrichtig und unzulässig, aus den vorliegenden "Aussagen" des Revisionsbeamten eine solche Feststellung zu treffen. Der erstinstanzliche Bescheid sei daher mangels tauglicher Sachverhaltsfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit Rechtswidrigkeit behaftet. Es gehe aus der nunmehr vorgehaltenen Niederschrift nicht einmal hervor, welches Spiel im gegenständlichen Apparat nach Meinung des Revisionsbeamten gespeichert gewesen sei; er treffe lediglich die lapidare Feststellung, "daß es sich bei dem fraglichen Gerät um einen USPA gem. § 6 Abs. 4 handelte". Offensichtlich sei es ihm auch gar nicht möglich gewesen, festzustellen, daß eine Platine "Lady Liner" im Gerät in Betrieb gewesen sei, weil dies auch nicht die Wahrheit sei. Ebenso sei "aus der ersten Niederschrift mit dem Zeugen" diesbezüglich nichts zu gewinnen, weil diese gleichfalls unbestimmt sei. Spielkarten seien nämlich Elemente einer großen Anzahl verschiedener Spielplatinen. Die Wahrnehmung einzelner Spielsymbole für sich allein stelle keinesfalls eine taugliche Basis für den erstinstanzlichen Bescheid dar, vor allem auch, wenn man bedenke, daß das Gerät "TV Lucky" eine Tastatur besitze, die den Betrieb einer großen Anzahl von Spielplatinen ermögliche.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde unter anderem die Berufung gegen den Bescheid vom 16. Oktober 1991 als unbegründet ab. Die weiteren Spruchpunkte sind für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht mehr von Relevanz.
Begründend heißt es im angefochtenen Bescheid, im Zuge früherer Bemessungsverfahren habe in Anwesenheit des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin sowie von Vertretern der Abgabenbehörde erster Instanz eine Augenscheinsverhandlung über die Funktionsweise des Apparates "TV Lucky Lady Liner" am 9. April 1991 stattgefunden. Die darüber aufgenommene Niederschrift enthalte folgende Feststellungen:
"Es erscheint Herr KR und bietet an, das Gerät TV-Lucky
Lady Liner vorzuführen und dabei zu zeigen, wie der Spieler das
Spielergebnis beeinflussen kann. Zu diesem Zweck wird die
Werkstätte der Firma ... aufgesucht.
Fortsetzung der Niederschrift in der Werkstätte in ...
Das Gerät weist 7 Tasten auf:
1) Setzen Gamble rot
2) Nehmen rot
3) Halten Tief Gewinnplan rot
4) Halten Start gelb
5) Halten Hoch rot
6) Gamble rot
7) Halten Start gelb
Funktionen der Tasten:
1)
Einsatz wählen.
2)
Wenn ein Gewinn erzielt wurde, kann dieser "genommen" werden; die Alternative wäre, mit der Taste "Gamble" diesen Gewinn wieder zu riskieren zu Gunsten einer Verdoppelungschance.
3)
Dient zum Anhalten der linken "Walzen"reihe.
4)
Dient zum Anhalten der mittleren Reihe.
5)
Dient zum Anhalten der rechten Reihe.
6)
Mit dieser Taste kann auf Verdoppelung eines erzielten Gewinnes gespielt werden.
7)
Dient zum Starten des Spieles.
Mit der 4. Taste kann auch gestartet werden.
Wenn ein Spiel gestartet wird, so bleiben alle neun Felder zu unterschiedlichen Zeitpunkten stehen. Die Reihenfolge ist so:
4 5 6 Die dabei aufgezeigten Symbole sind aber jeweils
1 2 3 unterschiedlich.
7 8 9
Obwohl die bildliche Darstellung einem Walzengerät mit neun Walzen entspricht, erscheinen die Symbole auf den neun "Walzen" nicht in einer unabänderlichen Reihenfolge, wie bei einem echten Walzengerät mit körperlichen Walzen, sondern erscheinen in einer für den Spieler nicht vorhersehbaren Reihenfolge.
Es wird bei Probedurchläufen festgestellt, daß mit den Tasten 3 bis 5 tatsächlich die senkrechten Walzenreihen zum Anhalten gebracht werden können. Wenn eine Reihe angehalten wird, so laufen die anderen Felder nach dem ursprünglichen Schema weiter und bleiben in der beschriebenen Reihenfolge stehen. Es können nach Belieben auch zwei oder alle drei Reihen angehalten werden. Es bleiben jeweils alle drei Felder einer senkrechten Reihe gleichzeitig stehen, sofern nicht ein Feld bereits früher von selbst stehengeblieben ist.
