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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art18 Abs1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 94/03/0040 E 27. April 1994 94/03/0041 E 27. April 1994Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der I-Gesellschaft m.b.H. in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung, vom 27. August 1993, Zl. 112995/IV-JD/93, betreffend Bewilligung zum Vertrieb von Funkanlagen, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung, vom 27. August 1993 wurde der Beschwerdeführerin im Instanzenzug gemäß § 4 Abs. 2 des Fernmeldegesetzes und nach der Verordnung über Privatfernmeldeanlagen, BGBl. Nr. 239/1961, die Bewilligung zum Vertrieb dreier näher bezeichneter Funkanlagen für den Amateurfunkdienst unter Vorschreibung von insgesamt 14 Auflagen erteilt. Die Auflagenpunkte 5., 6., 8. und 14. haben folgenden Wortlaut:
"5.
Der Inhaber der Bewilligung hat über den Vertrieb der Funkanlagen für den Amateurfunkdienst Aufzeichnungen zu führen. Darin sind anzugeben
a)
die Personen (Firmen), an die Funkanlagen für den Amateurfunkdienst abgegeben wurden, nach Namen (Firma) und Wohnung (Geschäft), Bewilligungsinhaber,
b)
der Tag der Abgabe
c)
Gerätetype und Anzahl
d)
Seriennummer und Frequenzbereich.
6.
Die von den Fernmeldebüros hiezu ermächtigten und sich gehörig ausweisenden Organe sind berechtigt, in die Aufzeichnungen (Punkt 5) bei dem Inhaber der Bewilligung während der üblichen Geschäftsstunden Einsicht zu nehmen. Der Inhaber der Bewilligung hat diesen Organen der Fernmeldebüros über die Aufzeichnungen Auskunft zu geben.
8.
(richtig: 7.) Zur Durchführung der den Fernmeldebüros obliegenden Aufsicht ist den hiezu ermächtigten und sich gehörig ausweisenden Organen der Zutritt zu allen Grundstücken, Räumen usw., in denen sich die Funkanlagen oder Teile derselben befinden, jederzeit zu gestatten. Ihnen sind alle gewünschten Auskünfte über die Funkanlagen zu erteilen. Die Bewilligungsurkunde ist auf Verlangen vorzuzeigen.
.....
14.
Die Liste(n) der Aufzeichnungen sind überdies dem Fernmeldebüro monatlich (schriftlich) unaufgefordert zu übermitteln."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 2 Fernmeldegesetz ist die Herstellung und der Vertrieb von Funk- und Fernsehsendeeinrichtungen, die gewerbsmäßige Herstellung von Funk- und Fernsehempfangseinrichtungen, soweit sie nicht nur den Empfang des Rundfunks oder Fernsehrundfunks ermöglichen, und die Einfuhr sowie der Besitz oder die Verwahrung von Funk- und Fernsehsende- und -empfangseinrichtungen, unbeschadet der nach anderen Gesetzen zu erfüllenden Voraussetzungen, nur mit Bewilligung und unter Aufsicht des Bundes zulässig.
Gemäß § 18 Abs. 1 der als Verordnung zum Fernmeldegesetz ergangenen und durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 267/1972 in den Gesetzesrang erhobenen Verordnung über Privatfernmeldeanlagen, BGBl. Nr. 239/1961, hat die Bewilligung die zu erfüllenden Auflagen zu enthalten. Mit ihnen können Verpflichtungen auferlegt werden, deren Einhaltung nach den Umständen des Falles für den Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Menschen, zur Vermeidung von Sachschäden, für die Sicherung des ungestörten Betriebes anderer Fernmeldeanlagen oder aus sonstigen technischen oder betrieblichen Belangen geboten erscheint.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit der Lehre (vgl. Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, S. 273) dargelegt hat, ergibt sich aus dem Verfassungsgebot des Art. 18 Abs. 1 B-VG, wonach die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf, daß Auflagen nur insoweit vorgeschrieben werden dürfen, als dies gesetzlich entweder ausdrücklich vorgesehen ist oder mit dem Sinn der zu treffenden Hauptentscheidung in untrennbarerweise verbunden ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. Juni 1964, Slg. N.F. Nr. 6400, und vom 28. März 1980, Slg. N.F. Nr. 10.088).
Die belangte Behörde begründete die Notwendigkeit der Auflage Punkt 5. mit dem Erfordernis, "u.a. nachvollziehen zu können, ob die Funkanlagen ordnungsgemäß eingeführt wurden, ob eine Vertriebsbewilligung vorliegt und ob die zulässigen Frequenzbereiche eingehalten wurden. Durch Feststellung der Nämlichkeit soll sichergestellt werden, daß Funkgeräte nur an Inhaber entsprechender Lizenzen vertrieben werden." Die Berechtigung der Fernmeldebehörden, die Führung von Aufzeichnungen zu verlangen sowie die Berechtigung zur Einsichtnahme in die Aufzeichnungen (Punkt 6. der Auflagen) leite sich aus dem Aufsichtsrecht der Fernmeldebehörden (§ 8 Fernmeldegesetz) ab. Auch die Pflicht zur Übersendung von Listen an die Verwaltung (Punkt 14. der Auflagen) basiere auf diesem Aufsichtsrecht.
Mit Recht macht die Beschwerdeführerin geltend, diese von der belangten Behörde für die Vorschreibung dieser Auflagen gegebene Begründung finde in der im gegebenen Zusammenhang allein in Betracht kommenden Bestimmung des § 18 Abs. 1 der Verordnung über Privatfernmeldeanlagen keine Deckung. Denn die Sicherstellung des im § 8 des Fernmeldegesetzes normierten Aufsichtsrechtes des Bundes rechtfertigt nach dieser Gesetzesstelle eine Vorschreibung von Auflagen nicht. Auch die Sicherung der Einhaltung der von der Republik Österreich im Internationalen Fernmeldevertrag übernommenen Verpflichtungen ist unter keinem der im § 18 Abs. 1 der Verordnung über Privatfernmeldeanlagen normierten Tatbestände subsumierbar.
Gleiches gilt für die im Punkt 7. der Auflagen der Beschwerdeführerin auferlegte Verpflichtung, Organen des Fernmeldebüros jederzeit den Zutritt zu gestatten. Im übrigen erweist sich die im angefochtenen Bescheid der Vorschreibung dieser Auflage beigegebene Begründung, die Verpflichtung zur Gewährung des JEDERZEITIGEN Zutritts ergebe sich schon unmittelbar aus der Verordnung über Privatfernmeldeanlagen (gemeint offenbar § 4 Abs. 1) schon deshalb als verfehlt, weil die Vorschreibung von Auflagen schon nach ihrem Wesen als eine den aus einem Bescheid Begünstigten belastende Nebenbestimmung nicht das geeignete Mittel ist, der von der Behörde getroffenen Auslegung einer Norm Verbindlichkeit zu verschaffen.
Schließlich vermag der Verwaltungsgerichtshof, abgesehen davon, daß das Vorbringen in der Gegenschrift grundsätzlich nicht geeignet ist, eine mangelhafte Begründung des angefochtenen Bescheides zu ersetzen, nicht zu erkennen inwieferne die in Rede stehenden Auflagen geeignet sein könnten, einen Mißbrauch durch Entschlüsseln eines Codes zu verhindern. Es braucht daher auch nicht weiter geprüft zu werden, ob es sich dabei um einen unter § 18 Abs. 1 2. Satz der Verordnung über Privatfernmeldeanlagen subsumierbaren Schutzzweck handelt.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993030242.X00Im RIS seit
11.07.2001