TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/17 94/19/0936

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Veröffentlicht am 17.02.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §3;
AsylG 1991 §8 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Stöberl und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Juni 1992, Zl. 4.306.098/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid vom 25. Juni 1992 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 1. Februar 1991 ab und sprach aus, daß Österreich dem Beschwerdeführer kein Asyl gewähre. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 16. Dezember 1992, Zl. B 1029/92-11 die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Vietnams, der am 13. November 1990 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat anläßlich seiner Erstbefragung am 23. November 1990 bei der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich angegeben, er habe seit November 1987 als Gastarbeiter in der CSFR gearbeitet. Nun habe er von dort flüchten müssen, weil das Leben für Vietnamesen in der CSFR nicht mehr sicher gewesen sei. So seien Vietnamesen von tschechischen Jugendlichen attackiert und am Arbeitsplatz benachteiligt worden. Auch er sei vor seiner Flucht von jugendlichen Tschechen auf der Straße niedergeschlagen worden; die von ihm verständigte Polizei sei jedoch nicht gekommen und habe nichts gegen die Tschechen unternommen. Im Mai 1991 laufe die Arbeitsbewilligung des Beschwerdeführers in der Tschechoslowakei aus und er müsse nach Vietnam zurückkehren. Dort aber habe er familiäre Probleme und finde auch das dort herrschende kommunistische System nicht gut. Er wolle daher nicht nach Vietnam zurückkehren, sondern nach Kanada auswandern.

In seiner gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, daß es sein Wunsch sei, in Österreich zu leben, da er in Vietnam aufgrund des kommunistischen Systems ein "schweres und schlimmes Leben" habe. Sollte er in sein Heimatland zurückkehren, würde er sicher angeklagt werden und müsse ins Gefängnis.

Die Versagung von Asyl begründete die belangte Behörde zunächst damit, daß weder Übergriffe seitens der Bevölkerung des Gastlandes, noch familiäre Probleme im Heimatland sowie die innere Ablehnung des dort herrschenden politischen Systems als Fluchtgründe im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 (gleichlautend Art 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention) anerkannt werden könnten. Dem kann mit Erfolg nicht entgegengetreten werden, denn schon nach dem Wortlaut der Konvention muß sich die begründete Furcht vor Verfolgung auf jenes Land beziehen, dessen Staatsangehörigkeit der Asylwerber besitzt. Die Furcht vor Verfolgung in einem Land, das nicht das Heimatland ist, kann nämlich dadurch abgewendet werden, daß man den Schutz des Heimatlandes in Anspruch nimmt (vgl. hg. Erkenntnisse vom 8. November 1989, 89/01/0338, und vom 2. März 1988, 87/01/0284).

Die Darlegungen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren sind nicht geeignet darzutun, daß er in seinem Heimatland (Vietnam) keinen solchen Schutz hätte finden können. Familiäre Probleme stellen schon begrifflich keine STAATLICHEN Verfolgungshandlungen dar. Auch die innere Abneigung eines Asylwerbers gegenüber dem in seinem Heimatland herrschenden System reicht nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht für die Annahme des Vorliegens wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus (vgl. Erkenntnis vom 10. März 1993, 92/01/1076, 1077).

Der Beschwerdeführer macht auch geltend, daß er spätestens mit der Asylantragstellung in Österreich die Republikfluchttatbestände des Art. 85 und 89 des vietnamesischen Strafgesetzbuches verwirklicht habe und daher in seinem Heimatland wegen eines "absolut politischen Deliktes" Verfolgung zu befürchten habe. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch schon wiederholt ausgesprochen, daß in der Befürchtung wegen Übertretung den Aufenthalt vietnamesischer Staatsangehöriger im Ausland regelnder Vorschriften bestraft zu werden, kein Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention erblickt werden kann (vgl. z.B. Erkenntnisse vom 9. September 1992, 92/01/1014, und vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0345). Selbst wenn - wie der Beschwerdeführer meint - "die systematische Unterdrückung und Verletzung von fundamentalen Menschenrechten" in Vietnam für die belangte Behörde "notorisch" hätte sein müssen, würde dies demnach für seine Anerkennung als Flüchtling nicht genügen.

Der Beschwerdeführer vertritt weiters die Auffassung, der angefochtene Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil es die belangte Behörde unterlassen habe, ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1991 den befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet zu bewilligen. Gemäß dieser Gesetzesstelle KANN die Asylbehörde aus Anlaß der Erlassung eines Bescheides, mit dem ein Asylantrag abgewiesen wird, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen einem Fremden von Amts wegen den befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet bewilligen, wenn die Abschiebung rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist oder ihm wegen der Situation in seinem Heimatland aus wichtigen Gründen nicht zugemutet werden kann. Daraus folgt, daß ein Abspruch über die Erteilung einer auf diese Bestimmung gestützten Bewilligung zum Aufenthalt im Bundesgebiet nicht Bestandteil eines einen Asylantrag abweisenden Bescheides sein MUß. Auch ist die Frage, ob eine derartige Bewilligung erteilt werden kann, völlig losgelöst von der Frage, ob einem Asylwerber gemäß § 3 AsylG 1991 Asyl zu gewähren ist. Das Fehlen eines solchen Abspruches im angefochtenen Bescheid belastete diesen daher nicht mit Rechtswidrigkeit und stellt somit auch keinen Eingriff in die Rechte des Beschwerdeführers dar (vgl. Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zl. 93/01/0545).

Soweit der Beschwerdeführer schließlich geltend macht, die Behörde hätte es unterlassen, Ermittlungen über die Folgen von Republikflucht in Vietnam anzustellen, und darin einen Verfahrensmangel erblickt, so ist dem entgegenzuhalten, daß diesbezügliche Ermittlungen schon allein mangels Eignung der Republikflucht als Fluchtgrund entbehrlich waren.

Der Versuch des Beschwerdeführers eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens wegen Verstoßes gegen § 10 Abs. 2 AsylG 1991, wonach im Asylverfahren besonders qualifizierte und informierte Bedienstete heranzuziehen sind, darzutun, vermag eine relevante Verfahrensverletzung, die zur Erlassung eines anderen Bescheides hätte führen können, nicht aufzuzeigen.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190936.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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