TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/17 93/06/0235

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Veröffentlicht am 17.02.1994
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;

Norm

BauO Tir 1989 §25 litd;
BauO Tir 1989 §25 lite;
BauO Tir 1989 §56 Abs7;
BauRallg;
Bauvorschriften Tir 1981 §12 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der Z in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 1. Oktober 1993, Zl. Ve1-550-2087/1-1, betreffend Abbruchauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde L, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 1. Juni 1993 wurde der Beschwerdeführerin zu Spruchpunkt a) die sofortige Beseitigung der ohne Baubewilligung aufgestellten Abgrenzung auf dem Flachdach des Zubaues bis zum 5. Juni 1993 aufgetragen, zu Spruchpunkt b) wurde die weitere Benützung des Flachdaches als Terrasse ab Bescheidzustellung untersagt und die Beseitigung der dort aufgestellten Gegenstände (Tische, Stühle u.dgl.) verfügt. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. Juni 1993 mit der Maßgabe abgewiesen, daß die derzeit auf dem Dach aufgestellten massiven Blumentröge (Höhe ca. 1 m, Länge ingesamt ca. 50 m, Breite ca. 0,40 m) längstens bis 3. Juli 1993 zu entfernen seien. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 1. Oktober 1993 abgewiesen. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, auf dem Flachdach des betreffenden Gebäudes sei eine Abgrenzung bzw. Umrandung in Form von Holztrögen im Ausmaß von ca. 1 m Höhe, insgesamt 50 m Länge und einer Breite von 40 cm errichtet worden. Mit Baubewilligungsbescheid vom 30. Juli 1991 sei eine Baubewilligung für die genannten Maßnahmen nicht erteilt worden. In den diesem Bescheid zugrundeliegenden Plänen sei die Terrasse mit Attika, Pergola und Brüstung dargestellt, und auch in der ursprünglichen Baubeschreibung genannt. Im Baubescheid vom 30. Juli 1991 sei diese Terrasse jedoch aufgrund des Ergebnisses der Bauverhandlung vom 8. Juli 1991 nicht mehr angeführt, zusätzlich sei festgestellt worden, daß das Gebäude mit Einbeziehung der Brüstung laut Einreichplan die zulässige Höhe laut Aufbauplan überschreite, es dürfe daher die Brüstung nicht zur Ausführung kommen, womit die geplante begehbare Terrasse hinfällig sei. Auch in den Plänen seien bei der Bauverhandlung entsprechende Korrekturen vorgenommen worden. Eine Bewilligung für die vorgenannten Baumaßnahmen liege daher nicht vor. Die Blumentröge seien als bauliche Anlage zu betrachten, weil diese Abgrenzung bei fachgerechter Ausführung sturm- und kippsicher sein müsse. Die Verwendung eines Flachdaches als Terrasse habe Einfluß auf die Zulässigkeit eines Gebäudes insofern, als hier entsprechende Sicherungsmaßnahmen insbesondere gegen Absturz von Personen getroffen werden müßten. Es sei daher bei dem als Terrasse genützten Flachdach sehr wohl von einer Änderung des Verwendungszweckes im Sinne des § 25 lit. d TBO und damit von einer diesbezüglichen Bewilligungspflicht auszugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Gemeinde hat eine Gegenschrift eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Auftrag der Gemeindebehörden, die sofortige Beseitigung der ohne Baubewilligung aufgestellten Abgrenzung auf dem Flachdach vorzunehmen und die weitere Benützung des Flachdaches als Terrasse zu unterlassen, war auf § 40 Abs. 3 in Verbindung mit § 40 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung LGBl. Nr. 33/1989 (TBO), gestützt. Diese Bestimmungen sind, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, nur während der Bauphase anzuwenden, während für fertige Bauvorhaben - unbestritten handelt es sich im Beschwerdefall um ein fertiggestelltes Bauvorhaben - die Bestimmung des § 44 TBO heranzuziehen ist. Gemäß § 44 Abs. 3 lit. a TBO hat die Behörde den Abbruch einer baulichen Anlage innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen, wenn für die bauliche Anlage, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung und der Erlassung des Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist, eine Baubewilligung nicht vorliegt.

Grundsätzlich ist festzustellen, daß die Aufstellung von ca. 50 m langen, 1 m hohen und 40 cm breiten Holzblumentrögen, die als Absicherung einer Terrasse, die in einer Höhe von etwa 7,50 m über dem anschließenden Terrain liegt, dienen, der Bewilligungspflicht gemäß § 25 lit. e TBO unterliegt. Diese Blumentröge sind, auch wenn sie grundsätzlich "transportabel" sind, schon wegen ihres Gewichtes kraftschlüssig mit dem Boden verbunden, zu ihrer fachgerechten Aufstellung bedarf es schon deshalb bautechnischer Kenntnisse, weil sie sturm- und kippsicher aufgestellt sein müssen, und für Personen, die sich allenfalls anlehnen, eine ausreichende Sicherheit gewährleisten müssen. Die Bewilligungspflicht dieser Abgrenzung ist daher gegeben.

Gemäß § 43 Abs. 3 TBO hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage oder, wenn er sie nicht selbst benützt, dem Benützer die weitere Benützung der baulichen Anlage zu untersagen, wenn eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Benützungsbewilligung benützt wird oder eine bauliche Anlage zu einem anderen als dem bewilligten Verwendungszweck benützt wird, ohne daß die Bewilligung nach § 25 lit. d bzw. des § 56 Abs. 7 vorliegt.

