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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N in R, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. November 1993, Zl. 4.294.401/2-III/13/90, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. November 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines vietnamesischen Staatsangehörigen, der am 2. März 1990 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 21. Juni 1990, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Nach den Ausführungen der belangten Behörde, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich am 10. April 1990 im wesentlichen angegeben, er sei in Vietnam nicht Mitglied der kommunistischen Partei, jedoch während seiner Schulzeit Mitglied der Jugendorganisation gewesen. Seine Familie habe "Schwierigkeiten" und immer wieder Benachteiligungen erfahren, weil sie keine Kommunisten seien. Innerlich habe er mit "dem System in Vietnam Schluß gemacht" als er noch dort gelebt habe. Er habe eine Arbeit in einem "staatlichen Schuhwerk" angenommen, weil damit die Möglichkeit gegeben gewesen wäre, nach drei Jahren ununterbrochener Beschäftigung ins Ausland bzw. als Gastarbeiter nach Europa in "kommunistische Bruderländer" zu gehen. So sei er im Jahre 1988 als Gastarbeiter in die "CSFR" gegangen. Nach Ablauf seines Arbeitsvertrages mit 4. April 1990 hätte er nach Vietnam zurückkehren sollen, habe sich aber zuvor entschlossen, nach Österreich zu emigrieren.
In seiner, gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer sein Vorbringen dahingehend ergänzt, daß seine Großeltern reiche Landbesitzer in Nordvietnam gewesen seien, die im Jahre 1954 nach Südvietnam gezogen seien, um dort in Freiheit leben zu können. Sein Vater sei Leutnant in der Armee der südvietnamesischen Republik gewesen, seine Tante sei von Saigon in die USA geflohen. Deshalb hätten er und seine Familie Probleme mit dem kommunistischen Regime gehabt. Seine Familie habe mehrmals, aber erfolglos zu fliehen versucht, seine Brüder seien mehrere Monate im Gefängnis gewesen. Als der Beschwerdeführer zur Armee einberufen worden sei, habe er sich zwar geweigert, den Wehrdienst abzuleisten, er sei allerdings dazu gezwungen worden. Erst nach drei Monaten habe ihn sein Vater durch Bestechung freikaufen können. Auch seine Arbeit in der "CSFR" habe er nur durch Bestechung erhalten. Er habe dreimal erfolglos versucht, aus der "CSFR" nach Österreich zu fliehen. Erst am 1. Mai 1990 sei ihm dies schließlich gelungen. Aus all diesen Gründen könne er nicht nach Vietnam zurückkehren. Er habe Angst, von seiten des dort herrschenden Regimes verfolgt zu werden.
Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung im wesentlichen damit begründet, daß es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, ihn persönlich betreffende, konkrete Verfolgung glaubhaft zu machen. Die im Heimatland des Beschwerdeführers allgemein herrschenden politischen Verhältnisse könnten nicht als "Verfolgung im Sinne der Genfer Konvention" gewertet werden.
Dem hält der Beschwerdeführer im wesentlichen entgegen, die belangte Behörde habe es unterlassen, den relevanten Sachverhalt aufzuklären. Vor allem wäre es ihre Aufgabe gewesen, zusätzliche Informationen über die tatsächliche Situation und die Zustände in Vietnam einzuholen, insbesondere hinsichtlich der Frage, inwieweit Personen, die sich, wenn auch vor Jahrzehnten für die Freiheit und gegen das herrschende Regime entschieden hätten, politischer Verfolgung ausgesetzt seien.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des - von der belangten Behörde im vorliegenden Fall anzuwendenden - § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 ist die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Bloß subjektiv empfundene Furcht vor Verfolgung genügt nicht; vielmehr müssen (allenfalls drohende) Maßnahmen dargetan werden, die sowohl aus objektiver Sicht, als auch unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes einen Aufenthalt im Heimatland unerträglich erscheinen lassen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1993, Zl. 92/01/0605). Eine allfällige politische Überzeugung des Asylwerbers, die von der durch die Regierung vertretenen abweicht, ist daher für sich noch kein Grund für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Jänner 1991, Zl. 90/01/0182). Auch aus den allgemeinen politischen Verhältnissen alleine kann - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur erkennt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0778) -, Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nicht abgeleitet werden. Vielmehr müssen konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete, bzw. ihm drohende Maßnahmen in der beschriebenen Intensität dargetan werden.
Da weder dem Berufungs- noch dem Beschwerdevorbringen entnommen werden kann, daß eine offenkundige Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens vorliege (die übrigen Gründe des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 kommen im vorliegenden Fall von vorneherein nicht in Betracht), hatte die belangte Behörde gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ihrer Entscheidung das erstinstanzliche Vorbringen des Beschwerdeführers zugrunde zu legen. Diesem - allerdings auch dem Berufungsvorbringen - lassen sich jedoch konkrete, gegen den Beschwerdeführer selbst gerichtete Maßnahmen, aus denen die im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 geforderte Furcht abgeleitet werden könnte, nicht entnehmen.
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang rügt, die Behörde habe es unterlassen, den für die Erledigung maßgebenden Sachverhalt vollständig zu ermitteln, ist ihm entgegenzuhalten, daß im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muß und es daher ihm obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen. Nur dann, wenn das Vorbringen eines Asylwerbers einen hinreichenden deutlichen Hinweis auf einen Sachverhalt enthält, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 in Betracht kommt, hat die Behörde gemäß § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 allenfalls vorhandene Zweifel über den Inhalt und die Bedeutung des Vorbringens des Asylwerbers durch entsprechende Erhebungen, insbesondere ergänzende Befragungen zu beseitigen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. November 1992,
Zlen. 92/01/0800-0803). Da solche Hinweise im Vorbringen des Beschwerdeführers nicht enthalten waren, war die Behörde entgegen der in der Beschwerde dargelegten Auffassung auch nicht verpflichtet, weitere Erhebungen über die politische Situation in Vietnam einzuholen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf diese Entscheidung erübrigt sich auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994190250.X00Im RIS seit
20.11.2000