TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/17 92/11/0261

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Veröffentlicht am 17.02.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
44 Zivildienst;

Norm

AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ZDG 1986 §15 Abs2 Z2;
ZDG 1986 §23b;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. M in S, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. September 1992, Zl. 153387/18-IV/10/92, betreffend Einrechenbarkeit von Zeiten in den ordentlichen Zivildienst, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. September 1992 wurde gemäß § 15 Abs. 3 des Zivildienstgesetzes (ZDG) festgestellt, daß die Zeit vom 4. Juni bis 6. Juni 1992 sowie der 11. Juni 1992, somit 4 Tage, in die mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. April 1992 verfügte Zeit der Leistung des ordentlichen Zivildienstes vom 1. Juni 1992 bis 31. Jänner 1993 nicht einzurechnen sind. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesministers für Inneres mit Wirkung vom 1. Juni 1992 bis 31. Jänner 1993 dem Österreichischen Roten Kreuz, Landesverband Salzburg, zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen worden sei, wo er Hilfsdienste im Rettungs- und Krankentransport sowie Katastrophenhilfsdienst zu leisten hatte. Er sei jedoch in der Zeit vom 4. Juni bis 12. Juni 1992 dem Dienst "unter der Behauptung von Krankheit" ferngeblieben und habe für diese Dienstabwesenheit eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbestätigung, ausgestellt am 9. Juni 1992, vorgelegt. Die Ermittlungen der belangten Behörde hätten ergeben, daß die erste klinische Untersuchung des Beschwerdeführers am 9. Juni 1992 erfolgt sei und er den Arzt am 4. Juni 1992 lediglich telefonisch von der behaupteten Krankheit informiert habe. Laut Mitteilung des Bezirksgerichtes Salzburg sei der Beschwerdeführer am 11. Juni 1992 in Ausübung seines Berufes als Vertreter einer Partei in einer Rechtssache eingeschritten. Die belangte Behörde führte im angefochtenen Bescheid sodann unter anderem aus:

"Da Sie vom 4.6. bis 12.6.1992 Krankheit als Ursache der zwingenden Dienstverhinderung behauptet, für diese Dienstabwesenheit den Arzt jedoch erstmals am 9.6.1992 konsultiert hatten und dieser somit erst am 9.6.1992 eine Aussage über Ihre Dienstfähigkeit treffen konnte, ist Ihr Fernbleiben vom Dienst vom 4.6. bis 6.6.1992 als ungerechtfertigt anzusehen, da eine bloße telefonische Mitteilung nicht als taugliches Mittel zur Feststellung der Dienstunfähigkeit angesehen werden kann.

Da Sie am 11.6.1992 zwingende Arbeitsunfähigkeit behauptet hatten, am 11.6.1992 jedoch beim Bezirkgsgericht Salzburg in Ausübung Ihres Berufes als Vertreter einer Partei in einer Rechtssache eingeschritten sind, ist Ihre Behauptung von zwingender Arbeitsunfähigkeit für den 11.6.1992 unglaubwürdig und Ihr Fernbleiben vom Dienst für diesen Tag ungerechtfertigt."

Gestützt auf § 15 Abs. 2 Z. 2 ZDG stellte die belangte Behörde sohin die genannten 4 Tage als in die Zeit des ordentlichen Zivildienstes des Beschwerdeführers nicht einrechenbar fest.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 2 Z. 2 ZDG wird in die Zeit des ordentlichen Zivildienstes die Zeit, während der der Zivildienstpflichtige aus anderen als in Z. 1 genannten Gründen, die er selbst vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat, keinen Zivildienst geleistet hat, nicht eingerechnet. Gemäß § 15 Abs. 3 ZDG hat der Bundesminister für Inneres die nach Abs. 2 nicht einrechenbaren Zeiten festzustellen.