Die simulierte Drehbewegung ist zunächst so rasch, daß die einzelnen Symbole nicht einwandfrei erkennbar sind. Der Spieler hat in dieser Phase keine reelle Chance, ein bestimmtes Symbol in einem bestimmten Feld aufscheinen zu lassen. Gegen Ende der Drehbewegung wird diese wesentlich langsamer. Es wird von den Amtsorganen nicht ausgeschlossen, daß in dieser Endphase der simulierten Drehbewegung ein aufscheinendes Symbol gezielt zum Stillstand gebracht werden kann. In dieser langsamen Phase werden drei Symbole geboten.
Nach weiteren Probeläufen wird seitens der Amtsorgane jedoch festgehalten, daß nach Drücken einer Halten-Taste noch drei Symbole durchlaufen, sodaß ein am oberen Feldrand erscheinendes Symbol auch bei sofortigem Drücken der Halten-Taste erst unterhalb des unteren Feldrandes zum Stillstand kommt, also nicht in der Mitte des Feldes. Herr KR ist aber der Meinung, daß bei entsprechend guter Reaktion ein Anhalten eines am oberen Feldrand erscheinenden Symboles doch möglich ist.
Wenn ein "Gewinn" erzielt wird, so bietet das Gerät die Wahl zwischen Nehmen und Gamblen an (Tasten 2 und 6). Wenn sich der Spieler für Nehmen entscheidet, wird der Gewinn seinem Spielkapital zugeschlagen und er kann normal weiterspielen. Entscheidet er sich jedoch für Gamblen, erscheint ein Bild mit sechs Spielkarten und einer verdeckten Spielkarte. Der Spieler kann mit den Tasten 3 und 5 (Halten Tief und Halten Hoch) darauf spielen, ob die verdeckte Karte höher oder tiefer als 7 ist. Wenn er dies errät gewinnt er weiter, wenn er es nicht errät, verliert er die erzielten Punkte. Eine Einflußnahme auf das Ergebnis besteht bei dieser Spielart nicht.
Bei dieser Spielart wird unterhalb der Karten auf dem Bildschirm auch ein Mädchen dargestellt. Bei jeder richtigen Wahl hoch oder tief wird das Mädchen mit einem Kleidungsstück weniger dargestellt bis zur völligen Nacktheit."
Gegen diese Feststellungen sei kein stichhältiger Einwand erhoben worden. Unter Zugrundelegung der beim Augenschein getroffenen Feststellungen sei evident, daß das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig sei. Es stehe fest, daß die Symbole auf den "Walzen" nicht in einer unabänderlichen, sondern in einer für den Spieler nicht vorhersehbaren Reihenfolge erschienen. Deshalb sei es für den Spieler auch in der langsameren Endphase nicht möglich, eine bestimmte Kombination ohne Zufallskomponente zu steuern. Ein Voraussehen der angebotenen Symbole sei selbst dem reaktionsstarken Spieler nicht möglich, sodaß das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig sei. Dazu komme, daß selbst nach Darstellung des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin nur bei entsprechend guter Reaktion ein vom Spieler gesteuertes Anhalten eines Symboles möglich sei. Es stehe somit fest, daß ein Durchschnittsspieler dieses Ziel nicht erreichen könne. Für die beschwerdeführenden Parteien sei unter diesem Gesichtspunkt nichts zu gewinnen, weil bei Beurteilung eines Apparates nicht auf den überdurchschnittlich reaktionsschnellen Spieler, sondern auf den Durchschnittsspieler abzustellen sei. Selbst wenn man den Berufungsausführungen in diesem Punkt folgen würde, ergebe sich die Steuerpflicht nach § 6 Abs. 4 Wr VGSG zweifelsfrei daraus, daß das Spiel in Form eines Kartenspieles fortgesetzt werden könne. Hiebei stehe unstrittig fest, daß eine Einflußnahme des Spielers auf das Ergebnis nicht bestehe, weil ein Berechnen, ob die verdeckte Karte "höher oder tiefer als 7" sei, nicht möglich sei. Die beschwerdeführenden Parteien hätten zu dieser Frage auch kein konkretes Vorbringen erstattet. Das vorgelegte "Gutachten" sei ohne Beweiswert, weil es keine konkret belegten Feststellungen enthalte. Insbesondere fehle jede Aussage, wieviel Zeit zwischen dem Drücken der Taste durch den Spieler und dem Anhalten des Symbols vergehe. Es enthalte auch nicht die Feststellung, daß der Spieler in der Lage sei, durch sein Handeln einen bestimmten, von ihm von vornherein festgelegten Erfolg zu erreichen. Das "Gutachten" gehe außerdem auf die zweite Spielphase (Kartenspiel) nicht ein, sodaß es unvollständig und damit ohne Aussagekraft für das gegenständliche Verfahren sei. Da somit das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig sei, betrage die Steuer nach § 6 Abs. 4 Wr VGSG je Apparat und begonnenem Kalendermonat S 14.000,--.
