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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Anträge 1.) des AS und 2.) der MS, beide in X Nr. 110, auf Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens sowie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Zusammenhang mit dem hg. Beschluß vom 21. September 1993, Zl. 93/05/0136-5, betreffend eine Bauangelegenheit, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Mit hg. Beschluß vom 21. September 1993, Zl. 93/05/0136-5, wurde das Verfahren über die Beschwerde der Antragsteller gegen den Bescheid der NÖ Landesregierung vom 24. März 1993, Zlen. R/1-V-91027 und R/1-V-91027/01, gemäß § 34 Abs. 2 i.V.m.
§ 33 Abs. 1 VwGG eingestellt, weil die Antragsteller dem unter Berufung auf § 34 Abs. 2 VwGG ergangenen
hg. Verbesserungsauftrag vom 2. Juli 1993, Zl. 93/05/0136-2, innerhalb der gesetzten Frist nicht vollständig entsprochen haben, da sie die Urbeschwerde und die mit dieser ursprünglich vorgelegte zweite Ausfertigung derselben dem Verwaltungsgerichtshof nicht wieder vorgelegt haben.
Dieser Beschluß wurde den Antragstellern am 29. Oktober 1993 zugestellt.
Mit dem am 4. November 1993 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz der Antragsteller vom 3. November 1993 legten sie die Urbeschwerde und die zweite Ausfertigung derselben nachträglich vor und ersuchten "ausdrücklich um Erlassung einer Sachentscheidung" sowie um "Abänderung des Beschlusses vom 21. September 1993".
In Beantwortung eines daraufhin ergangenen hg. Schreibens vom 8. November 1993, in welchem darauf hingewiesen worden ist, daß keine rechtliche Möglichkeit der "Abänderung des Beschlusses" bestehe und lediglich innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des erwähnten hg. Beschlusses allenfalls ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder Wiederaufnahme des Verfahrens hätte gestellt werden können, ersuchten die Antragsteller mit dem am 26. November 1993 beim Gerichtshof eingelangten, mit 25. November 1993 datierten Schriftsatz um Wiederaufnahme des Verfahrens, "weil wir der Ansicht sind, daß unsere Eingabe vom 03.11.1993 als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu werten ist".
Es liegt also sowohl ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 45 VwGG als auch ein solcher auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 leg. cit. vor.
1.) Zum Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens:
Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens ist gemäß § 45 Abs. 1 VwGG auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn
1. das Erkenntnis oder der Beschluß durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. das Erkenntnis oder der Beschluß auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder
3. nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte, oder
4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, daß sonst das Erkenntnis oder der Beschluß anders gelautet hätte, oder
5. das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlaßten Zurückziehung der Beschwerde eingestellt, die behördliche Maßnahme, die die Klaglosstellung bewirkt hatte, jedoch nachträglich behoben wurde.
Zufolge Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen.
Da der vorliegende Wiederaufnahmeantrag nur die Beseitigung des hg. Einstellungsbeschlusses vom 21. September 1993 zum Gegenstand haben kann, weil in der in Rede stehenden Angelegenheit kein Erkenntnis oder anderer Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist, hätten die Antragsteller binnen zwei Wochen nach Zustellung des hg. Beschlusses vom 21. September 1993 einen Wiederaufnahmeantrag stellen müssen, weil sie von einem allfälligen Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG spätestens seit der Zustellung dieses Beschlusses Kenntnis erlangt haben und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen (und von den Antragstellern auch gar nicht behauptet worden ist), daß einer der sonstigen, vorstehend wiedergegebenen Wiederaufnahmegründe in Betracht kommen könnte.
Da der Wiederaufnahmeantrag jedoch nach Ablauf der Frist des § 45 Abs. 2 VwGG gestellt worden ist, war er als verspätet zurückzuweisen. Im übrigen liegt auch inhaltlich kein Wiederaufnahmegrund vor.
2.) Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
Im Hinblick auf das Schreiben der Antragsteller vom 25. November 1993 geht der Gerichtshof davon aus, daß die Eingabe der Einschreiter vom 3. November 1993 als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur - vollständigen - Erfüllung des
hg. Verbesserungsauftrages vom 2. Juli 1993 zu verstehen ist.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Die Antragsteller haben in ihrem Schriftsatz vom 3. November 1993 lediglich von einem "Bagatellfehler" gesprochen, "der jedem passieren kann", also nicht einmal behauptet, durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der vollständigen Erfüllung des
hg. Verbesserungsauftrages gehindert worden zu sein, geschweige denn der hg. Rechtsprechung entsprochen (vgl. den bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, auf Seite 665 zitierten hg. Beschluß vom 4. April 1984, Zlen. 84/13/0011 und 0020), wonach der Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen ist.
In Ermangelung diesbezüglicher Ausführungen der Antragsteller kann daher nicht beurteilt werden, worin ihr Versehen tatsächlich bestanden hat, weshalb auch die Schlußfolgerung, daß es sich nur um einen minderen Grad des Versehens gehandelt habe, nicht möglich ist.
Die Anträge auf Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens sowie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand waren daher zurückzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993050277.X00Im RIS seit
20.11.2000