Zutreffend verweist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zunächst darauf, daß in § 23 b ZDG geregelt ist, wie sich der Zivildienstleistende zu verhalten hat, wenn er verhindert ist, Dienst zu versehen. Aus Abs. 2 dieser Bestimmung ist ersichtlich, was er zu tun hat, wenn die Dienstverhinderung durch Krankheit bedingt ist. Daraus allein ist jedoch für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Feststellung von nicht einrechenbaren Zeiten nach § 15 Abs. 2 Z. 2 ZDG nichts zu gewinnen, weil die letztgenannte Bestimmung ausdrücklich darauf abstellt, daß hier nur solche Zeiten nicht einrechenbar sind, während denen der Zivildienstpflichtige aus Gründen, die er SELBST VORSÄTZLICH ODER GROB FAHRLÄSSIG VERSCHULDET HAT, keinen Zivildienst geleistet hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1994, Zl. 92/11/0254).

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, daß die belangte Behörde offensichtlich davon ausgeht, daß der Beschwerdeführer die von ihm behauptete Krankheit für die Zeit vom 4. Juni bis 6. Juni 1992 und den 11. Juni 1992 nicht entsprechend nachgewiesen habe und somit das Fernbleiben vom Dienst ungerechtfertigt gewesen sei. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde nicht dargelegt hat, wieso sie zu dem Ergebnis gelangte, daß der Arzt, den der Beschwerdeführer erst am 9. Juni 1992 aufgesucht hatte, "somit" erst ab diesem Tag eine Aussage über die Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers treffen konnte, womit sie dem Arzt implizit die Fähigkeit abspricht, eine Dienstunfähigkeit auch für einen Zeitraum vor der Erstkonsultation zu bescheinigen, und der angefochtene Bescheid in diesem Punkte nicht nachvollziehbar ist, ergeben sich auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, das Fernbleiben des Beschwerdeführers an den genannten 4 Tagen beruhe auf Gründen, die der Beschwerdeführer durch sich unmittelbar auf die Leistung des Zivildienstes beziehenden Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit (vgl. hiezu die erläuternden Bemerkungen zu § 15 ZDG, RV 603 Blg. NR XIII. GP, 25) verschuldet hätte. Die belangte Behörde hat auch nicht näher dargelegt, auf Grund welcher konkreter Erwägungen sie zu dem Ergebnis gelangte, daß das Erscheinen des Beschwerdeführers als Parteienvertreter vor dem Bezirksgericht Salzburg am 11. Juni 1992 Rückschlüsse auf seine Dienstfähigkeit zur Ableistung seines Zivildienstes an diesem Tag zuläßt. Aus der Mitteilung des Bezirksgerichtes Salzburg vom 13. Juli 1992 ergibt sich, daß der Beschwerdeführer an diesem Tag in der Zeit von 14 Uhr bis 14 Uhr 10 in einer Rechtssache eingeschritten ist. Dies läßt - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - noch nicht ohne weiteres den Schluß zu, der Beschwerdeführer hätte an diesem Tag in der gebotenen Weise auch seine Zivildienstverpflichtung erfüllen können, und ist - ohne das Hinzutreten näherer Umstände, die von der belangten Behörde aber nicht festgestellt wurden - auch nicht zur Widerlegung der Bescheinigung des Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde vom 9. Juni 1992, der Beschwerdeführer sei bis einschließlich 12. Juni 1992 dienstunfähig, geeignet. Die belangte Behörde hätte durch geeignete Erhebungen, allenfalls auch durch Vernehmung des Arztes, aufklären und konkrete Feststellungen darüber treffen müssen, ob der Beschwerdeführer in der Lage war, in der fraglichen Zeit seine Zivildienstpflicht zu erfüllen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft zu Unrecht verzeichnete Stempelgebühren, weil die Vorlage der Beschwerde nur in zweifacher Ausfertigung und des Bescheides in einfacher Ausfertigung erforderlich war.

Schlagworte

freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992110261.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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