Strittig sei ferner, ob eine Steuerpflicht für die Monate Februar und März 1991 bestehe, weil die beschwerdeführenden Parteien für diese Monate das Halten eines Apparates der Type "Lucky (richtig wohl: Lady) Liner" bestritten. Am 15. Februar 1991 habe ein Revisionsorgan des Magistrates eine Überprüfung hinsichtlich der Apparate am Betriebsort der Zweitbeschwerdeführerin durchgeführt. Dabei gehe aus dem Bericht des zeugenschaftlich vernommenen Organs hervor, daß es beim jeweiligen Betreten des Lokales am Bildschirm des Apparates Spielkarten wahrgenommen habe. Die beschwerdeführenden Parteien hätten diese Feststellungen nicht als unrichtig widerlegen können.
Es gehe schon aus der - im Sachverhalt bereits wiedergegebenen - am 12. Februar 1992 niederschriftlich festgehaltenen Zeugenaussage des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin hervor, daß der Apparat der Type "Lady Liner" bereits im März 1991 gehalten worden sei. Da der genannte Zeuge ausschlösse, daß der für Februar 1991 angemeldete Apparat der Type "TV Kojani" auf dem Bildschirm derartige Symbole aufweisen könnte, wie sie der Revisionsbeamte beobachtet habe, habe - unterstelle man dem Revisionsbeamten nicht eine bewußt falsche Angabe - zur Zeit der Beobachtung nicht der Spielapparat der Type "TV Kojani" in Betrieb sein können. Die vom Zeugen hiefür gegebene Erklärung sei wenig überzeugend, weil der Störungsfall gerade dann eingetreten wäre, als das Revisionsorgan - vom Betriebsinhaber nicht wahrgenommen - seine Feststellungen gemacht habe. Im Hinblick auf die am Bildschirm festgestellten Symbole sei davon auszugehen, daß bereits im Monat Februar 1991 der Apparat der Type "Lady Liner" gehalten worden sei, zumal die beschwerdeführenden Parteien nicht in der Lage seien, darzutun, daß damals ein anderes Gerät, dessen Betrieb derartige Symbole am Bildschirm zur Folge gehabt hätte, gehalten worden sei. Der "offiziell" gemeldete Apparat habe sie jedenfalls nicht hervorrufen können. Die Steuerpflicht der beschwerdeführenden Parteien stehe nach § 13 Abs. 1 Wr VGSG fest. Weiters stehe nach der Aktenlage fest, daß die Vergnügungssteuer für den genannten Apparat nicht in voller Höhe zum jeweiligen Zeitpunkt der Fälligkeit entrichtet worden sei, sodaß die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Säumniszuschlages in der Höhe von 2 % gegeben seien.
Weiters enthält der angefochtene Bescheid Ausführungen zur Frage der Aussetzung der Einhebung und der Stundung.
Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 22. März 1993, B 289/93-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof machen die beschwerdeführenden Parteien Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Ihrem gesamten Vorbringen nach erachten sie sich (lediglich) in ihrem Recht auf Nichterhebung der Vergnügungssteuer verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die für den Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des VGSG 1987, LGBl. für Wien Nr. 43/1987 in den Fassungen LGBl. Nr. 40/1988 und Nr. 3/1990 lauten:
"Steuergegenstand
§ 1. (1) Folgende im Gebiet der Stadt Wien veranstaltete Vergnügungen unterliegen einer Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes:
...
3. Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten sowie von Musikautomaten (§ 6);
...
Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- oder ähnlichen Apparaten sowie von Musikautomaten
§ 6. (1) Für das Halten von Schau-, Scherz-, Spiel-, Geschicklichkeits- und ähnlichen Apparaten, wie zB Flipper, Schießapparate, Kegelautomaten, Spielapparate mit Bildschirmen, Fußballspiel- und Hockeyautomaten und Guckkasten, beträgt die Steuer je nach Apparat und begonnenem Kalendermonat 1 500 S, sofern nicht die Voraussetzungen nach den Abs. 2 bis 4 zutreffen. ...
(2) ...
(3) Für das Halten von Apparaten, bei denen ein Spielergebnis angezeigt wird, ausgenommen Fußballspiel- und Hockeyautomaten, beträgt die Steuer je Apparat und angefangenem Kalendermonat 3 000 S, sofern nicht die Voraussetzungen nach Abs. 4 zutreffen.
(4) Für das Halten von Apparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann oder bei denen das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängig ist, oder von Apparaten, durch deren Betätigung optisch bzw. akustisch eine aggressive Handlung, wie beispielsweise die Verletzung oder Tötung von Menschen oder die Bekämpfung von Zielen, womit üblicherweise die Verletzung oder Tötung von Menschen verbunden ist, dargestellt wird, beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat 14 000 S.
(5) Für das Halten von Musikautomaten (Musikboxen) beträgt die Steuer je Apparat und begonnenem Kalendermonat 600 S.
(6) Die Verpflichtung zur Entrichtung der Steuer endet erst mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Abmeldung des Apparates erfolgt oder die Abgabenbehörde sonst davon Kenntnis erlangt, daß der Apparat von dem Steuerpflichtigen nicht mehr gehalten wird.
(7) Wird ein angemeldeter Apparat innerhalb eines Kalendermonates gegen einen gleich oder niedriger besteuerten Apparat getauscht, so entsteht die Steuerpflicht für den neuen Apparat erst ab dem folgenden Kalendermonat, wenn die Anmeldung des neuen Apparates rechtzeitig (§ 14 Abs. 2) und spätestens gleichzeitig auch die Abmeldung des alten Apparates erfolgt.
(8) ...
(9) ...
Steuerpflicht und Haftung
§ 13. (1) Steuerpflichtig ist der Unternehmer der Veranstaltung. Unternehmer der Veranstaltung im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung die Veranstaltung durchgeführt wird. Sind zwei oder mehrere Unternehmer (Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldner steuerpflichtig. In den Fällen des § 1 Abs. 1 Z. 3 gelten auch der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und der Eigentümer des Apparates als Mitunternehmer.
Anmeldung, Eintrittskarten und Sicherheitsleistung
§ 14. ...
(2) Das Halten von Apparaten (§ 6) ist spätestens einen Tag vor deren Aufstellung beim Magistrat anzumelden. Die Anmeldung haben alle Mitunternehmer (§ 13 Abs. 1) gemeinsam vorzunehmen und dabei auch den Mitunternehmer festzulegen, der die Zahlung zu leisten hat.
...
Festsetzung und Fälligkeit der Steuerschuld
§ 17. ...
(3) Die Anmeldung von Apparaten (§ 14 Abs. 2) gilt als
Steuererklärung für die Dauer der Steuerpflicht. ... Die Steuer
ist erstmals zum Termin für die Anmeldung und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. ..."
Im Beschwerdefall ist zunächst strittig, ob bei dem Spielapparat TV Lucky Lady Liner das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängig ist oder nicht. Vorwiegend vom Zufall abhängig bedeutet, daß nicht nur (ausschließlich) Zufallskomponenten maßgebend sind, sondern auch der Spieler in der Lage ist, das Spiel in einem bestimmten Ausmaß zu beeinflussen, wobei aber das Spielergebnis "hauptsächlich, in erster Linie, ganz besonders, zum größten Teil" (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in sechs Bänden) vom Zufall abhängt.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid nach durchgeführten Ermittlungen die Funktionsweise des Apparates "TV Lucky Lady Liner" eingehend beschrieben sowie die Möglichkeiten eines Spielers bei der Bedienung dieses Gerätes aufgezeigt und ist dabei zu der nicht unschlüssigen Feststellung gelangt, daß bei dieser Art von Spielapparaten das Spielergebnis VORWIEGEND vom Zufall abhängig ist.
