TE Vfgh Beschluss 1991/9/30 B902/91

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Veröffentlicht am 30.09.1991
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Allg
B-VG Art144 Abs1 / Form der Beschwerde
VfGG §15 Abs2
VfGG §18
VfGG §87 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde gegen ein Schreiben der Ärztekammer für Tirol mangels eines Aufhebungsbegehrens; kein verbesserungsfähiger Formmangel; keine Zuständigkeit des VfGH zur Feststellung der Verpflichtung der Ärztekammer zur Bescheiderlassung bei Verweigerung von Auskünften

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde richtet sich gegen ein Schreiben der Ärztekammer für Tirol vom 10. Juli 1991, Z1.10 - HR.KAD.Dr.Ju./cw, folgenden Inhaltes:

"In Beantwortung Ihres Schreibens vom 6.7.1991 teilt Ihnen die Ärztekammer für Tirol wie folgt mit:

Die Ärztekammer verweist auf die Bestimmungen des §55 Ärztegesetz, wonach Organe und das gesamte Personal der Ärztekammer, soweit sie nicht schon nach anderen gesetzlichen Vorschriften zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, zur Verschwiegenheit über alle ihnen aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet sind, deren Geheimhaltung im Interesse der Kammer, einer Gebietskörperschaft oder der Parteien geboten ist.

Von dieser Verpflichtung hat die Aufsichtsbehörde auf Verlangen eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde zu entbinden, wenn dies im Interesse der Rechtspflege oder im sonstigen öffentlichen Interesse liegt.

Auch die Ausstellung eines Bescheides gemäß den Bestimmungen des Auskunftpflichtgesetzes, BGBl. Nr. 287/87, ist nicht erforderlich, da Ihrem Ersuchen stattgegeben wurde, nämlich die Einsichtnahme in alle Ihr Verfahren betreffenden Protokolle. Das Auskunftpflichtgesetz sieht die bescheidmäßige Erteilung nur vor, wenn eine Auskunft nicht erteilt wird.

Auf Grund obiger Bestimmungen ist es der Ärztekammer nicht möglich, Ihnen eine uneingeschränkte Auskunft über alle Beratungen und Abhandlungen in den verschiedenen Gremien seit dem Jahre Ihres Kammerbeitrittes zu erteilen.

Inhalte von Protokollen der verschiedenen Gremien, welche nach Ihrer Auffassung von Wichtigkeit und rechtlicher Bedeutung sind, können Ihnen sicherlich nach dem Auskunftspflichtgesetz und auch nach den Verschwiegenheitsbestimmungen des Ärztegesetzes mitgeteilt werden, sofern deren Wichtigkeit und rechtliche Auswirkung von Ihnen hinreichend begründet wird.

Die kassenrechtlichen Angelegenheiten, welche Gegenstand eines Gerichtsverfahrens waren und soweit sie Ihre ärztliche Tätigkeit tangierten, wurden Ihnen uneingeschränkt zur Verfügung gestellt."

Die Beschwerde enthält folgende Anträge:

"Der Verfassungsgerichtshof moege in seinem Erkenntnis feststellen, dass

1. Das Schreiben der Aerztekammer von Tirol, in dem mir nach Antrag auf Bescheidausfertigung wegen verweigerter unumschraenkter Protokolleinsicht ... die Ausfertigung eines Bescheides nach dem AuskPflG versagt wird ..., Bescheidcharakter zukommt und dadurch infolge einer fehlenden Rechtsmittelmoeglichkeit beim Verfassungsgerichtshof mit Erfolg bekaempft wurde;

2. dass es der Aerztekammer fuer Tirol nicht zusteht, Auskuenfte seiner Standesmitglieder in der die Mitglieder betreffenden Angelegenheiten ohne besonderen und eindeutigen Grund,wie zB. ueber Inhalt der Sitzungen, die gemaess der Geo der Tiroler Aerztekammer Par10(5), bei denen deshalb auch die Protokollfuehrung wegen der noetigen Vertraulichkeit entfallen, vorzuenthalten;

3. dass die Tiroler Aerztekammer verpflichtet ist, bei Verweigerung der Auskunft einen ordnungsgemaessen Bescheid auszufertigen;

..."

Einen Antrag auf Aufhebung des - nach Ansicht des Beschwerdeführers - als Bescheid zu qualifizierenden Schreibens der Ärztekammer durch den Verfassungsgerichtshof enthält die Beschwerde jedoch nicht.

2.1. Nach §87 Abs1 VerfGG hat das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes über eine Beschwerde nach Art144 Abs1 erster Satz B-VG auszusprechen, ob eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte stattgefunden hat und bejahendenfalls den angefochtenen Bescheid aufzuheben; Ziel des verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens ist die Eliminierung des bekämpften Bescheides aus dem Rechtsbestand. Wird ein solcher Antrag nicht gestellt, dann mangelt es an einem bestimmten Begehren im Sinne des §15 Abs2 VerfGG.

Das Fehlen solcher notwendiger Beschwerdeelemente ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB. VfSlg. 9798/1983, 10766/1986 und VfGH vom 21.11.1989, B1265/89) nicht als bloßes Formgebrechen, sondern als inhaltlicher Mangel der Beschwerde zu beurteilen, der einer Verbesserung nach §18 VerfGG nicht zugänglich ist.

Da die Beschwerde schon aus diesem Grund für eine meritorische Erledigung nicht geeignet ist, war auf die Frage, ob es sich bei dem bekämpften Schreiben der Ärztekammer für Tirol um einen Bescheid handelt, nicht mehr einzugehen.

2.2. Soweit der Beschwerdeführer begehrt, der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, daß es der Ärztekammer für Tirol nicht zustehe, ihren Standesmitgliedern Auskünfte vorzuenthalten, und daß sie im Falle der Auskunftsverweigerung jedoch verpflichtet sei, einen Bescheid zu erlassen, ist ihm zu erwidern, daß der Verfassungsgerichtshof im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nach Art144 B-VG ausschließlich zur Prüfung eines angefochtenen Bescheides im Hinblick auf eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte oder in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm und - zutreffendenfalls - zur Aufhebung des Bescheides, nicht jedoch zu Entscheidungen der begehrten Art berufen ist.

3. Die Beschwerde war daher gemäß §19 Abs3 Z2 lita und e VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Zuständigkeit, Ärztekammer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1991:B902.1991

Dokumentnummer

JFT_10089070_91B00902_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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