TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/16 93/03/0228

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Veröffentlicht am 16.02.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §11 Abs1;
StVO 1960 §4 Abs1 litc;
StVO 1960 §4 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 27. Juli 1993, Zl. UVS 30.5-153/92-10, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem verurteilenden Teil wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 17. Juni 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe zu einem näher bezeichneten Zeitpunkt in Graz, Eggenberger Straße/Waagner-Biro-Straße/Köflachergasse, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws auf der Eggenberger Straße fahrend, 1. den Fahrstreifen gewechselt, ohne sich zu überzeugen, ob dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich gewesen sei, 2. es unterlassen, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, obwohl das Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall gestanden sei, da er die Unfallsstelle verlassen habe, und 3. es unterlassen, obwohl das Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall gestanden sei, bei dem eine Person verletzt worden sei, sofort die nächste Sicherheitsdienststelle zu verständigen. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen zu 1. nach § 11 Abs. 1 StVO 1960, zu 2. nach § 4 Abs. 1 lit. c leg. cit. und zu

3. nach § 4 Abs. 2 leg. cit. begangen, weshalb über ihn Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der unabhängige Verwaltungssenat mit Bescheid vom 27. Juli 1993 hinsichtlich des Punktes 1. des erstbehördlichen Straferkenntnisses Folge, behob das Straferkenntnis in diesem Punkt und stellte das Verfahren in diesem Umfang gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG ein. Hinsichtlich der Punkte 2. und 3. des erstbehördlichen Straferkenntnisses wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 24 VStG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid, inhaltlich jedoch nur gegen seinen verurteilenden Teil, richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde traf in der Begründung des angefochtenen Bescheides über den Fahrbahnverlauf am Tatort die Feststellung, vor der Kreuzung

Eggenberger Straße/Waagner-Biro-Straße/Köflachergasse seien, aus Richtung Eggenberg kommend, in Fahrtrichtung stadteinwärts zwei Fahrspuren markiert. Die erste sei eine Geradeausspur mit Rechtsabbieger in die Köflachergasse und die zweite "ein Linksabbieger" am Gleis der Straßenbahn in die Waagner-Biro-Straße. Die Breite der Fahrstreifen betrage ca. 2,5 m pro Fahrspur und es befinde sich rechts der Geradeausspur ein Radweg mit anschließendem Gehsteig. In Fahrtrichtung Stadtzentrum - nach dem Kreuzungsbereich - verbreitere sich die Geradeausspur durch den Wegfall des Radweges auf ca. 4,5 m. Den linken Fahrstreifen zu den Gleisanlagen der Straßenbahn grenze eine Sperrlinie ab. Im fraglichen Bereich sei ersichtlich, daß eine Bodenmarkierung vorhanden gewesen sei, die aber mittlerweile gelöscht worden sei.

Auf Grund dieser Feststellungen gelangte die belangte Behörde zu dem Ergebnis, es habe der zu Punkt 1. des erstbehördlichen Straferkenntnisses (Fahrstreifenwechsel) erhobene Tatvorwurf nicht aufrechterhalten werden können. Hinsichtlich der übrigen Tatvorwürfe ging die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, daß ein Motorradfahrer vor der gegenständlichen Kreuzung auf dem rechten Fahrstreifen unmittelbar hinter dem Pkw des Beschwerdeführers angehalten habe, da die Verkehrsampel Rotlicht ausgestrahlt habe. Als in weiterer Folge die Verkehrsampel auf Grünlicht umgeschaltet habe, seien der Beschwerdeführer und hinter ihm der Motorradfahrer in die Kreuzung eingefahren, wobei der Motorradfahrer einen Abstand von einem halben bis einem Meter zum Fahrzeug des Beschwerdeführers eingehalten habe. Plötzlich habe der Beschwerdeführer sein Fahrzeug nach links gelenkt; in diesem Zeitpunkt habe der Abstand zwischen dem Motorrad und dem Fahrzeug des Beschwerdeführers etwa einen halben bis einen Meter betragen und das Motorrad habe sich bereits zwei bis drei Meter von seinem vorigen Standplatz entfernt gehabt. Innerhalb dieser Strecke habe der Motorradfahrer sein Motorrad bereits "fahrbahnmittig" gelenkt und beabsichtigt, den Pkw des Beschwerdeführers zu überholen. Auf Grund des plötzlichen Linkslenkmanövers des Beschwerdeführers habe der Zeuge sein Fahrzeug abrupt abbremsen und nach links ablenken müssen. Er sei dadurch zu Sturz gekommen und verletzt worden.

Zu Recht rügt der Beschwerdeführer diese Feststellungen als in sich widersprüchlich. Denn einerseits ist auf Grund des geschilderten Fahrbahnverlaufes, der im übrigen im Einklang mit der im Akt der Erstbehörde erliegenden maßstabgetreuen Skizze steht, nicht verständlich, wie der Beschwerdeführer ein "Linkslenkmanöver" durchgeführt haben soll, wenn doch die von ihm nach den weiteren Feststellungen der belangten Behörde in der Folge benützte im weiteren Verlauf der Eggenberger Straße liegende Fahrlinie aus seiner Anhalteposition vor der Verkehrslichtsignalanlage nur in Geradeausfahrt zu erreichen war.

Andererseits steht diese Annahme in diametralem Gegensatz zu der der Entscheidung der belangten Behörde über die Berufung gegen den Spruchpunkt 1. des erstbehördlichen Straferkenntnisses offensichtlich zugrundeliegenden Annahme, daß der Beschwerdeführer mangels einer durch die topographischen Verhältnisse bedingten Möglichkeit eben keinen Fahrstreifenwechsel vorgenommen habe.

Durch diese Widersprüche belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen noch einzugehen gewesen wäre.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Einheitssatz und Umsatzsteuer zum Schriftsatzaufwand betreffende Mehrbegehren war im Hinblick auf die Pauschalierung des diesbezüglichen Aufwandersatzes in der zitierten Verordnung abzuweisen. Im übrigen betrifft die Abweisung des Mehrbegehrens nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993030228.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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