Die im Verwaltungsverfahren vorgelegte "Spielbeschreibung der Platine TAB Lucky Lady Liner" vom 5. August 1991 enthält keine Aussage zu der entscheidungswesentlichen Frage, ob das Spielergebnis vom Zufall abhängig ist oder nicht, sodaß diese Spielbeschreibung die von der Behörde getroffenen Feststellungen nicht zu entkräften vermag. Die Behörde war bei dieser Sachlage nicht verhalten, über die von ihr getroffenen Feststellungen hinaus weitere Sachverhaltsermittlungen durchzuführen oder ein Sachverständigengutachten einzuholen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 1993, Zl. 91/17/0162). Wenn die belangte Behörde daher die Steuervorschreibung (hinsichtlich des Spieles "Lady Liner") auf § 6 Abs. 4 Wr VGSG stützt, hat sie den angefochtenen Bescheid nicht mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
In ihrer Verfahrensrüge bringen die beschwerdeführenden Parteien vor, die belangte Behörde gehe unrichtig davon aus, daß im Apparat TV Lucky für den Zeitraum Februar bis April 1991 zwei Spielplatinen - eine davon die Platine "Lady Liner" - gewesen seien. Der Apparat sei richtig und rechtzeitig zur Vergnügungssteuer gemäß § 6 Abs. 3 Wr VGSG angemeldet worden, weil die Platine "Kojani" zum Spiel zur Verfügung gestanden sei. Die beschwerdeführenden Parteien hätten eine der Ansicht der Behörde entsprechende Anmeldung gemäß § 6 Abs. 4 Wr VGSG vorgenommen, als das Spiel "Kojani" gegen eine "Lady Liner"-Platine ausgetauscht worden sei. Die belangte Behörde schenke den beschwerdeführenden Parteien keinen Glauben und stütze ihre Ansicht allein auf ein Revisionsergebnis, welches jedoch für den Inhalt des angefochtenen Bescheides keinesfalls eine ausreichende Grundlage biete, weil es viel zu ungenau und unbestimmt sei. Die belangte Behörde übersehe, daß der gegenständliche Spielapparat mit einer großen Anzahl verschiedener Spielplatinen ausgerüstet werden könne. Selbst wenn die Aussage des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin richtig sei, daß ein Platinentausch bereits im März 1991 erfolgt sei, sei die Steuervorschreibung gemäß § 6 Abs. 4 Wr VGSG für den Monat Februar 1991 keinesfalls gerechtfertigt.
Mit diesen Ausführungen bekämpfen die beschwerdeführenden Parteien im wesentlichen die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Das Beschwerdevorbringen besteht teilweise zu Recht.
Gemäß § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet und nicht § 38 Abs. 2 (VwGG) anwendbar ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen.
Auf Grund dieser Regelung schließt der im § 128 Abs. 2 WAO verankerte Grundsatz der freien Beweiswürdigung eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle des angefochtenen Bescheides in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind; schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 5. Juli 1991, Zl. 88/17/0108, und vom 17. Dezember 1993, Zl. 92/17/0296). Die die Beweiswürdigung betreffenden Erwägungen haben schlüssig darzulegen, was die Behörde veranlaßt hat, ein Beweismittel dem anderen vorzuziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1989, Zl. 86/17/0201).
Im Prüfungsbericht vom 16. April 1991 hat der Revisionsbeamte festgehalten, daß ein Bildschirmgerät "Type:
Lady Liner" im Lokal der Zweitbeschwerdeführerin aufgestellt war. Auch in der Berufung und im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wird von den beschwerdeführenden Parteien ausdrücklich davon gesprochen, daß im April 1991 ein solches Gerät mit der Platine "Lady Liner" im genannten Lokal in Betrieb war, sodaß die belangte Behörde mit Recht jedenfalls den Zeitraum April 1991 in die Abgabenvorschreibung miteinbezogen hat.
