TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/17 94/19/0040

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Veröffentlicht am 17.02.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1 Z1;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AVG §66 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Stöberl und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des I in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. August 1992, Zl. 4.317.970/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. August 1992 wurde die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 27. November 1991, mit dem ausgesprochen worden war, daß Österreich dem Beschwerdeführer, einem iranischen Staatsangehörigen, der am 27. Juni 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, kein Asyl gewähre, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat anläßlich der Stellung seines Asylantrages am 27. Juni 1991, sowie bei seiner Erstbefragung am 21. November 1991 bei der Bundespolizeidirektion Linz angegeben, sowohl er als auch seine Familie seien Angehörige der verbotenen Partei Modjahedin Khalgh gewesen. Sein Vater und seine Schwestern seien deshalb im Gefängnis gewesen. Während seines Militärdienstes im Jahre 1978 (in der Berufung berichtigt: 1987) habe er an einem Einsatz gegen iranischen Kurden teilnehmen sollen. Er habe dies jedoch verweigert. Daraufhin sei er von der Militärpolizei festgenommen und in das Militärgefängnis von Mashad gebracht worden. Er sei dort von Mai bis August 1978 (in der Berufung berichtigt: 1987) inhaftiert gewesen, wobei er mehrmals geschlagen worden sei. Nach seiner Freilassung habe er sich täglich bei der Polizei melden müssen und habe die Universität nicht mehr besuchen können. Aufgrund dieser unhaltbaren Zustände habe er sich zur Flucht entschlossen und im März 1991 sein Heimatland verlassen. Bei einer Rückkehr dorthin würde er von der Polizei festgenommen werden.

In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid führte der Beschwerdeführer weiters aus, er sei von der Armee desertiert und habe sich der kurdischen Widerstandsbewegung angeschlossen. Nach etwa vier Monaten sei er nach Teheran zurückgekehrt, wo er jedoch ständig observiert worden sei, weshalb er Teheran verlassen habe und nach Mashad gegangen sei. Dort sei er von den Pasdaran verhaftet worden und drei Monate lang inhaftiert gewesen. Nach seiner Freilassung habe er seine politische Arbeit gemeinsam mit einem Freund fortgesetzt. Er habe in Teheran Wandzeitungen verbreitet, die er von seinem Bruder aus Kurdistan erhalten habe. 1988 habe er Teheran verlassen müssen, da er sich aufgrund seiner oppositionellen Tätigkeit in Gefahr befunden habe, verhaftet oder getötet zu werden. Seit dieser Zeit habe er sich auf der Flucht befunden; im März 1991 sei schließlich die Situation unerträglich geworden, so daß er sich entschlossen habe, den Iran zu verlassen. Von seiner Mutter habe er erfahren, daß er auch jetzt noch intensiv gesucht werde.

In dem angefochtenen Bescheid kam die belangte Behörde zu dem Schluß, daß das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere auch die niederschriftliche Einvernahme, keine Anhaltspunkte dafür ergeben habe, daß der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 1991 sei. Einerseits seien die angeführten Ereignisse nicht geeignet, als Fluchtgründe im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 gewertet zu werden, andererseits müsse dem Vorbringen bezüglich der politischen Tätigkeit des Beschwerdeführers nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis überhaupt die Glaubwürdigkeit versagt werden.

Wenn auch die belangte Behörde gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 auf das Berufungsvorbringen nicht hätte eingehen dürfen - daß ein Fall des § 20 Abs. 2 des zitierten Gesetzes vorliegt, wurde in der Beschwerde nicht behauptet und ist dem Verwaltungsgerichtshof aufgrund der Akten auch nicht ersichtlich - kommt diesem Verfahrensfehler deshalb keine Bedeutung zu, weil im Lichte des im erstinstanzlichen Verfahrens erstatteten Vorbringens des Beschwerdeführers nicht angenommen werden kann, daß die Behörde bei Vermeidung des angeführten Verfahrensfehlers zu einem anderen Bescheid hätte kommen können:

Der Beschwerdeführer hat nämlich anläßlich seiner Vernehmung am 21. November 1991 ausgeführt, daß er in der Zeit von Mai bis August 1978 (richtig 1987) wegen der von ihm näher geschilderten Vorkommnisse im Rahmen seines Militärdienstes im Militärgefängnis von Mashad in Haft gewesen sei; dort sei er mehrmals mit Stöcken und "dergleichen" geschlagen worden. Diese Vorfälle stehen jedoch schon zeitlich gesehen in keinem ausreichenden Naheverhältnis zur Ausreise des Beschwerdeführers im März 1991, um sie als Fluchtgründe im Sinne der Konvention anerkennen zu können (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1991, Zl. 91/01/0156).

Ungeachtet der Frage, ob die Aufforderung, sich täglich bei der Polizei zu melden, aus asylrechtlich relevanten Gründen erfolgt ist, kann nicht davon ausgegangen werden, daß diese Maßnahme eine solche Intensität erreicht hat, daß ein weiterer Verbleib des Beschwerdeführers in seinem Heimatland aus objektiver Sicht unerträglich geworden ist (vgl. das Erkenntis vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0487, und vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/0605). Dies gilt auch für den Umstand, daß der Beschwerdeführer deshalb die Universität nicht mehr besuchen konnte (vgl. das Erkenntnis vom 8. November 1989, Zl. 89/01/0348).

Insofern der Beschwerdeführer meint, die Behörde hätte ihn im Hinblick auf ihre Argumentation zu seiner politischen Tätigkeit in der angeführten Gruppierung näher befragen müssen, genügt es auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, daß die bloße Zugehörigkeit zu einer politischen Gruppierung allein ohne Hinzutreten weiterer, allenfalls asylrechtlich relevanter Umstände, ebensowenig wie die zu einer kleinen Gruppe oder Minderheit ausreicht, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu rechtfertigen (vgl. das Erkenntnis vom 8. Dezember 1991, Zl. 91/01/0146, und vom 30. Mai 1990, Zl. 90/01/0086).

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190040.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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