Aus der rechtskräftigen Baubewilligung vom 30. Juli 1991 und den einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Plänen geht hervor, daß das ursprünglich als Terrasse geplante Flachdach mit einer vorgesehenen gemauerten Brüstung und einer Pergola ohne diese Brüstung und Pergola bewilligt wurde. Der Baubewilligungsbescheid enthält u.a. die Vorschreibung:

"Da das Gebäude mit Einbeziehung der Brüstung lt. Einreichplan die zulässige Höhe laut Aufbauplan überschreitet, darf dieselbe nicht zur Ausführung kommen, womit die geplante begehbare Terrasse hinfällig ist."

Aufgrund dieser Formulierung im Zusammenhang mit der Korrektur auf dem Einreichplan (Streichen der Mauerbrüstung und der Pergola) kann kein Zweifel daran bestehen, daß keine begehbare Terrasse bewilligt wurde, sondern lediglich ein Flachdach, dem kein anderer Zweck zukommt als der Abschluß und Schutz der darunterliegenden Räumlichkeiten. Die Auslegung der Beschwerdeführerin, durch Belassen der auf das Flachdach führenden Türe in den Plänen sei dieses Flachdach nach wie vor als begehbare Terrasse genehmigt, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen. Das Vorhandensein einer konsensgemäßen Türe ersetzt nicht die baubehördliche Bewilligung für das Benützen des dahinterliegenden Flachdaches, zumal die Türe verschlossen werden kann. Außerdem soll auch ein Flachdach gegebenenfalls (etwa zur Schneeräumung) erreichbar sein. Selbst bei der Auslegung unklarer Formulierungen könnte der Behörde nicht unterstellt werden, daß sie eine gesetzwidrige Bewilligung erteilen wollte. Die Bewilligung einer begehbaren Terrasse in einer Höhe von mehr als 7 m über dem anschließenden Gebäude ohne die erforderlichen standsicheren Geländer oder Brüstungen würde der Anordnung des § 12 Abs. 1 der Technischen Bauvorschriften, LGBl. Nr. 20/1981 idgF LGBl. Nr. 48/1991 (TBV) widersprechen. Die dem Untersagungsauftrag zugrundeliegende Baubewilligung vom 30. Juli 1991 ist aber nicht einmal unklar. Verwirrung stiftete augenscheinlich erst ein Schreiben des Architekten D.J.F. Falch an den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. August 1992, wonach "grundsätzlich eine Nutzung dieser Bereiche als Terrasse im Rahmen der TBO/TBV aus ortsplanerischer Sicht möglich und zulässig sei." Dieser Äußerung kommt aber im Zusammenhang mit der Auslegung des Bescheides vom 30. Juli 1991 keine Bedeutung zu, sie ist lediglich die unverbindliche Rechtsansicht des D.J.F. Falch.

Unbestritten wurde für das gesamte, mit Bescheid vom 30. Juli 1991 bewilligte Bauvorhaben noch keine Benützungsbewilligung erteilt. Schon aus diesem Grund kann die Beschwerdeführerin durch einen (sinngemäß) auf § 43 Abs. 3 TBO gestützten Untersagungsauftrag in keinen Rechten verletzt sein. Wenn die Beschwerdeführerin überdies meint, eine Untersagung der Verwendung der baulichen Anlage zu einem anderen als dem bewilligten Verwendungszweck sei schon deshalb nicht zulässig, weil der tatsächliche Verwendungszweck (begehbare Terrasse) nicht einer Bewilligung gemäß § 25 lit. d bzw. § 56 Abs. 7 TBO bedürfe, so verkennt sie damit, daß die vorliegende Änderung des Verwendungszweckes schon deshalb auf die Zulässigkeit dieses Gebäudeteiles von Einfluß sein kann, weil die Benützung einer Terrasse, die 7,50 m über dem anschließenden Gelände liegt, ohne die erforderlichen standsicheren Geländer oder Brüstungen im Sinne des § 12 Abs. 1 TBV unzulässig ist und jedenfalls eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen mit sich bringt. Die belangte Behörde durfte daher zutreffend davon ausgehen, daß die Beschwerdeführerin auch durch die Untersagung der Benützung des Flachdaches als begehbare Terrasse nicht in ihren Rechten verletzt ist.

Nach dem ausgeführten Beschwerdepunkt erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den bekämpften Bescheid in ihren Rechten verletzt, weil sie die ursprünglich vorgesehene Ausführung der Brüstung samt Pergola tatsächlich nicht durchgeführt habe und die Ansicht rechtswidrig sei, daß die von der Beschwerdeführerin erstellte Absicherung einer Bewilligung im Sinne des § 25 lit. e TBO bedürfe.

Dadurch, daß die Gemeindebehörden die Aufträge auf § 40 Abs. 2 und 3 anstatt auf § 43 Abs. 3 und § 44 Abs. 3 lit. a TBO gestützt haben und die belangte Behörde diesen Mangel nicht aufgegriffen hat, ist aber die Beschwerdeführerin im Rahmen des geltend gemachten Beschwerdepunktes durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt worden. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993060235.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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