Die Vorschreibung der Abgaben für Februar 1991 stützt die belangte Behörde im wesentlichen auf die Beobachtung des Revisionsorgans am 15. Februar 1991, der bei Betreten des Lokals auf dem Bildschirm des Gerätes Spielkarten gesehen habe. Seine anschließend durchgeführten Erhebungen haben jedoch keine Beanstandung ergeben; dies wurde dem Lokalinhaber anläßlich der Überprüfung auch mitgeteilt. Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, schon im Monat Februar 1991 sei der Apparat der Type "Lady Liner" im Lokal aufgestellt gewesen, ist durch keine weiteren Ermittlungsergebnisse erhärtet. Auch ein durchgeführtes Probespiel konnte die Vermutung des Revisionsorgans nicht bestärken. Ob sich allenfalls in dem Gerät zwei verschiedene Spielplatinen befunden haben oder Manipulationen an dem Gerät möglich gewesen sind, wurde nicht ermittelt. Wenn die belangte Behörde weiters im angefochtenen Bescheid ausführt, die beschwerdeführenden Parteien seien nicht in der Lage gewesen, darzutun, daß damals ein anderes Gerät - dessen Betrieb derartige Symbole am Bildschirm zur Folge gehabt hätte - gehalten worden sei, so übersieht diese, daß sie die beschwerdeführenden Parteien im Verwaltungsverfahren auch nie dazu aufgefordert hat, darüber eine Stellungnahme abzugeben. Der Behörde wäre es auf Grund der Vermutung des Revisionsbeamten sowie zur Klärung etwaiger weiterer Fragen möglich und zumutbar gewesen, entsprechende Ermittlungen, wie z. B. einen Lokalaugenschein, durchzuführen. Zutreffend haben die beschwerdeführenden Parteien nämlich in ihrer Stellungnahme vom 11. September 1992 auch darauf hingewiesen, daß die Wahrnehmung einzelner Spielsymbole für sich allein noch keine taugliche Bescheidgrundlage darstelle. Die belangte Behörde hat sich ferner nicht mit dem Vorbringen auseinandergesetzt, daß Spielkarten bei einer großen Anzahl verschiedener Spielplatinen vorkommen können.
Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid daher davon ausgeht, daß der genannte Apparat bereits seit Februar 1991 aufgestellt war, so beruht diese Feststellung auf einem mangelhaften Verfahren und einer unschlüssigen Beweiswürdigung.
Anders liegt der Fall jedoch bei der Abgabenvorschreibung für den Monat März 1991. Die belangte Behörde stützt nämlich ihre Beweiswürdigung insoweit entscheidend auch auf die den beschwerdeführenden Parteien vorgehaltene Zeugenaussage des Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin, wonach ein Apparat der Type "Lady Liner" bereits im März 1991 gehalten wurde. Eine Stellungnahme dazu wurde von den beschwerdeführenden Parteien nicht abgegeben. Auch im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz sind diese darauf nicht eingegangen. In der Beschwerde heißt es dazu, selbst wenn die Aussage des Zeugen KR richtig wäre, daß ein Platinentausch bereits im März 1991 stattgefunden hätte, sei die Vorschreibung der Steuer gemäß § 6 Abs. 4 Wr VGSG für Februar 1991 keinesfalls gerechtfertigt.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag bei dieser Sachlage daher die Beweiswürdigung der belangten Behörde, soweit sie sich darauf bezieht, daß ein Apparat der Type "Lady Liner" im März 1991 im Lokal der Zweitbeschwerdeführerin aufgestellt war, aus diesem Grund nicht als unschlüssig zu erkennen.
Soweit die beschwerdeführenden Parteien schließlich unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 11. März 1983, Zl. 82/17/0068, die Ansicht vertreten, bei der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides habe die belangte Behörde gegen Zuständigkeitsvorschriften verstoßen, verkennen sie, daß im vorliegenden Fall - anders als im Falle des zitierten Erkenntnisses - der Vorsitzende der belangten Kollegialbehörde den angefochtenen Bescheid unterfertigt hat
(vgl. hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1993, Zl. 91/17/0125).
Keine Ausführungen enthält die Beschwerde über die Vorschreibung des Säumniszuschlages.
Aus den dargelegten Gründen ergibt sich, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Vorschreibung von Vergnügungssteuer samt Säumniszuschlag für den Kalendermonat FEBRUAR 1991 (S 14.000,-- +
2 % Säumniszuschlag S 280,--) mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat; infolgedessen war der angefochtene Bescheid bezüglich des genannten Zeitraumes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben. Im übrigen war jedoch die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Stempelgebühren waren nicht zuzusprechen, weil solche im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht aufgelaufen sind (vgl. hg. Erkenntnis vom 22. September 1989, Zl. 86/17/0095).
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993170091.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
10.05.2011